Die Band bezieht optisch und akustisch klar Position Foto: Ralf Poller/Avanti

„Die Siffer“ haben im Marbacher Schlosskeller ihrem Publikum mit „Hartchorpop“ so richtig eingeheizt. Aktuell wird ihr Album „Nazis ham ’ne Scheißfrisur!“ in einer überarbeiteten Neuauflage auch auf Vinyl veröffentlicht.

Wenn der Herzmuskel kraftvoll wummert und Zwerch- und Trommelfell in derselben Schwingung vibrieren, dann könnte dies ein Zustand sein, den die Marbacher Band „Die Siffer“ ausgelöst hat. Siffer-Time war am Freitagabend im Schlosskeller angesagt und damit auch der Aufruf zum kollektiven Schütteln, Hopsen und dynamischen Frustablassen, dem sich die rund 80 Besucher keineswegs verwehrten. Und obwohl die Band, die nach eigenen Aussagen „Hartchorpop“ macht, bei der Begrüßung konstatierte, dass sich die zahlreichen Besucher im Keller „gut verteilt haben und das Ganze einen sehr homogenen Eindruck macht“, war die Typologie der einzelnen Gäste keineswegs homogen.

Nicht ohne Weiteres zuordenbar

Weder vom Alter her, noch optisch: Der auffallende Fächer eines blonden Irokesenschnitts war gleichermaßen auszumachen, wie ein roter Männer-Kurzhaarschopf. Auch ein grüngefärbter Damen-Bob hatte sich unter die Frisuren-Mélange gemischt, die ebenso Langhaarmähnen, Zöpfchen oder bemützte Köpfe aufwies. Vielleicht ist das ein gutes Zeichen, sind doch Christoph Neumeyer (Gitarre), Fabian Friedl (Drums) und Wolfram Berner (Bass) stolz darauf, dass ihr Musikstil, der von den Marbachern fälschlicherweise oft als Punk eingeschätzt werde, nicht ohne Weiteres zuordenbar sei. Denn seit 1994 haben sich die Musiker zur Aufgabe gemacht „Lärm zu machen“ – und das ist bis heute und in Originalbesetzung so geblieben. Selbstverständlich Lärm mit politischen Statements, mit denen die drei auch gegen rechtes Gedankengut ansingen.

Aktuell wird ihr Album „Nazis ham ’ne Scheißfrisur!“ in einer überarbeiteten Neuauflage auf Vinyl, CD, Musikkassette sowie auf den gängigen Streaming-Portalen veröffentlicht. Aber nicht nur die Wiederveröffentlichung bereits bekannter Songs findet sich auf den Tonträgern, die „Die Siffer“ in ihrer Heimatstadt ausliegen hatten, um dort die Geburt ihres neuen Babys mit einem Konzert zu feiern. Das wiederum fand in Kooperation mit dem Marbacher Kulturamt statt. „Es gibt noch ein erweitertes Material“, kündigte Wolfram Berner an. Und zwar mit den beiden Songs „Am Ende“ und „Mehr Bildung“.

Vinyl-Platten aus Recyclingmaterial

Auch bei der Herstellung der Schallplatten ist die Gruppe „keine Kompromisse eingegangen“: die Vinyl-Platten sind aus Recyclingmaterial. „Von alten Platten vieler internationaler Künstler“, erzählte Bassist Berner im Gespräch, der zudem auf den individuellen Look der 500 LP-Unikate in verschiedensten Farben verwies. Diese schlummern jeweils in einer edlen Hülle mit Prägedruck. Das Pressen der marmoriert aussehenden Platten mit 40 Minuten Spieldauer, habe ein Dreivierteljahr gedauert. Den Gästen gefiel besonders die Live-Darbietung: die rockige Anmutung der Songs brachte eine vitale und gutartige Form von Energie in den Saal.