Am Pool gibt es noch ein extra Gästehaus. Das Haus wurde 1964 von Donald Wexler, Schüler von Richard Neutra, für die Sängerin und Schauspielerin Dinah Shore gebaut. Foto: bStunt

Wenn jetzt wieder das Coachella-Festival stattfindet, reisen viele nach Palm Springs. Die kalifornische Stadt ist aber vor allem für Architektur-Fans ein Paradies in der Wüste.

Palm Springs - Viele Partys muss das Haus mit der Adresse 432 Hermosa Place, Palm Springs schon erlebt haben. Eine der spektakulärsten hat vergangenes Jahr stattgefunden, als ein Produzent eine Sixties-Fete veranstaltete: „Playboy“-Bunnies sitzen auf den Betten, Synchronschwimmer fläzen im Pool, Drinks aus den 60er Jahren werden serviert und Diana Ross, die echte, intoniert unter Palmen „Ain’t No Mountain High Enough“. Die Gäste haben einen Drink in der Hand, Blick auf die Berge. Richard „Kip“ Serafin erzählt, dass sogar das Essen getreu einem Kochbuch aus dieser Zeit zubereitet wurde. Serafin ist so etwas wie der Hausmeister des Anwesens. Er schließt auf, wenn neue Gäste kommen oder wenn der Autofabrikant BMW die Fläche für zwei Wochen mietet. Die schicke Villa mit dem Namen „Dinah Shore Estate“ in Palm Springs ist seit 2014 im Besitz von Schauspieler Leonardo DiCaprio, der sie immer wieder vermietet. Rund 5,2 Millionen Dollar (4,8 Millionen Euro) soll er für das Mid-Century-Schmuckstück gezahlt haben.

Es ist auch wirklich hübsch, dieses Haus mit Gästehaus am Pool, diversen Schlaf- und Badezimmern, das 1964 von Donald Wexler, Schüler von Richard Neutra, für die Sängerin und Schauspielerin Dinah Shore gebaut wurde. Ab 3750 Dollar (rund 3520 Euro) die Nacht kann jeder die Villa mieten, sechs Schlafzimmer und acht Bäder inklusive. Irgendwann gehörte sie auch mal dem Produzenten David Lee (unter anderem die Sitcom „Frasier), der ein Bad leider modern gestaltet hat. In den anderen sind die schönen ollen Retro-Fließen in Rot, Grün oder Blau noch erhalten.

Einige Cocktailpartys gingen hier schon vonstatten – wie aber auch in vielen anderen Häusern in Palm Springs. Die kalifornische Wüstenstadt erlebt gerade so etwas wie ihren zweiten Frühling. Der erste ging bereits in den 30er Jahren los, als die ersten Hollywood-Stars hier ihre Ferienhäuschen bauen ließen, um Partys an den Pools zu feiern. In den 40er, 50er und 60er Jahren war Palm Springs das perfekte Naherholungsgebiet für die Reichen und Schönen aus der Filmbranche. Das Städtchen mit gerade mal knapp 50 000 Einwohnern ist 180 Kilometer von Los Angeles entfernt, ein Katzensprung also für amerikanische Verhältnisse. Hier haben Frank Sinatra, Goldie Hawn und Kurt Russell, Dean Martin, Sammy Davis Jr., Marilyn Monroe, Elvis Presley sowie Barbra Streisand ihre Wochenenden verbracht. Weg von der Glamourwelt von LA, mit kühlen Martinis am Beckenrand.

Die Architektur wird auch „Martini-Modernism“ genannt

Was für ein Glück, dass noch so viel erhalten ist. Die amerikanische Vorstadtarchitektur, die auch gern mal „Martini-Modernism“ genannt wird, wurde hier von Baumeistern wie Richard Neutra, Donald Wexler oder auch Albert Frey geschaffen. Ikonische Gebäude gibt es noch heute zu entdecken. Robert Imber (67) kann viele tolle Geschichten erzählen. Er selbst ist ein Original wie die Häuser, die er uns zeigt. Er trägt Einstecktuch und Tweedjackett – und liebt die Mid-Century-Architektur, die er Touristen nun seit bald 20 Jahren bei seinen Modernism-Touren durch Palm Springs präsentiert, und veranstaltet auch die jährliche Modernism-Week. „Vor dieser Zeit sahen die Häuser hier so aus, wie Kinder sie malen würden“, erzählt Imber. Heute sind es vor allem Flachdachbauten mit nur einem Stockwerk, die von der Straße aus fast schon unspektakulär erscheinen.

Er weiß, wie es losging in dem eleganten und reichen Städtchen Palm Springs, in dem renommierte Architekten aus aller Welt nicht nur schöne Wohnhäuser bauten, sondern auch Schulen, Gemeindeeinrichtungen und Kirchen designten. Der schöne Flughafen ist von Donald Wexler, das Rathaus von Albert Frey, bei dem Palmen durchs Dach wachsen, und die Kirche St. Theresa hat William F. Cody entworfen – von den Walnussbänken bis zum Taufbecken ist alles von ihm. Und durch die Kirchenfenster kann man die Palmen und die San Jacinto Mountains sehen. Das ist eines der vielen Highlights bei der Tour. Oder auch die pinkfarbene Tür, die eigentlich nicht mehr ist als eine hohe rosa Tür, die auf Instagram aber schon eine veritable Social-Media-Karriere hingelegt hat.

