SPD-Chefin Nahles gerät zunehmend unter Druck Foto: dpa

Nach dem katastrophalen Wahlsonntag wächst in der SPD die Kritik an der Groko. Die Partei-Linke um Parteivize Stegner und Juso-Chef Kühnert werben für Bündnisse mit Grünen und Linken – und erhöhen damit den Druck auf die SPD-Vorsitzende Nahles.

Berlin - Die SPD-Linke stellt nach dem desaströsen Abschneiden ihrer Partei bei der Europawahl und der Bürgerschaftswahl in Bremen das Regierungsbündnis mit der Union infrage. „Wir haben mit der Union keinen Abo-Vertrag geschlossen“, heißt es in einem gemeinsamen Papier von SPD-Vize Ralf Stegner, Juso-Chef Kevin Kühnert und dem Chef der Parlamentarischen Linken, Matthias Miersch. „Die Große Koalition hat ein Enddatum: Allerspätestens September 2021, und notfalls eben auch früher.“

Parteichefin Andrea Nahles befürwortet das Bündnis mit der Union. Die aufkommende Unruhe in der SPD erhöht den Druck auf die Vorsitzende, einem Kurswechsel zuzustimmen. Stegner, Kühnert und Miersch kritisieren eine Profillosigkeit der SPD, ohne jedoch Nahles in dem Zusammenhang direkt zu nennen. „Ob an der Nordsee oder im Allgäu, ob in Aachen oder Neuruppin: Überall vermissen die Menschen bei der SPD inhaltliche Klarheit und deutliche Kommunikation, sie vermissen die letzte Konsequenz unserer Forderungen und damit die Bereitschaft, bei den drängendsten Themen selbstbewusst voranzugehen“, heißt es in dem Positionspapier.

„Die Groko muss liefern“

Sie fordern gerade auch mit Blick auf die Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im Herbst, die SPD müsse wieder mehr Haltung zeigen. „Für die Arbeit in der Großen Koalition heißt das: Eine SPD ohne Angst – weder als unterwürfiger Juniorpartner noch als Opposition in der Regierung, sondern als linkes Gegengewicht mit der Perspektive fortschrittlicher Bündnisse nach dem Ende dieser Koalition“, schreiben die drei Parteilinken. „Wir können bei zentralen Themen keine Blockaden durch CDU und CSU mehr dulden. Die Groko muss liefern, wenn diese Koalition Bestand haben soll.“

Als Forderungen nennen sie etwa die Verabschiedung eines konkreten und belastbaren Klimaschutzgesetzes noch vor Ablauf des Jahres. „Auch das seit Jahren von der Union ausgebremste neue Berufsbildungsgesetz muss vor Jahresfrist über die Ziellinie gebracht werden; es soll Azubis bei Bezahlung und Schutzrechten spürbar stärken“, schreiben Stegner, Kühnert und Miersch. „Zudem gilt: Unsere Grundrente und das Einwanderungsgesetz müssen ohne Wenn und Aber durchgesetzt werden. Das sind selbstgesteckte Ziele, an denen wir die Zusammenarbeit konkret messen werden.“

Kritik an Störfeuer

Sie sprechen sich weiterhin dafür aus, künftig auf Regierungsbündnisse mit Grünen und Linken zu setzen. „Wir bekennen uns“, heißt es in dem Positionspapier, „ohne Wenn und Aber zum Ziel, in Zukunft ein progressives Bündnis links der Union anzuführen und dies in Wahlkämpfen auch zu vertreten“. Jetzt müssten Grüne, Linkspartei und die SPD ihre Hausaufgaben machen. „Während die Grünen klären müssen, ob sie wirklich Jamaika-Koalitionen einem sozialen Bündnis vorziehen, muss die Linkspartei entscheiden, ob sie in der Breite wirklich regieren und auch gemeinsame europäische Positionen mittragen will.“

Stegner, Kühnert und Miersch kritisieren zudem innerparteiliches Störfeuer, wie es etwa immer wieder von dem früheren Parteichef und Nahles-Kritiker Sigmar Gabriel abgefeuert wird. Erforderlich sei „die Überwindung vornehmlich innerparteilicher Auseinandersetzungen genauso wie ein neuer Geist der Solidarität“, schreiben die drei Parteilinken ohne Namen zu nennen. „Wir respektieren die Leistungen früherer Verantwortlicher und erwarten umgekehrt von diesen politische Unterstützung für jene, die heute Verantwortung tragen. Diskussionen um Köpfe öden auch uns an.“