Es kursieren Gerüchte, wonach die Münzen auf dem Gelände rund um die Ellwanger Eichkapelle (rechts) und die nahe Quelle (links) gefunden worden sein könnten. Bestätigt werden sie nicht. Foto: Torsten Schöll

Erpressung, Geldwert und unterirdische Gänge – nach einem Münzfund in Ellwangen machen wilde Spekulationen die Runde.

Ellwangen - Neben dem alten Schafhof auf einer Anhöhe nördlich des Ellwanger Stadtzentrums liegen im Wald die Reste der Rinderburg – nicht mehr als ein paar Erdwälle im Gestrüpp. Zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert war die Burg aber eine der größten Wehranlagen in der Umgebung Ellwangens. Nicht weit davon, im Jagsttal, steht seit mehr als 500 Jahren die Wallfahrtskapelle Sankt Maria in der Eich neben einer angeblich heilkräftigen Quelle. Burg und Quellort soll einst ein geheimnisvoller unterirdischer Gang verbunden haben. Ein Platz wie gemacht für Legenden. Und ein Ort, der im Zusammenhang mit einem Schatz die Fantasie beflügelt: Vor einem Jahr haben zwei Sondengänger bei Ellwangen 10 000 mittelalterliche Silbermünzen gefunden. Nun geht in der Stadt das Gerücht um, die Münzen aus dem 13. bis 14. Jahrhundert seien in der Umgebung der Eichkapelle gefunden worden.

Andreas Gut, der Leiter des Ellwanger Alamannenmuseums, kennt die Gerüchte. Schätze wirken wie Doping auf die Vorstellungskraft: Eine alte Burg, eine geheimnisvolle Quelle, ein Geheimgang und ein Schatz – irgendwie müsste das doch alles zusammenhängen?

Die Frage nach dem Wert ist noch ungeklärt

Auch der endgültige Handelswert der Münzen sowie eines Bronzerings lädt zu Spekulationen ein. In der Sondengängerszene will man inzwischen wissen, dass der Marktwert des Funds deutlich über die erste Schätzung hinausweist. Der Ellwanger Pressestaatsanwalt Armin Burger hatte bald nach dem Fund von „mehreren Hunderttausend Euro“ gesprochen. Die Staatsanwaltschaft ist mit dem Fund betraut, weil gegen die beiden Hobby-Ausgräber wegen Unterschlagung ermittelt wird. Pro Silbermünze würden bis zu 500 Euro angesetzt.

Das sagt Axel Thiel von Kracht, der Präsident der Deutschen Sondengängerunion, der in der verschworenen Gemeinde der Schatzsucher gut vernetzt ist. Die will erfahren haben, dass die beiden Sondengänger, die die Münzen zunächst für sich behalten hatten, einige Monate nach der Grabung nicht freiwillig auf die Behörden zugegangen sind. Es sei von Erpressung die Rede, sagt von Kracht. Demnach suchten die Finder wohl einen Käufer für die Münzen. „Der drohte dann wohl, die Schatzsucher anzuzeigen – vermutlich, um den Preis zu drücken.“ Der Staatsanwalt will im Moment noch keine Auskunft geben. Sicher ist aber, dass die Stadt und der Gemeinderat – in dem auch der Staatsanwalt sitzt – großes Interesse daran haben, dass der Münzschatz in Ellwangen der Öffentlichkeit präsentiert wird. Der Museumsleiter Gut bestätigt das: „Wir würden den Münzschatz gerne erst in einer Sonderausstellung im Alamannenmuseum zeigen, danach dauerhaft im Schlossmuseum.“ Entsprechend hat es der Oberbürgermeister Karl Hilsenbek (parteilos) in einem Schreiben an Claus Wolf, den Präsidenten des Landesamts für Denkmalpflege in Esslingen, formuliert.

Begehrlichkeiten des Landesdenkmalamts

Der Referent für Mittelalterarchäologie, Jonathan Scheschkewitz, bei dem der Münzschatz auf dem Tisch liegt, lässt unterdessen Fragen zu dem Fund ins Leere laufen. Offenbar will man sich im Landesdenkmalamt für einen Prozess gegen die Finder gut gerüstet wissen, bevor man mit Details an die Öffentlichkeit geht. Denn in der Vergangenheit verliefen vergleichbare Verfahren meist nicht zur Zufriedenheit der Denkmalbehörden. Die sind in der Regel an einem abschreckenden Urteil interessiert und daran, dass ein Fund ihnen zugesprochen wird. Damit das Land ein Bodendenkmal in Besitz nehmen kann, muss es laut dem baden-württembergischen Denkmalschutzgesetz aber bei staatlichen Nachforschungen (was in Ellwangen nicht der Fall war) oder in einem Grabungsschutzgebiet (die in Ellwangen rar sind) zutage gefördert worden sein oder einen „hervorragendem wissenschaftlichen Wert“ aufweisen. Trifft nichts davon zu, wird zwischen Finder und Grundeigentümer geteilt. Das Land ginge leer aus.

Dass der Münzfund einen „hervorragenden wissenschaftlichen Wert“ hat, kann sich der Schatzsucher Thiel von Kracht nicht vorstellen: „Bei Münzen kommen so gut wie nie neue wissenschaftliche Erkenntnisse zum Vorschein“, sagt er. Ohnehin plädiert Thiel von Kracht, der selbst etwa 150 Funde im Jahr anmeldet, für eine Entkriminalisierung der Sondengänger und für die Einrichtung einer elektronischen „Babyklappe“ für gefundene Kulturdenkmäler – also letztlich für eine Kooperation zwischen Sondengängern und Denkmalämtern. Schatzsucher würden ihre Funde dann selbst in eine Datenbank eintragen und melden.

Hohe Dunkelziffer

Das Landesdenkmalamt will von einer solchen Annäherung aber nichts wissen: „Der eigentliche Aussagewert eines Fundes besteht nur in der Kombination des Fundorts und dessen Lage. Diese Informationen blieben jedoch verloren“, sagt Jonathan Scheschkewitz zur Idee einer „Babyklappe“. Gleichzeitig muss der Experte einräumen, dass dem Amt nur zwei bis drei Funde im Jahr gemeldet werden, die nicht im Rahmen einer Beauftragung zutage kommen. Die Dunkelziffer dürfte jedoch hoch sein.