Sie schreibt, wie Österreich denkt: Die Kronen Zeitung in Wiens. Foto: picture alliance/Karl

Die Kronen Zeitung, ein nicht unumstrittenes Boulevardblatt, bestimmt in Österreich die politische Debatte. Die Politik wollte sich immer wieder Zugriff darauf verschaffen. Mit bisweilen merkwürdigen Methoden.

Wien - Unabhängig“ steht seit Jahrzehnten im Logo der „Kronen Zeitung“, des größten und mächtigsten Meinungsmediums in Österreich. „Parteiunabhängiges österreichisches Tagblatt“ nannte sich die Zeitung schon bei ihrer Wiedergründung als „Illustrierte Kronen Zeitung“ am 11. April 1959. Doch diese Unabhängigkeit war immer wieder in Gefahr. Schon kurz nach der Neugründung kaufte der SPÖ-Politiker Franz Olah, Gewerkschaftschef und später Innenminister, über einen Strohmann in Frankfurt Anteile an der Zeitung. Nach Olahs Sturz und Parteiausschluss versuchte die SPÖ dessen Anteile auf dem Gerichtsweg zu übernehmen. 1966 unterstellte ein Gericht den Verlag einem öffentlichen Verwalter, die Herausgeber Hans Dichand und Kurt Falk mussten die Redaktion verlassen. Nach 46 Stunden wurde der Gerichtsbeschluss wegen eines formalen Details aufgehoben, die beiden „Krone“-Bosse kehrten triumphierend zurück und titelten „Das Recht hat gesiegt!“.

Eine der stärksten Zeitungen der Welt

Die „Kronen Zeitung“ wurde bereits in den 60er Jahren Nummer eins unter Österreichs Tageszeitungen. Die Auflage stieg bis 1969 auf mehr als 500 000 Exemplare, 1980 betrug sie eine Million. Mit knapp drei Millionen Lesern bei einer Bevölkerungszahl von etwa acht Millionen ist das Blatt heute eine der stärksten und einflussreichsten Zeitungen der Welt. Entsprechend zahlreich waren die Versuche der Politik, sie zu kontrollieren. Der Spielkartenproduzent Ludwig Piatnik versuchte 1970, mit seinem Parteifreund und langjährigen ÖVP-Abgeordneten Leopold Helbich das Blatt zu übernehmen. Sie wollten sich die Anteile des mittlerweile wegen Unterschlagung verurteilten SPÖ-Politikers Olah sichern. Der war bereit, seine Anteile abzutreten. Doch „Krone“-Boss Falk brachte Olah in zähen Verhandlungen dazu, seine Absicht zu widerrufen. Das darauf folgende Gewirr von Klagen und Gegenklagen endete letztlich mit einem großen Vergleich.

Kurt Falk verkaufte seine „Krone“-Anteile 1987 an die Essener WAZ-Grupppe (heute Funke-Mediengruppe). Unter ihrer Regie legten die „Krone“ und der Konkurrent „Kurier“ ihre Verlage zusammen. Doch der knappe Mehrheitseigentümer des Kuriers, der ÖVP-nahe Raiffeisen-Konzern, wollte mehr. Der damalige Raiffeisen-Boss Christian Konrad zeigte offen Interesse an der „Krone“. Um die drohende Übernahme zu verhindern, traf sich im Sommer 2010, wenige Tage nach dem Tod von „Krone“-Gründer Hans Dichand, eine illustre Runde in Wien: Werner Faymann, Kanzler und SPÖ-Chef, Josef Ostermayer, Medienstaatssekretär, Faymanns ehemaliger Pressesprecher Wolfgang Jansky, der 2004 die Gratiszeitung „Heute“ gegründet hatte, und der Steuerberater Günther Havranek. Sie leiten bis heute jene Stiftung, die eine Mehrheit an dem Gratisblatt „Heute“ hält. Dichands Schwiegertochter Eva ist dort Herausgeberin und über eine weitere Stiftung beteiligt. Man wollte einen Einstieg Raiffeisens bei der „Krone“ verhindern und dafür SPÖ-nahe Verlage an der lukrativen Boulevardzeitung beteiligen.

Ein Immobilienmogul mit im Boot

Doch weder Raiffeisen noch rote Verlage kamen zum Zug – die „Krone“ bleibt bei den Eigentümern Dichand und Funke. Ihnen gehörte sie auch im Sommer 2017, als FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auf Ibiza von der völligen Kontrolle einer (vermeintlich) russischen Oligarchin über die Zeitung träumte, dort drei, vier Leute rauswerfen und drei, vier andere ans Ruder bringen wollte.

2018 holte Funke dann einen neuen Investor an Bord seiner Medienbeteiligungen in Österreich: Immobilienmilliardär René Benko. Dem wird ein sehr guter Draht zu Kanzler Sebastian Kurz nachgesagt. Falls Benko Kurz mehr Einfluss auf die „Krone“ sichern sollte, ging das zunächst schief: Die kleinformatige Zeitung berichtete danach eher kritisch über den alerten Bundeskanzler.