Von ganzem Herzen Schotte: Ein Tennis-Fan hat sich für das Grand-Slam-Finale in Melbourne zwischen Andy Murray und Novak Djokovic eine schottische Flagge auf das Gesicht gemalt Foto:  

Im Falle einer Unabhängigkeit wäre die Regierung in Edinburgh wohl in vielen Fragen auf die Zustimmung Großbritanniens angewiesen.

Edinburgh - Im Falle einer Unabhängigkeit wäre die Regierung in Edinburgh wohl in vielen Fragen auf die Zustimmung Großbritanniens angewiesen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Unabhängigkeitsreferendum der Schotten.
 
Worum geht es bei dem Referendum?
Die Unabhängigkeitsfrage dominiert die schottische Politik, seit die schottisch-englische Union aus dem Jahr 1707 besteht. Immer wieder wurden Forderungen nach mehr Selbstbestimmung laut, deshalb erhielt Schottland 1999 wieder ein eigenes Parlament und eine Regionalregierung in Edinburgh. Doch das genügt den Separatisten nicht. Nachdem die Scottish National Party (SNP) 2007 zur stärksten Kraft im Parlament wurde, hat die Unabhängigkeitsbewegung an Fahrt aufgenommen. Im Jahr 2012 unterzeichneten SNP-Chef Alex Salmond und der britische Premier David Cameron ein Abkommen, das die Eckpunkte für den Volksentscheid bestimmte. Am 18. September dürfen deshalb rund vier Millionen Wähler mit einem simplen Ja oder Nein entscheiden, ob sie die Union auflösen wollen.
Welche Inhalte dominieren die Debatte?
Es geht vor allem um wirtschaftliche Belange, unter anderem die Einnahmen aus dem Nordsee-Öl, die Schottland dann im eigenen Staatshaushalt verbuchen könnte, die Zukunft der in Schottland stationierten britischen U-Boote, die künftige Währung und die EU. Die Befürworter einer Eigenständigkeit haben sich Skandinavien als Vorbild auserkoren, das Land könne ökologischer werden und eigenständig über Steuereinnahmen entscheiden. Jene Front, die die Autonomie ablehnt, argumentiert, dass es Schottland im Königreich wirtschaftlich besser gehe.
Wäre ein unabhängiges Schottland Mitglied in der EU?
Die Regierung in Edinburgh argumentiert, dass sie nach Artikel 48 des Vertrags über die Europäische Union aushandeln könnte, ab März 2016 übergangslos ein selbstständiges Mitglied zu sein. London hält dagegen: Schottland müsse sich neu bewerben, wie es Artikel 49 vorsieht. So sieht es wohl auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Im Februar sagte er, ein EU-Beitritt werde „sehr schwierig, wenn nicht unmöglich“ für Schottland, weil alle Mitglieder zustimmen müssen – auch die Briten. Auch Nato-Mitglied will Schottland gern werden.
Würden die Schotten mit dem Euro bezahlen?
Das müssten sie eigentlich früher oder später, wenn sie EU-Mitglied werden. Nur für Großbritannien und Dänemark gilt offiziell eine Ausnahme. Regierungschef Alex Salmond besteht aber darauf, dass Schottland ein Recht auf das britische Pfund hat und andernfalls auch keinen Anteil der britischen Staatsschulden übernehmen würde. Die drei großen Parteien in London – Konservative, Labour und Liberale – haben einmütig erklärt, ihr Pfund nicht mit den Nachbarn teilen zu wollen.
Wie steht es in den Umfragen?
Erstmals lag in einer YouGov-Umfrage die Nationalbewegung vorn: 51 Prozent wollen sich demnach von Großbritannien lösen, 49 Prozent möchten die Union mit England, Wales und Nordirland beibehalten. Viele der Wähler sind jedoch ob der Zukunft Schottlands noch unentschlossen. Von einer halben Million Menschen, die normalerweise nicht an Wahlen teilnehmen, dieses Mal aber abstimmen wollen, gehen Experten aus.
Wie reagiert die Regierung in London?
Anfang August haben die drei größten Parteien in Westminster eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der sie den Schotten auch bei einem Verbleib im Vereinigten Königreich mehr Selbstbestimmung zusicherten. Das betrifft vor allem die Steuererhebung, die eine große Rolle in der Diskussion spielt. Sogar die oppositionelle Labour Party unterstützt in der Schottland-Frage die Regierung. Der Grund: Ohne die Stimmen aus ihrer Hochburg im nördlichen Landesteil dürfte es für die Sozialdemokraten schwer werden, jemals wieder in die Downing Street einzuziehen.