Erst einmal hat er aufgeräumt, nun baut er schon wieder um: der Deutsche-Bank-Chef John Cryan. Foto: dpa

Wieder auf der Suche nach einem neuen Weg : Der neue Vorstandschef John Cryan hat sich lange gewehrt, nun muss er die Strategie doch wieder ändern. Das Geldhaus macht die Rolle rückwärts bei der Postbank.

Frankfurt - Die Deutsche Bank vollzieht unter ihrem seit vergangenem Mai allein amtierenden Chef John Cryan die nächste Kehrtwende. Die Postbank wird nicht verkauft, sondern voll integriert, dafür werden die Aktionäre noch einmal mit acht Milliarden Euro um neues Kapital gebeten. Weitere zwei Milliarden sollen durch einen Teilbörsengang der Fondstochter Deutsche Asset Management in die Kasse kommen. Dies hat der Aufsichtsrat der Bank auf einer Sondersitzung am Sonntag beschlossen.

Cryan, der am 1. Juli 2015 als Nachfolger von Anshu Jain für knapp ein Jahr die Doppelspitze mit dem altgedienten Deutsch-Banker Jürgen Fitschen gebildet hatte, hatte noch im Februar auf der Bilanzpressekonferenz betont, dass das Geschäftsmodell in Ordnung sei und man nur noch „nachjustieren“ müsse. Frisches Kapital, das bei den Aktionären in der Regel nicht gut ankommt, weil durch zusätzliche Aktien der Wert des eigenen Anteils „verwässert“ wird, hatte er bislang ausgeschlossen. Die Deutsche Bank sei in der Lage, aus eigener Kraft die Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung nach den Baseler Regeln zu erfüllen, lautete seine Botschaft.

Nun aber gibt es offenbar doch die Wende. Der größte Aktionär der Bank, der Golfstaat Katar, hat Finanzkreisen zufolge bereits signalisiert, dass er bei einer Kapitalmaßnahme mitziehen würde. Auch die unlängst neu eingestiegene chinesische HNA-Gruppe dürfte wohl erneut Geld in die Bank pumpen. Sie lassen sich allerdings auf eine riskante Wette ein.

Altlasten kosten die Bank Milliarden

Die letzte große Kapitalmaßnahme der Deutschen Bank ist noch nicht einmal drei Jahre her – damals sammelte die Bank insgesamt 8,5 Milliarden Euro ein und holte Katar überhaupt erst an Bord. Für die Käufer war das ein schlechtes Geschäft: Die neuen Aktien kosteten 22,50 Euro. Heute notiert das Papier bei rund 19 Euro, nachdem es sich vom Rekordtief im vergangenen September – 9,90 Euro – wieder erholt hat. Zu diesem Zeitpunkt machten Spekulationen über eine Staatsrettung die Runde, die die Bank aber vehement zurückgewiesen hat.

Bis Ende des vergangenen Jahres kletterte die harte Kernkapitalquote der Bank zwar auf 11,1 Prozent, Cryan hat seinen Aktionären aber bis Ende 2018 eine Quote von 12,5 Prozent versprochen. Seit Ende der Finanzkrise hat die Deutsche Bank bereits knapp 24 Milliarden Euro bei ihren Aktionären eingesammelt, gleichzeitig musste das Geldhaus aber auch rund 15 Milliarden Euro für die Aufarbeitung der zahlreichen Skandale der Vergangenheit ausgeben. Im vergangenen Dezember einigte sich das Geldhaus mit dem US-Justizministerium auf einen Vergleich von 7,2 Milliarden Dollar (6,8 Milliarden Euro) für faule Hypothekengeschäfte aus der Ära vor der Finanzkrise, nachdem die US-Behörde zunächst 14 Milliarden Dollar (13,2 Milliarden Euro) gefordert hatte und die Bank damit in eine tiefe Vertrauenskrise stürzte.

Die Deutsche Bank steckt seit Jahren in der Krise. Hohe Rechnungen für Altlasten werfen das Institut in seiner Sanierung immer wieder zurück. Cryan hatte sich zunächst den Aufräumarbeiten gewidmet und zuletzt auch einige große Rechtsstreitigkeiten abgearbeitet. Das führte 2016 zum zweiten Milliardenverlust in Folge. Die Kapitaldecke bleibt aber vergleichsweise dünn. Mit den neuen Maßnahmen soll sie dauerhaft über 13 Prozent bleiben, wie Cryan in einer Telefonkonferenz am Sonntag betonte. Immer mehr Großinvestoren machten in den vergangenen Monaten Druck. Sie drangen darauf, dass Cryan das Profil der Bank schärft und eine Vision präsentiert, wie das Geldhaus in die Zukunft marschieren will.

Der letzte Umbau war im Herbst 2015

Cryan versucht es nun mit einem Umbau, auch im Vorstand. Der letzte fand im Herbst 2015 statt, wenige Monate nach dem Amtsantritt von Cryan. Damals zerlegte er unter anderem das Investmentbanking in zwei Teile: den Handel auf der einen Seite und das Beratungs- und Finanzierungsgeschäft auf der anderen Seite. Nun sollen beide Bereiche wieder zusammengelegt werden. Das Geschäft soll vom bisherigen Finanzchef Marcus Schenck und dem für den Handel zuständigen Vorstand Garth Ritchie geleitet werden. Nach einem neuen Finanzchef werde gesucht. Schenck wird zudem mit Privatkundenchef Christian Sewing zum stellvertretenden Co-CEO aufsteigen.