Klassenfoto vor hundert Jahren: 1923 eröffnete die Stadt Kornwestheim ihre neue Grundschule. Foto: Silcherschule Kornwestheim/Festschrift 1998

Die Firma Salamander und die Bahn ließen Kornwestheim von 1900 an rasant wachsen – eine neue Schule musste her. Die Silcherschule überstand Brände und Bomben, war Quelle der deutschen Schullandheimbewegung – und feiert jetzt 100. Geburtstag.

Die Froschkönig-Brunnenfigur des Bildhauers Karl Eisele gibt es immer noch. Auch die Betonwerksteine auf dem Boden oder die Trennwände aus Holz und Glas in den hohen Schul-Gängen haben die Zeit überdauert. Der charakteristische Uhrenturm hingegen wurde, wie das ganze Dachgeschoss, bei einem von einem Brandstifter gelegten Feuer zerstört. Das einstige Schülerbad im Untergeschoss, der Kohlenkeller, die mustergültige Schulküche: alles Geschichte. Doch die Silcherschule, 1923 für 45  Millionen Reichsmark erbaut, ist trotzdem eine quicklebendige Hundertjährige. Am Samstag wird das bei einem großen Jubiläumsschulfest gefeiert. Mit Harald Bartruff hat sie im Jubiläumsjahr nun auch wieder einen Schulleiter – seine langjährige Vorgängerin Petra Götz vergangenes Jahr in den Ruhestand gegangen.

Neue Klassen für die wachsende Stadt

Rückblende: In der durch Salamander rasant wachsenden Stadt – 1880 hatte Kornwestheim rund 1900 Einwohner , 1919 waren es knapp 5700, 1932 mehr als 10 000 – musste damals eine neue Grundschule her. Der Riesen-Arbeitgeber Salamander, der neue Landesverschiebebahnhof, auch die Firma Stotz brachten dem einstigen, pietistisch geprägten Bauerndorf enormen Zuzug, darunter viele Katholiken. In dem damals zunächst unter „Schule an der Weimarstraße“ firmierenden Bildungsbau wurden katholische und evangelische Klassen denn auch erst einmal fein säuberlich getrennt. Neben Grundschulklassen zogen auch Hauswirtschaftsklassen ein. Der Nordteil der Schule mit der Turnhalle, in der die Schülerinnen und Schüler heute noch Sport machen, wurde fünf Jahre später eingeweiht. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem die Silcherschule auch als Unterkunft eines Flakgruppen-Stabes und als Lager für Munition herhalten musste – der Schulbetrieb war zeitweise komplett in die Schillerschule ausgelagert – , und nach dem Wiederaufbau beherbergte sie mehr als 900 Schülerinnen und Schüler in 19 Klassen.

Die Umstände waren schwierig: Kinder und Lehrer waren unterernährt, überlastet und oft krank, es fehlte an adäquaten Lehr- und Lernmitteln, und die Bildungsrückstände waren groß. Diese Gemengelage war es auch, die den damaligen Schulleiter Emil Hauf und das Salamander-Vorstandsmitglied Otto Barth zur Initiative veranlassten, zum Besten der kräftemäßig und seelisch labilen Nachkriegs-Kinder einen Schullandheimverein zu gründen. Mit dem Kauf des Vogelhofs bei Ehingen-Erbstetten war der Verein Vorreiter der Schullandheimbewegung: Kornwestheim war damals die erste deutsche Stadt, die sich kurz nach dem Krieg ein eigenes Schullandheim leisten konnte. In der abgeschiedenen Alb-Landschaft sollten die Kinder zu Kräften kommen, Gemeinschaft erleben und Naturerfahrungen sammeln. Generationen fuhren dorthin – bis das Kapitel nach der Jahrtausendwende endete, der Schullandheimverein den Vogelhof verkaufte und sich auflöste.

Auch wenn sie mehrfach umgebaut und saniert wurde, dem Keller eine Mensa verpasst und die Turnhalle generalüberholt wurde: In den Grundzügen ist die Silcherschule die Alte geblieben. Neuerungen wie die Kernzeitbetreuung und die Ganztagsschule in Wahlform wurden eingeführt, Schulleiter kamen und gingen – nach Emil Hauf Max Trumpf, Wolfgang Mönikes, Ursula-Hillinger-Jandl und Petra Götz – , und die „Rupis“wurden zu den Schulwahrzeichen. Die fröhlichen Figürchen, vom ehemaligen Lehrer Hans Detlef Ruprecht erfunden, fanden Eingang ins Schullogo oder auf die charakteristischen roten Schul-T-Shirts.

Schulobst für alle, Hühner auf Zeit

Und heute? Die Silcherschule ist drei-, in der dritten und in der kommenden ersten Klasse sogar vierzügig. 22 Lehrkräfte unterrichten sie. Knapp 60 Prozent der Kinder sind im Ganztag. Es gibt einen Schulgarten, Tanz- und Kunstprojekte und Kooperationen, etwa mit dem Roten Flitzer, der Skizunft, dem SVK oder der Kindersportschule. Es gibt seit kurzem wieder einen Schulchor, alle 14 Tage gibt es eine große Ladung Schulobst für alle. Derzeit bevölkern Hühner die Außenanlagen: „Wir haben sie für vier Wochen vom Schulbauernhof in Korntal-Münchingen geliehen, sie werden abwechselnd von verschiedenen Klassen versorgt“, sagt Konrektor Markus Maier.

Den besonderen Spirit der Schule beschreibt Maier, der oft mit Gitarre in den Unterricht kommt, so: „Es geht bei uns sehr kollegial zu, alle ziehen an einem Strang und kooperieren. Das kommt den Kindern zugute.“ So könne man auch schwierige Zeiten – Stichwort personelle Engpässe, Corona oder Ukraine-Krieg – immer wieder meistern. Am Samstag, 6. Mai, wuppt die Schulgemeinschaft eine andere Herausforderung: Zum Hundertjährigen gibt es in und um die Schule herum ein großes Jubiläumsfest, zu dem mit vielen Gegenwärtigen und Ehemaligen gerechnet wird. Gefeiert wird von 11 bis 16  Uhr – mit Vorführungen, Reden, Hüpfburg, Spielmobil, Essen und mehr.