Im Mai haben Winfried Kretschmann (links) und Thomas Strobl auf die Koalition angestoßen. Auch Oliver Hildenbrand (Mitte) freute sich. Jetzt mussten Irritationen beseitigt werden. Foto: dpa

Die atmosphärische Störung in der grün-schwarzen Koalition gilt nach einem Spitzentreffen als beseitigt. Doch inhaltlich birgt das Thema Abschiebungen unverändert Brisanz.

Stuttgart - „Weihnachtsfrieden“, lautet der knappe offizielle Kommentar von Innenminister Thomas Strobl (CDU) zum aktuellen Zustand der grün-schwarzen Koalition nach einem Treffen der Spitzen beider Partner. Im Koalitionsausschuss habe man am Dienstagmorgen atmosphärische Fragen beredet, berichtete Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Man habe sich für einen maßvollen Umgang ausgesprochen. In jüngster Vergangenheit war die Atmosphäre zwischen den Koalitionären ziemlich unterkühlt gewesen.

Strobl zeigt sich zufrieden

Jetzt sei das Verhältnis wieder besser, findet die CDU, die Grünen hätten Schritte auf den Koalitionspartner zu gemacht. Besonders der Grünen-Landesvorsitzende Oliver Hildenbrand hat sich bewegt. „Er hat seine scharfen Formulierungen zurückgenommen und seinem Bedauern Ausdruck gegeben“, sagte Strobl am Rande einer Pressekonferenz. Das sei in Ordnung, vor allem sei deutlich geworden, dass ähnliches nicht wieder passiere. Strobl hatte eine Entschuldigung von dem Grünen gefordert. Hildenbrand hatte bereits im November im Zusammenhang mit der Abschiebung kranker und gebrechlicher Menschen gesagt, Strobl sei „offensichtlich keine Forderung zu schäbig“ um sich vor dem CDU-Bundesparteitag als Hardliner zu profilieren. Bei der Sammelabschiebung von abgelehnten Asylbewerbern nach Afghanistan vor einer Woche sprach Hildenbrand von einem „humanitären Offenbarungseid“. Das nahm der stellvertretende Ministerpräsident nicht hin.

Hildenbrand bedauert

Nun hat Hildenbrand im Koalitionsausschuss eine SMS verlesen, die er Strobl bereits zuvor geschickt hatte. Darin betont der Parteichef der Grünen, ihm sei „an einer guten Zusammenarbeit innerhalb der Koalition sehr gelegen“. Deshalb wolle er „klarstellen, dass die Intension meiner Äußerungen der jüngsten Zeit in keinem Fall ein persönlicher Angriff oder gar eine persönliche Beleidigung war“. Sollte bei Thomas Strobl dieser Eindruck entstanden sein, bedaure er das. „Das Wort schäbig scheint mir aus heutiger Sicht zu scharf formuliert“, räumt Hildenbrand ein, „auch wenn die inhaltliche Kritik an der damals so bezeichneten Forderung voll bestehen bleibt.“ Bedauern sei so viel wie entschuldigen, findet der CDU-Generalsekretär Manuel Hagel. Die atmosphärische Störung sei bereinigt, heißt es aus Parteikreisen von Grünen wie von CDU.

Wie weit der Frieden reicht, ist offen

Wie weit der Frieden reicht, ist allerdings noch offen. Der Wunsch der Grünen, nach einem inhaltlichen Austausch ist bei dem Spitzentreffen nicht erfüllt worden. Sie würden gerne die Leitlinien zur Abschiebung mit Blick auf Afghanistan präzisieren. Strobl und die CDU sehen eigentlich keinen Gesprächsbedarf. „Wir sind inhaltlich klar und regierungsseitig sehr einig“, betonte Strobl. „Wir halten uns an Recht und Gesetz und vollziehen das mit Konsequenz“. Die Lagebeurteilung sei Sache des SPD-geführten Auswärtigen Amts. Strobl verwies auch darauf, dass die EU ein Rückführungsabkommen mit Afghanistan habe. Auch würden tausende Afghanen freiwillig zurückkehren.

Von grüner Seite stellt beispielsweise der Regierungssprecher klar, „schieben wir ab oder nicht, ist nicht die Frage“. Allerdings geht man im Staatsministerium und in der grünen Partei davon aus, dass sich die Koalition noch einmal darüber unterhält, nach welchen Leitlinien abgeschoben wird. Ministerpräsident Kretschmann hätte das am liebsten noch vor Weihnachten gehabt. Darauf ging die CDU nicht ein. Auch wenn Strobl keinen Besprechungsbedarf hat, zeigt er sich doch versöhnlich. „Dann machen wir das im Neuen Jahr“. Damit gibt sich auch die grüne Seite zufrieden. An anhaltendem Streit sei niemandem gelegen, beteuern die Koalitionäre wechselseitig. Der kann an den Inhalten dennoch wieder aufbrechen.