Auch in Hollywood gefragt: die in Uganda geborene, in Berlin lebende Florence Kasumba als Kommissarin Anaïs Schmitz an der Seite von Maria Furtwängler als Charlotte Lindholm. Foto: NDR

Die Neue an der Seite von Maria Furtwängler: Florence Kasumba ist die erste schwarze Kommissarin in der fast fünfzigjährigen Geschichte des „Tatorts“.

Berlin - Fast fünfzig Jahre nach dem ersten „Tatort“ ist es soweit: Zum ersten Mal ermittelt eine schwarze Kommissarin in Deutschlands ältester Krimireihe. Die in Uganda geborene Schauspielerin Florence Kasumba gibt in der Folge „Das verschwundene Kind“ an diesem Sonntag ihr Debüt als Anaïs Schmitz. Die 42-Jährige ist die Neue an der Seite von Maria Furtwängler alias Charlotte Lindholm, die nach einem fatalen Fehler vom LKA Hannover zur Göttinger Polizei strafversetzt worden ist. Beim Kennenlernen der neuen Kollegin tappt Lindholm gleich in die Rassismusfalle: Sie hält Schmitz, der sie an einem blutigen Tatort begegnet, für eine Putzfrau. Kein guter Anfang.

Die Szene ist nicht unrealistisch, sagt die mit ihrer Familie in Berlin lebende Florence Kasumba: „Manchmal erlebe auch ich Alltagsrassismus, aber ich habe gelernt, gelassen damit umzugehen.“ Ihre Rolle im „Tatort“ sei ein Schritt zu mehr Diversität im Fernsehen. „Je mehr unterschiedliche Menschen da zu sehen sind, umso normaler wird es. Vielleicht gibt es bald eine Kommissarin mit Kopftuch, ohne dass das thematisiert werden muss.“ Ihre Kollegin Maria Furtwängler betont die gesellschaftliche Verantwortung der Krimireihe: „Es ist wichtig, diese schwarze Kommissarin zu erzählen, und sie eben so oft zu erzählen, bis wir nicht mehr automatisch davon ausgehen, dass die Schwarze im Kittel die Putzfrau ist oder Drogen verkauft und kein Deutsch spricht.“

Stunts sind für sie eine Ehrensache

Im „Verschwundenen Kind“ fällt es den rivalisierenden Kommissarinnen Lindholm und Schmitz noch schwer, an einem Strang zu ziehen: In einer Szene versetzt Schmitz ihrer blonden Kollegin sogar eine schallende Ohrfeige. „Mangelnde Impulskontrolle“, sagt sie schulterzuckend.

Florence Kasumba kam 1976 in Uganda zur Welt und wuchs in Essen auf. Nach dem Abitur studierte sie Schauspiel, Gesang und Tanz in den Niederlanden und wirkte in zahlreichen Musicals mit. Außerdem stand sie schon früh vor der Kamera und hatte unter anderem mehrere Gastrollen im „Tatort“. Vor drei Jahren gelang ihr der Sprung nach Hollywood. In der Marvel-Verfilmung „The First Avenger: Civil War“ spielte sie, die als Kampfsportlerin viele Stunts auch selbst absolviert, zum ersten Mal die Kriegerin Ayo. Und spätestens seit sie im Blockbuster „Black Panther“ erneut die amazonenhafte Speerkämpferin gab, ist sie ein international gefragter Star.

Schwarze Ermittler und Ermittlerinnen hat es in Fernsehkrimis schon früher gegeben, etwa Dennenesch Zoudé im „Polizeiruf 110“ oder Pierre Sanoussi-Bliss in „Der Alte“. Nun aber folgt ihnen Florence Kasumba im „Tatort“ – und seit die Besetzung bekannt ist, wird in den Medien viel über ihre Hautfarbe geredet. Kasumba sieht darin „einen Indikator, dass Deutschland für diese Idee und für die Veränderung in der Medienlandschaft bereit ist.“ Eine zweite „Tatort“-Folge aus Göttingen mit ihr ist in Vorbereitung.