Ein Hektar Wald zwischen der Klinik Schmieder (links) und dem Parkplatz (rechts im Hintergrund) steht zur Disposition. Foto: factum/Granville

Die Kliniken Schmieder wollen ihr Reha-Krankenhaus auf der Gerlinger Schillerhöhe erweitern. Die Stadt ist dafür. Weil aber ein Hektar Wald im Weg ist, sind andere Behörden mit im Spiel. Dies fordert Geduld von den Beteiligten.

Gerlingen - Es soll keine eigene Klinik werden. Aber die Kliniken Schmieder auf der Gerlinger Schillerhöhe wollen die bestehenden Reha-Einrichtung erweitern. Vom neuen Anbau aus sollen die Patienten kurze Wege in die vorhandenen eigenen Therapieräume und die mit genutzten Diagnosebereiche des benachbarten Robert-Bosch-Krankenhauses haben. Die am besten geeignete Fläche für einen Erweiterungsbau liegt nur wenige Meter entfernt. Es gibt nur einen Haken: Dort stehen Bäume, 10 000 Quadratmeter Wald müssten gerodet werden. Die Planung läuft seit anderthalb Jahren. Noch sind die Genehmigungsbehörden nicht davon überzeugt, dass die Rodung nötig ist; Stadtverwaltung und Schmieder-Management werden ungeduldig.

Im Juli 2014 ist das Projekt im Gerlinger Gemeinderat vorgestellt worden (siehe auch „Die Kliniken auf der Schillerhöhe“). Der Gemeinderat und die Verwaltung waren rasch überzeugt; die Verfahren, um den Flächennutzungs- und den Bebauungsplan zu ändern, begannen. Auch die Bürger stünden dahinter, sagte der Bürgermeister Georg Brenner am Freitag vor der Presse, es seien keine Einwände eingegangen. Mit den Behörden aber müsse man sich umfänglich auseinandersetzen – das Verfahren beschrieb der Rathauschef als „zähflüssig“. Die Stadt habe dem Landratsamt und dem Regierungspräsidium „alles vorgelegt, was zur Entscheidung notwendig ist“ – nun wünsche man sich, „dass wir schnell zum Ergebnis kommen“. Brenner betonte, man erhebe keine Vorwürfe.

Bedarf mit 180 Betten definiert

„Es ist eine Frage des Wollens und Gestaltens“, sagte Dagmar Schmieder, die Vorsitzende der Kliniken-Geschäftsführung. Im Erweiterungsbau sollen 120 bis 140 Betten untergebracht werden, vorhanden sind 143. Den Bedarf gebe es, hatten die Klinikmanager zu Beginn des Genehmigungsprozesses betont; er sei mit 180 Betten in der Region Stuttgart definiert. Die nächsten Fachkliniken befänden sich in Göppingen, Langensteinbach bei Karlsruhe und in Heidelberg. Angehörige müssten zum Teil lange Wege auf sich nehmen.

Die Klinikerweiterung sei medizinisch begründet, betonte der Gerlinger Chefarzt Rudolf van Schayck. Jedes Jahr bekämen zahlreiche Patienten keinen Behandlungsplatz und müssten ins Pflegeheim. Der Erweiterungsbau sei so nahe wie möglich am Bestand nötig. „Wenn die Patienten spazieren gehen können, müssen sie nicht mehr in der Klinik sein“. „Natürlich muss Naturfläche geopfert werden“, sagte van Schayck. Man mache das „nicht leichtfertig“. Mit ihrer Haltung übernehme die Stadt Verantwortung für die Region.

Wald ist ein Bestandteil der ehemaligen Schlossgärten

Die Stadt habe „noch nicht ausreichend genug dargelegt“, warum exakt der beantragte Standort, also die Waldfläche, „zwingend realisiert werden muss“, sagt indes Matthias Kreuzinger vom Stuttgarter Regierungspräsidium (RP) auf Anfrage unserer Redaktion. Das Landesdenkmalamt (LDA) habe Einwände, weil die Fläche geschützter Bestandteil der einstigen Gärten von Schloss Solitude sei. Das LDA sei aber gesprächsbereit. Die Bearbeitungszeit beim RP bewege sich „im üblichen Rahmen“ – nächste Woche gehe die Stellungnahme raus. Dann fehle noch die Abstimmung mit dem LDA. „Wenn dargelegt wird, dass ein Erweiterungsbau woanders nicht sinnvoll oder möglich ist, ist das eine andere Entscheidungsbasis“, sagt Kreuzinger.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das Ludwigsburger Landratsamt Ludwigsburg. Es sei nicht ausreichend begründet, warum die Waldrodung nötig sei. Alternative Standorte für die Klinikerweiterung seien nicht ausreichend geprüft worden. Zudem, sagt Andreas Fritz vom Landratsamt, habe sich die Stadt noch nicht endgültig auf eine Fläche zur „Waldumwandlung“ festgelegt. In dieser Woche habe die Kreisbehörde die Stadt nochmals aufgefordert, sich „zumindest dezidiert“ mit einer alternativen unbebauten Fläche im Süden des Klinikgeländes auseinanderzusetzen.

Die Kliniken auf der Schillerhöhe

Robert-Bosch-Krankenhaus
Die Lungenfachklinik existiert seit 1953, bis 2006 war die Rentenversicherung der Träger. Dann übernahm das Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus die Klinik. Sie hat 200 Betten für Patienten, die an Atemwegserkrankungen leiden. Der Klinik stehen Erweiterungsflächen zur Verfügung. 2012 wurde bereits ein Parkplatz mit 140 Plätzen neu angelegt und dafür 6000 Quadratmeter Wald gerodet.

Kliniken Schmieder
Direkt neben der Lungenklinik haben die Kliniken Schmieder, deren Zentrale in Allensbach am Bodensee ist, 1998 eine Rehaklinik mit 85 Betten eröffnet. 2009 wurde ein Erweiterungsbau erstellt. Momentan hat das Haus 143 Betten. Behandelt werden Patienten mit neurologischen Erkrankungen, etwa nach einen Schlaganfall oder bei Schädelverletzungen nach einem Unfall. Viele Patienten kommen in pflegebedürftigem Zustand und müssen das Leben neu lernen.

Phasen der 2. Erweiterung
Juli 2014Die Schmieder-Kliniken stellen ihre Erweiterungspläne vor. Der Gerlinger Gemeinderat begrüßt das Vorhaben und beschließt, den Flächennutzungsplan zu ändern und dafür einen Bebauungsplan aufzustellen. Februar 2015 Keine Einwände bei der Beteiligung der Gerlinger Bürger. Erste Gespräche mit den beteiligten Behörden. Februar bis Oktober 2015 Artenschutzrechtliche Prüfung, Treffen mit beteiligten Behörden, alternative Standorte werden geprüft, Auseinandersetzung mit Einwänden des Denkmalschutzes. Januar 2016 Alle Beteiligten warten, dass das Planungsverfahren weitergeht.