Wollen Bund und Länder Fahrverbote verhhindern, müssen schnell Lösungen für die Reduktion der Diesel-Emissionen gefundenw werden. Foto: dpa

Die Landesregierung in Stuttgart macht in Sachen Nachrüstung Druck auf Bundesverkehrsministerium in Berlin. Derweil sind bei CO2-Tests weitere Diesel-Modelle durchgefallen – ein Opel Zafira und ein Smart Fortwo.

Berlin - Es gibt ihn also doch noch. Nach wochenlanger Tauchstation in Sachen Abgas-Politik ist Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gestern gleich doppelt aktiv geworden: Mit einem „Nationalem Forum Diesel“ will er eine Reduzierung der Stickoxid-Belastung durch Diesel-Pkw erreichen. Außerdem hat er auf einer Pressekonferenz jüngste Ergebnisse Testergebnisse für den CO2-Ausstoß öffentlich gemacht, bei dem zwei weitere Dieselmodelle durchgefallen sind.

Das „Nationale Forum Diesel“ ist eine etwas pompöse Chiffre, hinter der sich schlicht eine Gesprächsplattform verbirgt. Neben den zuständigen Ministerien sollen die Automobilindustrie und „Entscheidungsträger der Länder“ eingebunden werden. Der Südwesten wird hier sicher eine wichtige Rolle spielen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte zuletzt massiv gedrängt, dass der Bund in dieser Frage Führungsverantwortung übernehme, um vielen Kommunen – zum Beispiel Stuttgart – drohende Fahrverbote zu ersparen.

Für Stuttgart wird es am 19. Juli ernst

Tatsächlich drängt die Zeit. „Für Stuttgart wird es am 19. Juli ernst“, sagte Baden-Württembergs grüner Verkehrsminister Winfried Hermann unserer Zeitung. Dann nämlich wird die Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen das Land vor dem Verwaltungsgericht in Stuttgart verhandelt. „Wir brauchen bis dahin die Zusage von Bundesverkehrsminister Dobrindt oder der Bundesregierung für die Nachrüst-Lösung, damit wir großflächige Fahrverbote vermeiden können.“ Diese Nachrüst-Lösung ist im Kern zwischen der Landesregierung und der Automobil-Industrie verhandelt. Die Industrie hatte eine Nachrüstung der Diesel mit Euro-Norm 5 angeboten, die auf einem Software-Update beruht und die älteren Diesel zwar nicht ganz auf das Niveau der Werte von Euro-Norm 6 hieven könnte, aber immerhin eine rund 50-prozentige Reduzierung der heutigen Realemissionen erreichen würde. Die Kosten für eine solche Umrüstung hielten sich in Grenzen und könnten bei rund 300 Euro pro Pkw betragen. Aber die Rechnung geht nicht ohne den Bund auf. Der muss ein großes Bedenken der Industrie entkräften. Die fürchtet durch eine Umrüstung einen möglichen Verlust der Typzulassung durch das Kraftfahrzeug-Bundesamt in Flensburg. Außerdem erhofft sich die Branche ein Verzicht auf Fahrverbote.

Ob die Einrichtung des „Nationalen Forums Diesel“ schnell genug liefern kann, ist noch völlig unklar. Die erste Sitzung der neuen Runde soll erst am 2. August erfolgen. Die Reaktion der Landesregierung war gestern recht freundlich. „Es ist gut, dass die Bundesregierung in Sachen Nachrüstung von älteren Dieselfahrzeugen endlich aktiv wird“, sagte Landesverkehrsminister Winfried Hermann unserer Zeitung. Baden-Württemberg habe ein „massives Interesse daran, dass Nachrüstung schnell und wirksam gelingt“. Dafür müsse der Bund „die technischen und rechtlichen Voraussetzungen schaffen“. Und zwar in Zusammenarbeit mit Auto-Industrie und Ländern. Hermann betont, dass er „die Automobilbranche in der Herstellerverantwortung“ sieht.

Es geht um Modelle, die nicht mehr gebaut werden

Derweil sind in Deutschland zwei weitere Dieselmodelle bei Abgastests durchgefallen. Alexander Dobrindt (CSU) gab die Testergebnisse von 19 Dieselfahrzeugen bekannt, die vom Kraftfahrt-Bundesamt auf ihren Kohlendioxidausstoß untersucht worden sind. Davon entsprachen 17 Modelle den Herstellerangaben oder unterschritten sie. Ein Opel Zafira und ein Smart Fortwo stießen auf dem Prüfstand mehr C02 aus als von den Herstellern ausgewiesen. Dabei handelt es sich nach Angaben von Dobrindt um Modelle, die nicht mehr gebaut werden und in vergleichsweise kleiner Zahl zugelassen worden sind. Nach dem Bekanntwerden des Dieselskandals bei VW war von den Behörden zunächst untersucht worden, ob die Angaben der Hersteller zu den Stickoxidemissionen richtig sind. Dabei sind auch Überschreitungen bei C02-Werten aufgefallen. Aus diesem Grund ordnete Dobrindt an, die C02-Werte zu testen. Nun liegt der erste Teil der Untersuchung vor, der die Modelle umfasst, die von deutschen Herstellern stammen oder in Deutschland eine Typzulassung erhalten haben. Die Ergebnisse von zehn Fahrzeugen ausländischer Hersteller liegen noch nicht vor.

Dobrindt zeigte sich mit dem bisherigen Ergebnis zufrieden. Es habe nur eine kleine Anzahl von Verstößen gegeben. Da es beim C02-Wert keine gesetzlichen Obergrenzen für den einzelnen Fahrzeugtyp gebe, sondern es auf den Flottenverbrauch ankommt, plant Dobrindt keine Sanktionen. Beim Opel Zafira 1,6 Liter betrug die Überschreitung der Herstellerangaben neun Prozent. Bei diesem Modell müsse das Unternehmen mit einer Software zur Motorsteuerung nachbessern. Beim Modell Smart Fortwo 0,8 Liter wichen die C02-Werte um vier Prozent von den Herstellerangaben ab. Der Opel wurde rund 8000 mal verkauft, das entsprechende Smart-Modell 9000 mal. Der Verband der Automobilindustrie erklärte, die Unterschiede befänden sich im üblichen, technisch bedingten Toleranzbereich. Dass es bei verschiedenen Messungen Unterschiede bei C02-Werten gebe, habe auch mit den Bedingungen auf dem Prüfstand zu tun. Von September an sollen Fahrzeuge europaweit nicht mehr nur unter Laborbedingungen getestet werden, sondern unter realistischen Bedingungen des Straßenverkehrs.

Nur Neuwagen sollen unter die Lupe genommen werden

Dobrindt will mehr Transparenz bei den Abgaswerten schaffen. Dazu soll noch in diesem Jahr ein Testinstitut gegründet werden, das Verbrauchs- und Schadstoffmessungen vornimmt. Das Institut soll von der Autoindustrie mit zwei Millionen Euro pro Jahr finanziert werden. Die Politik, die Industrie, Verbraucherschützer und Nichtregierungsorganisationen sollen die Arbeit überwachen. Das Institut werde den Verbrauch und den Schadstoffausstoß unter realen Fahrbedingungen an jährlich 70 Modellen testen. Es sollen aber nur Neuwagen unter die Lupe genommen werden. Die Grünen bezweifeln, dass unabhängige Untersuchungen möglich sind. Es sei wenig glaubhaft, dass unter Beteiligung der Autoindustrie nach bestem Wissen und Gewissen kontrolliert wird, sagte der Grünen-Abgeordnete Oliver Krischer.