Bei den Bahnverbindungen im Kreis Böblingen stockt es: Auf der Ammertalbahn geht nichts mehr, bei der Schönbuchbahn gibt es Anlaufschwierigkeiten.
Der Kreis Böblingen ist zurzeit schwerer mit der Bahn zu erreichen. Nicht nur die S-Bahn-Stammstreckensperrung in Stuttgart plagt die Fahrgäste noch bis 6. September, jetzt ist auch noch die Ammertalbahn von Tübingen nach Herrenberg komplett ausgefallen. Zudem fährt die Schönbuchbahn von Böblingen nach Dettenhausen weiter nur im Halbstundentakt und nicht, wie ursprünglich geplant, von Holzgerlingen bis Böblingen jede Viertelstunde.
Bei der Ammertalbahn Alarm geschlagen hatten die Techniker, die im Dienst des Zweckverbands ÖPNV im Ammertal stehen. Sie stellten einen übermäßigen Verschleiß an den Rädern der Züge sowie an den Schienen und Weichen fest und zogen die Notbremse. Zur Zeit wird ein Notverkehr mit Bussen entlang der Strecke eingerichtet, am Wochenende soll ein regulärer Schienenersatzverkehr die Strecke zwischen den beiden Landkreisen Tübingen und Böblingen bedienen.
Derzeit seien, so heißt es in einer Pressemitteilung des Zweckverbands, die DB Regio und der Zweckverband mit Hochdruck daran, die Ursache der Schäden zu ermitteln, allerdings ist der Fehler bislang noch nicht gefunden worden. Erschwerend kommen die umfangreichen Gleisbauarbeiten zwischen Reutlingen und Tübingen hinzu, weil die betroffenen Züge deswegen nur sehr schwer in die Werkstatt nach Ulm fahren können.
Der Zweckverband schätzt, dass frühestens bis zum Ende der Schulferien in Baden-Württemberg am 13. September die Züge wieder regulär fahren könnten.
Bei der Schönbuchbahn läuft nicht alles rund
Wer etwa von Tübingen nach Stuttgart muss, der kann auf eine andere Zugstrecke ausweichen, das ist die Schönbuchbahn von Dettenhausen nach Böblingen. In Böblingen hat man dann Anschluss an das Stuttgarter S-Bahnnetz. Doch auch hier läuft nicht alles rund. Nach dem jahrelangen Streit mit dem spanischen Hersteller CAF wegen möglicherweise falsch dimensionierten Bremsen sind die Nexio-Züge von CAF zwar wie geplant an den Start gegangen, aber den geplanten Viertelstundentakt zwischen Böblingen und Holzgerlingen erreichen sie entgegen der Ankündigung nach wie vor nicht.
Die Gründe dafür seien vielfältig, sagt der Geschäftsführer der Württembergischen Eisenbahngesellschaft Jan Schillinger. Zum einen seien noch nicht alle Nexio-Züge vor Ort, zum anderen werden noch Nexio-Züge gebraucht, um die Lokführer auszubilden. Auch die Württembergische Eisenbahngesellschaft schätzt, dass der Viertelstundentakt erst mit dem Ende der Sommerferien erreicht wird. Da wird er auch dringend gebraucht, wenn die Schüler wieder zu ihren Schulen pendeln.
Die Passagiere lieben die neuen Nexios
Am Donnerstag war jedenfalls noch nichts davon zu spüren, dass Pendler aus dem Ammertal auf die andere Bahn umgestiegen wären, vielleicht auch deswegen, weil man von Tübingen aus die Schönbuchbahn nur mit dem Bus erreichen kann. Die Nexio-Züge machen das Reisen sehr bequem, wenn man von den infernalischen Piepstönen absieht, die ankündigen, dass sich die Tür schließt. Doch hier will der Betreiber Abhilfe schaffen.
Bei den Fahrgästen am Haltepunkt Holzgerlingen kommt die neue Bahn jedenfalls gut an. Eine junge Pendlerin lobt die Ausstattung mit dem tiefblauen Sitzbezug und den kleinen gelbroten Mustern. „Das ist sehr angenehm“, sagt sie, „die alte Bahn war doch manchmal ein bisschen eklig.“ Dass die Züge nur halbstündlich verkehren, ist ihr nicht wichtig, „ehrlich gesagt, das habe ich noch gar nicht richtig mitbekommen.“ Eine Passagierin aus Holzgerlingen setzt gerade die Kapuze auf, um sich vor dem Regen zu schützen. Auch sie lobt die neue Bahn: „Es ist immer genug Platz drin“, nur wenn die Schüler dann wieder mitführen, so fürchtet sie, könne es eng werden, wenn es keinen Viertelstundentakt gebe.
Grundsätzlich aber liefen die neuen Nexio-Züge gut, sagt Jan Schillinger, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft WEG: „Wir haben noch Kinderkrankheiten, das ist ja auch nicht überraschend, aber die können wir mit den Fingern an einer Hand abzählen.“
Bei der Ammertalbahn hört sich die Lage hingegen dramatisch an. Zu überraschend war die Entscheidung, die Züge aus dem Verkehr zu ziehen. Der Zweckverband bittet zur Zeit seine Passagiere vor Fahrtantritt ihre Verbindungen zu überprüfen und sich im Internet oder an den Anzeigetafeln am Bahnhof über den Bus-Notverkehr zu informieren.
Die Züge werden von Zweckverbänden eingesetzt
Zweckverband
Der Zweckverband ÖPNV im Ammertal wurde 1995 durch die Landkreise Tübingen und Böblingen gegründet, um die von der Deutschen Bundesbahn übernommene 21 Kilometer lange Schienenstrecke zwischen Herrenberg und Tübingen zu reaktivieren. Zusätzlich zur Ammertalbahn betreibt er auch verschiedene Busstrecken.
WEG
Die Württembergische Eisenbahn-Gesellschaft mbH ist ein privates Eisenbahnunternehmen in Deutschland mit Sitz in Waiblingen. Sie betreibt zwölf Nebenbahnen in Baden-Württemberg, unter anderem die Tälesbahn von Nürtingen nach Neuffen oder die Vaihinger Stadtbahn von Vaihingen nach Enzweihingen.