Ursula Franke Foto: Kathrin Wesely

Vor allem die Elterngeneration hat sich gewandelt, sagt Ursula Franke, Schulleiterin im Stuttgarter Süden. Die Kinder indessen seien wie eh und je: extrem anpassungsfähig – auch in Bezug auf die Corona-Benimm-Regeln.

S-Süd - In dem schönen alten Treppenhaus der Marienschule herrschen strikte Abstandsregeln: rechts rauf, links runter, und trotz aller Toberei – die Grundschüler halten sich artig dran. „Kinder sind sehr anpassungsfähig“, sagt Ursula Franke und meint das eher allgemein. Doch auch den konkreten Corona-Kodex haben die Kleinen innerhalb kürzester Zeit verinnerlicht. Es sind die letzten Tage Frankes als Schulleiterin der Grundschule an der Römerstraße, die 65-Jährige verabschiedet sich in den Ruhestand. Sie sagt, „diese Pandemie hätte ich auf den letzten paar Metern nicht gebraucht“. Einerseits. Andererseits, habe sie dabei die „sensationelle Erfahrung“ machen dürfen, dass „dieses Höher-Schneller-Weiter in der Krise auf einmal zum Stillstand gekommen ist“.

Eltern mischen mit

Seit 1993 wirkt Ursula Franke im Haus, seit 2012 als Direktorin. Die Pädagogin kam damals aus Köln „der Liebe wegen“ nach Stuttgart. „Mein Kölsches Naturell hat mir in mancher Lage geholfen, locker zu bleiben.“ Eine Grundschule ist zwar kein Flohzirkus, aber es braucht gute Nerven, um 300 Kinder und deren Eltern so glücklich als möglich zu machen.

Insbesondere letztere seien nicht immer leicht zufriedenzustellen. Das Selbstverständnis der Eltern habe sich in den vergangenen Jahrzehnten erheblich verändert, sagt die Schulleiterin. „Als ich angefangen habe, durften die Eltern gerade mal für Feste Kuchen backen. Heute sind sie ganz anders eingebunden, und das ist auch richtig so. Aber das Maß muss stimmen.“

Und wohl auch der Ton. Immer öfter reden Eltern nicht bloß mit, sondern den Pädagogen auch drein. „Ich beobachte, dass das Vertrauen in die Institution Schule insgesamt abgenommen hat. Eltern informieren sich heute über Whats-App-Gruppen oder das Internet.“ Und offenbar glauben einige, es dann besser zu wissen als die Pädagogen, die ihre Kinder unterrichten.

Die Grundschule als Melting-Pot

Und die Kinder selbst? Sind das heute überwiegend Couch-Potatoes, die man erst auf den Bolzplatz schubsen muss, damit sie sich mal an der Luft bewegen? Gar nicht, meint Franke: „Kinder nehmen, was sie kriegen können.“ Und wenn das ein Ausflug zum Haus des Waldes oder ins Freibad sei, wäre ihnen der willkommener als ein verdaddelter Nachmittag allein im Kinderzimmer. Die eigentlichen Bremser seien eher Eltern, die aus Bequemlichkeit ihre Kinder lieber am Smartphone ruhig stellten als sich Zeit für gemeinsame Erlebnisse zu nehmen. Es komme sehr auf die Eltern an. Umgekehrt sei es zentral, auf die sich ändernden Bedürfnisse der Familien zu reagieren – beispielsweise in Art und Umfang der Betreuung an den Nachmittagen. „Jeder Jeck is anders“, sagt die Kölnerin. „Da haben wir an unserer Grundschule einen echten Melting-Pot, einen Querschnitt durch die Gesellschaft.“

Die Verankerung im Viertel durch Kooperationen mit Vereinen, Kindergärten oder den Kirchengemeinden ist der Schulleiterin immer ein Anliegen gewesen. Diese Verbindungen haben sich verfestigt, trotz teils einschneidender Veränderungen des Schulbetriebs – etwa durch die Fusion von Heusteig- und Römer- zur Marienschule oder die Einrichtung der Ganztagsschule in Wahlform. Franke und ihre Kollegen haben in diesen Prozessen Felsbrocken gerollt. Man ahnt, dass ihr das fehlen wird. Denn die Pädagogin ist mit ganzem Herzen „ein Teamplayer“.