Süßen rückt weiter an die neue B 10 heran. Die Trabantenstadt Rabenwiesen wird um 2,5 Hektar vergrößert. Foto: /Staufenpress

Süßen muss Grundstücke im Gebiet Rabenwiesen verkaufen, um den Aus- und Umbau des Bizet-Schulcampus’ finanzieren zu können. Das gibt die Kommunalaufsicht vor, damit die Schulden nicht aus dem Ruder laufen.

Süßen - Grundsätzlich wird sie hochgehalten, die kommunale Selbstbestimmung. Aber beim Geld hört auch hier der Spaß auf: Die im Göppinger Landratsamt angesiedelte Kommunalaufsicht prüft die Haushalte der Gemeinden, damit die sich nicht übernehmen und die Schulden aus dem Ruder laufen. Das hat die Aufsicht auch mit dem Haushaltsentwurf 2022 der Stadt Süßen gemacht. Und der Stadt quasi die Pistole auf die Brust gesetzt: Statt „Geld oder Leben“ heißt es „Grundstücke verkaufen oder kein Schulcampus-Neubau“.

 

Eine klare Ansage, die den Handlungsspielraum der Stadt stark einschränkt – und die Erschließung des dritten Bauabschnitts des Neubaugebietes „Rabenwiesen V“ ganz schnell auf die Tagesordnung des Gemeinderats brachte. Deren wichtigster Punkt war der Haushaltsbeschluss für 2022, und der machte nach der Ansage aus dem Landratsamt nur Sinn, wenn die Räte quasi gleichzeitig die weitere Erschließung der Rabenwiesen beschließen. Denn: 6,5 Millionen Euro für die Stadtkasse sollten es aus den Grundstücksverkäufen im Süden der Stadt schon sein, gaben die Aufseher vor.

Mehrheit für schnelle Erschließung

Bei den anvisierten 42 Bauplätzen auf dem 2,5 Hektar großen Gebiet zwischen Nikolaus-Groß-Weg und B 10 sollte das möglich sein, die genauen Quadratmeter-Verkaufspreise hat der Rat aber noch nicht festgelegt. „Hände hoch“ hieß es angesichts des Pistolenlaufs auf der Brust aber schon, die Erschließung des 3. Abschnitts von Rabenwiesen V fand eine Mehrheit im Rat und wurde, wie zuvor der Haushalt, beschlossen. Die Begeisterung der Räte hielt sich angesichts des Zwangs in Grenzen, Bürgermeister Marc Kersting machte aber klar, dass es keinen anderen Weg gebe, wenn man den Schulumbau, der ja schon beschlossene Sache ist, wirklich wolle. Eberhard Hermann (SPD) fühlte sich von den Vorgaben „unter Druck gesetzt“ und gab zu, dass er sich „schwer tue“ mit der Entscheidung. Letztlich stimmte er mit zwei weiteren Räten gegen die schnelle Erschließung von Rabenwiesen V.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Anton Saile ist ein Chef mit Ausdauer

Und auch bei der CDU gab es Zweifel. Fraktionschef Simon Weißenfels hatte sich die Entwicklung des Bereichs Rabenwiesen von oben angeschaut. Beim Vergleich von Luftbildern Süßens von heute und von vor 30 Jahren sehe man, dass sich Süßen vor allem in einem Bereich nach außen entwickelt und eben nicht nachverdichtet habe, nämlich im Bereich der Rabenwiesen. „Und heute machen wir damit fröhlich weiter und beschließen wahrscheinlich die Erschließung der letzten 2,5 Hektar des Tafelsilbers, auch zur zwingenden Gegenfinanzierung unseres Jahrtausendprojektes.“ Die CDU-Fraktion habe die Rabenwiesen immer unterstützt und werde dies auch weiterhin tun, aber die CDU sehe auch, „dass sich da mittlerweile beinahe ein kleiner Teilort fast 2,5 Kilometer vom Stadtkern entfernt bildet“.

In zehn Jahren knapp 7,5 Hektar überbaut

Mit dem neuen Bauabschnitt seien innerhalb der vergangenen zehn Jahre knapp 7,5 Hektar Außenfläche überbaut worden, das IKG Auen dagegen sei 6,5 Hektar groß. Von „Scheinheiligkeit“ und „Doppelmoral“ sprach Weißenfels mit Blick auf die aus seiner Sicht unterschiedlichen Bewertungen von Außenbebauung durch Teile des Gemeinderates. Eine Forderung nach einem Runden Tisch wie für das geplante Gewerbegebiet Auen habe es für die jetzt zu entscheidende Wohnbebauung nicht gegeben. Und, an die Grünen-Fraktion gerichtet, stellte er die Frage, ob es „ab morgen“ eine Unterschriftenaktion gegen den dritten Bauabschnitt von Rabenwiesen V geben werde.

Gibt es wohl nicht. Auch Grünen-Fraktionschef Armin Kuhn schmeckte die Forderung der Kommunalaufsicht nicht. Er hat „das Gefühl“, dass kommunale Behörden die betriebswirtschaftliche Sichtweise des neuen Haushaltsrechts nicht wirklich verstanden hätten. „Ich als Unternehmer würde Vermögen, dessen Wertzuwachs höher ist als die derzeitigen Zinsen, nicht ohne Not verkaufen“, sagte Kuhn. Sein Fraktionskollege Hans Zeeb konnte „nicht zustimmen“ und war von der schnellen Erschließung, der die Rabenwiesen bis kurz vor die neue B 10 bringt, nicht überzeugt. Eine Mehrheit für die Erschließung gab es im Rat trotzdem, 2023 soll in die Umsetzung eingestiegen werden.

Volumen von 26 Millionen Euro

Gesamtvolumen
 Bürgermeister Marc Kersting und Kämmerin Silke Schömbucher hatten den Haushalt 2022 Anfang November eingebracht. Sein Gesamtvolumen liegt bei 26 Millionen Euro und damit auf dem Vorjahresniveau.

Haushaltsposten
Im Vergleich zum Entwurf stiegen die Einnahmen im Ergebnishaushalt um gut 700 000 Euro. Großer Ausgabeposten ist wie immer auch 2022 das Personal. 8,8 Millionen Euro werden dafür fällig.