Es war in den 1950er und 1960er Jahren, als die Modernism-Architektur ihren Boom erlebte. Das soziale Leben fand vor allem in Privathäusern statt. Partys wurden gefeiert, die Häuser bewundert. Und im darauffolgenden Jahr luden die Freunde in ihr noch schöneres Haus. Das Bauunternehmen Alexander Construction Company produzierte Villen am Fließband, zwischen 1955 und 1965 wurden 2200 solcher Eigenheime errichtet, alle mit Pool und zwei Palmen im Garten. Ein Glück, dass in den 80ern nicht alles abgerissen wurde, als die Leute genug von dem Mid-Century-Design hatten und viel lieber neue Häuser wollten. Der Wiederentdeckung des Modernism Anfang der 90er haben Architekturfans heute viel zu verdanken.

Im Coachella Valley ist es warm, da braucht jedes Haus einen Pool

Das Wetter, natürlich, beeinflusste die Architektur, die weltberühmt wurde. In Palm Springs scheint sehr oft die Sonne, angeblich gibt es 350 Sonnentage im Jahr. In der Halbwüste, dem Coachella Valley, ist es warm, da braucht jedes Haus einen Pool, klar. Das Wohn- und Esszimmer geht fließend in die Terrasse über, die Fenster sind bodentief, man lebt innen und außen, liebt geometrische Formen und abstrakte Malerei. „Die Wüste ist eine Herausforderung, aber wenn man sie respektiert, ist sie das Paradies“, sagt Imber.

Deborah und Richard Hovel leben im Paradies. Der Kamin brennt, vom Sofa aus hat man einen Blick auf den Pool. Ihre drei Kinder waren aus dem Haus, das Grafik-Trend-Büro in Minneapolis aufgelöst, das Eigenheim verkauft, und sie erfüllten sich den Traum mit Palm Springs, um hier mittendrin in der besonderen Architektur zu leben. Das Ehepaar hat 2006 einen Teil des Gebäudes aus dem Jahr 1954, entworfen vom Architekten Howard Lapham, gekauft. Nach und nach kamen mehr Apartments dazu, die sie denkmalgetreu restaurierten. Da ein Eames-Chair, dort eine Nelson-Uhr. Kein Detail scheint bei den Hovels daheim fehl am Platz.

Wenn jetzt wieder das Coachella-Festival ab dem 14. April in der Nähe von Palm Springs stattfindet, kommen die Stars und Sternchen sowie Musikfans, die in den Hotels nächtigen und Partys am Pool feiern. Dem Festival hat die Stadt auch viel zu verdanken, wurde sie doch als Laissez-faire-schön-und-reich-Stadt wiederentdeckt. Die Musikfans können sich in schöne Hotels und noch schönere Privathäuser einmieten. In das Haus von Frank Sinatra (rund 1500 Dollar, 1400 Euro) etwa oder eben in das Dinah Shore Estate. Leonardo DiCaprio selbst kommt angeblich auch immer zum Festival. Und wenn sein Haus gerade gebucht ist, wohnt er eben im Hotel.

Anreise, Adressen und Tipps für Palm Springs

Anreise

Airberlin fliegt ab Düsseldorf fünfmal pro Woche nonstop nach Los Angeles und bietet ab Mai eine neue Direktverbindung ab Berlin, www.airberlin.com. Von Los Angeles sind es mit dem Auto ungefähr zwei Stunden bis nach Palm Springs. Ab Frankfurt am Main fliegen mehrere Fluglinien mit Zwischenstopps nach Palm Springs.

Übernachten

Sehr schön, natürlich mit Pool und ausgezeichnetem mexikanischen Frühstück: Arrive Hotel (ab 200 Euro die Nacht, arrivehotels.com/). Kunterbunt und gemütlich ist The Saguaro Palm Springs (ab 150 Euro die Nacht, thesaguaro.com/palm-springs/).Wer es privater möchte, kann sich ein Zimmer bei Deborah und Richard Hovel buchen (desertstarpalmsprings.com, ab 180 Euro die Nacht).Leonardo DiCaprios Villa kann man unter www.432hermosa.com buchen.

Was man tun sollte

Unbedingt eine Modernism-Tour mit Robert Imber buchen: www.palmspringsmoderntours.com Die Palm Springs Aerial Tramway ist eine spektakuläre Schwebebahn. Die Fahrt ist 4 Kilometer lang, der Boden der Bahn dreht sich. Und gesungen wird manchmal auch. Die Fahrt kostet rund 26 Euro. (www.pstramway.com) Das Palm Springs Art Museum ist sehr sehenswert.

Allgemeine Informationen unter
www.visitpalmsprings.com