AOK-Geschäftsführer Christian Kratzke spricht über Fehler der Vergangenheit und Zukunftsszenarien. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Bis in fünf Jahren geht ein Drittel aller Hausärzte in Stuttgart in den Ruhestand. Experten warnen vor einem bevorstehenden Mangel in der hausärztlichen Versorgung. Heute: AOK-Geschäftsführer Christian Kratzke über Fehler der Vergangenheit und Zukunftsszenarien.

Herr Kratzke, machen Sie sich Sorgen um die Stuttgarter Patienten, wenn ein Drittel der Hausärzte in den Ruhestand geht?
Das nicht. Aber es ist wichtig, dass wir heute darüber reden. Wenn wir jetzt nichts machen, könnte es in fünf Jahren plötzlich dringend werden.
Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer sieht bisher kaum Handlungsbedarf. Ein Fehler?
Wenn insbesondere die Bundespolitik die Gelegenheit nicht nutzt, um heute über sinnvolle Maßnahmen nachzudenken, dann werden wir in die Bredouille kommen. Aber es ist ja nur ein Teilaspekt der Problematik, dass ein Drittel aller Hausärzte in Stuttgart in diesem Jahr ihr 60. Lebensjahr vollenden und keine Nachfolger ante portas stehen.
Wir dachten, das sei das Hauptproblem.
Irrtum. Es gibt verschiedene Aspekte, die diese Ausgangslage verschärfen.
Zum Beispiel?
Dass wir immer älter werden.
Was hat das mit der medizinischen Versorgung zu tun?
Diese Menschen werden immer häufiger zum Arzt gehen. Aber das ist immer noch nicht alles.
Okay, es kommt also noch drastischer.
Ja, der Medizin gelingt es immer besser, uns trotz verschiedener Krankheiten länger am Leben zu halten. Früher hatten wir ab einem gewissen Alter eine oder zwei Krankheiten. Heute sind es oft fünf oder sechs. Bedeutet: Ich nehme künftig die Fachärzte, aber auch den Hausarzt noch mehr in Anspruch. Wir müssen uns also jetzt schon fragen, wie das funktionieren soll.