Degerloch belegt ein ums andere Mal den Spitzenplatz bei der Wahlbeteiligung in ganz Stuttgart – mit 86,1 Prozent. Foto: Mauritius

Betrachtet man die Ergebnisse der Bundestagswahl auf der Stadtteilebene in Stuttgart, ergeben sich teilweise Trends abseits des Stadtschnitts. Dies trifft zum Beispiel auf den Birkacher Stadtteil Schönberg zu. Hier liefern wir einen Überblick.

Filder - Schönberg ist eine FDP-Hochburg in Stuttgart. Das zeigt die Bundestagswahl. Hatten stadtweit 16,4 Prozent den Liberalen ihre Stimme gegeben, toppte die Partei diesen Wert in Birkachs Stadtteil noch einmal deutlich. 27,1 Prozent der Schönberger haben FDP gewählt, zeigt die Stadtteil-Statistik. „Ich habe mir schon gedacht, dass wir gut abschneiden“, sagt Alexander Brecht. „Aber mit 27,1 Prozent hätte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet.“ Er ist der Noch-Vorsitzende der FDP-Stadtgruppe Plieningen-Birkach. Weil er vor Kurzem nach Feuerbach gezogen ist, will er das Amt abgeben. Doch auch wenn sich Brecht für den Abschied entschieden hat, so habe er im Wahlkampf doch viel Zeit am Parteistand verbracht. Da habe die FDP viel Zuspruch erfahren, erzählt er. In den Plieninger Stadtteilen fuhren die Liberalen indes Ergebnisse ein, die eher im Stadtschnitt liegen. „Der Bezirk Plieningen war schon immer nicht so stark für die FDP“, sagt Brecht. Im Gegensatz zu Birkach – und vor allem zu Schönberg.

SPD hat sich in Birkach und Plieningen auf Potenzialgebiete konzentriert

Schönberg sticht noch wegen eines anderen Ergebnisses ins Auge. Die SPD kommt in dem Stadtteil auf gerade einmal 8,6 Prozent. „Das in Schönberg nicht unbedingt die SPD-Klientel wohnt, ist nicht verwunderlich“, sagt Joachim Schlette, der Vorsitzende des Ortsvereins Birkach/Plieningen. Der Ortsverein habe sich im Wahlkampf auf Gebiete konzentriert, die Schlette als „Potenzialbezirke“ bezeichnet. „Aber nicht, dass da jetzt so ein Zungenschlag reinkommt: Schönberg sei uns völlig egal“, sagt er. „Aber der Ortsverein muss seine Kräfte bündeln.“ Ein aus SPD-Sicht erfreulicheres Bild liefert der Asemwald, dort kamen die Sozialdemokraten auf 20 Prozent. „Da haben wir uns auch stärker engagiert“, sagt Schlette.

Der Asemwald hat nicht nur fleißig die SPD gewählt, sondern auch die CDU. Dort kommen die Christdemokraten auf 33,1 Prozent. Noch mehr, nämlich 36,6 Prozent, sind es in Schönberg. „Wir sind darüber natürlich glücklich“, sagt Benjamin Völkel, der Vorsitzende der CDU-Bezirksgruppe Plieningen-Birkach. Stadtweit könne die CDU jedoch nicht zufrieden sein mit dem Minus gegenüber der Wahl 2013. Ohne den Direktkandidaten Stefan Kaufmann, der auf fast jedem Vereinsfest auf der Bierbank gesessen habe, „hätten wir den Wahlkreis Süd verloren“, sagt Völkel.

AfD: gutes Ergebnis im Asemwald, schlechtes auf der Waldau

Für die AfD stellt Wolfgang Röll fest: „Wir sind da stark, wo die Menschen die Probleme wahrnehmen.“ Welche Probleme im Asemwald besonders virulent sein könnten, weil es die AfD dort auf 11,6 Prozent gebracht hat, vermag der Wahlkampfleiter des Direktkandidaten Dirk Spaniel nicht zu sagen. Vielleicht auch deshalb, weil er selbst ortsfremd ist. Doch der AfD mangelt es an lokalen Stimmen. Der Aufbau von Bezirksgruppen verläuft schleppend. „Solange unsere Partei noch angefeindet wird, ist es schwierig, Gesichter zu finden, die für uns nach außen hin auftreten“, sagt Röll. Im Degerlocher Stadtteil Waldau kann die AfD nicht zufrieden sein, dort hat sie nur 4,8 Prozent geholt. Röll erklärt sich das mit dem „gut situierten Bürgertum“, das dort lebe, darunter seien selten AfD-Anhänger.

Zufrieden klingen die Grünen in Sillenbuch. Wobei sich innerhalb des Bezirks Unterschiede auftun. Während die Grünen im Stadtteil Sillenbuch mit 21,9 Prozent ein gutes Ergebnis erzielt haben, liegt Heumaden mit 15,6 Prozent deutlich dahinter. „Das ist keine Überraschung“, sagt Susanne Rehm, Vorsitzende des Ortsverbands. Auch deshalb seien die Mitglieder beim Wahlkampf in Heumaden auf fast jedem Wochenmarkt mit einem Stand vertreten gewesen. „Das war natürlich einerseits Strategie“, sagt Rehm. Andererseits seien die Mitglieder in Heumaden sehr rührig gewesen. Damit die Heumadener Ergebnisse irgendwann an die Sillenbucher heranreichen, wolle sich der Ortsverband künftig verstärkt um Belange der Heumadener, aber auch der Riedenberger kümmern.

Stuttgart-Degerloch ist Spitzenreiter bei der Wahlbeteiligung

Sebastian Exner, Sprecher des Ortsverbands Filder der Linken, bewertet die Ergebnisse seiner Partei auf der Filderebene als Erfolg. „Die Filder hatten eigentlich immer den Ruf, konservativ zu sein. Das ändert sich jetzt, glaube ich“, sagt er. „Wir waren überall über fünf Prozent.“ Außer in Schönberg, dort reichte es nur für vier Prozent. „Gut, Schönberg ist eine spezielle Gegend“, sagt Exner. „Das Thema soziale Gerechtigkeit betrifft dort weniger Menschen im Alltag als in anderen Ecken Stuttgarts.“

Wie bereits bei vergangenen Wahlen zeigt sich auch diesmal, dass die Bewohner der Filderebene die Wahllokale überdurchschnittlich frequentierten. In allen Filderbezirken waren über 81 Prozent der Wahlberechtigten an der Urne. Im Stuttgart-Schnitt waren es 79,4. Spitzenreiter ist ein ums andere Mal Degerloch mit einer Wahlbeteiligung von 86,1 Prozent. „Ganz Degerloch war in Bewegung“, sagt die Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold. Sie habe am Sonntag Wahllokale vor Ort besucht und das rege Treiben beobachtet. „Das ist ein tolles Fundament für ein Miteinander.“