Mit der jüngsten Startelf seiner Geschichte hat der VfB mit 4:2 gegen Hannover 96 gewonnen. Die Talente weisen den Weg in eine erfolgreiche Zukunft.
Stuttgart - Als die drei Punkte unter Dach und Fach waren, musste beides raus: die Erleichterung nach schweren Wochen – und die Freude über ein in Stuttgart selten gewordenes Fußball-Erlebnis. Die Spieler ließen sich nach dem 4:2 gegen Hannover in der Kurve feiern wie nach dem Gewinn der deutschen Meisterschaft, die Fans klatschten sich die Hände wund, und drinnen war Thomas Schneider zum Scherzen aufgelegt. Wie er unter der Woche den Systemwechsel (von 4-2-3-1 auf 4-4-2) und die Verjüngungskur für die Mannschaft ausgeheckt habe, wurde der Trainer gefragt. „Ich bin am Samstag aufgewacht, hatte elf Namen im Kopf und habe gesagt: So spielen wir“, sagte Schneider und lachte schallend.
Ganz so einfach war es natürlich nicht, im Gegenteil: Nach nur einem Sieg aus den vergangenen sieben Spielen war der VfB mit dem Rücken zur Wand gestanden – und Schneider schon gehörig unter Druck. Es war seine erste harte Prüfung als Profitrainer. Er hat sie bestanden, indem er die Flucht nach vorn antrat. Mit Talenten wie Moritz Leitner (seit Sonntag 21) und Rani Khedira (19) auf der Doppel-Sechs, mit Timo Werner (17) im Angriff und mit Antonio Rüdiger (20) in der Innenverteidigung, die den Altersschnitt auf 22,8 Jahre senkten. Dafür fanden sich William Kvist, Georg Niedermeier und Alexandru Maxim auf der Ersatzbank wieder, Christian Gentner musste wegen Kniebeschwerden kurzfristig ganz passen.
Eingebunden in ein Stützkorsett erfahrener Spieler taten die Jungspunde genau das, was dem VfB zuletzt abgegangen war: Sie nahmen ihr Herz in die Hand. Endlich präsentierte sich der VfB wieder jung und wild. „Für uns war das die bestmögliche Aufstellung. Ich sehe die Jungs die ganze Woche im Training, deshalb war es kein Risiko, sie spielen zu lassen“, sagte Schneider.
Hätte Hannover nicht nach der Pause den Spielbetrieb eingestellt, hätte die Sache auch schiefgehen können. Das wäre schade gewesen, aber kein Beinbruch – weil dem Nachwuchs zwar die Erfahrung fehlt, aber nicht das Talent und die Perspektive. „Auch junge Hüpfer können erfolgreich sein“, sagte Khedira. „Wir wollten jedem zeigen, dass wir es können“, ergänzte Leitner.
Das war der Sinn der Übung. Ob sie über den Tag hinaus Bestand hat, liegt allein am Trainer. Schneider hat die Wahl. Zwischen jung und unverbraucht auf der einen, erfahren und vorbelastet auf der anderen Seite. Risiken birgt beides, wobei die Talente als Versprechen auf die Zukunft auf größere Nachsicht hoffen dürfen. Im Spiel beim VfL Wolfsburg drängt am Samstag wohl Christian Gentner wieder in die Startelf, auch Georg Niedermeier und William Kvist stehen parat. „Wie ich gegen Wolfsburg aufstelle, überlege ich noch“, sagte Schneider, „die Jungs dürfen Fehler machen, es geht aber um die Art und Weise, wie sie auftreten. Gegen Hannover haben wir das eine oder andere Zeichen gesetzt.“ Und das war mindestens so wertvoll wie die drei Punkte.