Zeugen etruskischen Wohlstands: Goldfibel mit Schimäre Foto: Badisches Landesmuseum Karlsruhe

Die Etrusker-Ausstellung im Badischen Landesmuseum Karlsruhe entführt in die Welt des geheimnisumwobenen antiken Volks. Dank herausragender Leihgaben aus Italien gibt es so manchen Schatz zu entdecken.

Karlsruhe - Vieles an ihnen war fremdartig und rätselhaft, irgendwie nicht recht greifbar. Schon ihre Herkunft verliert sich im Dunkel der Geschichte. Auch durch ihre vorindoeuropäische Sprache und die ganz andersartige Schrift hoben sie sich geheimnisvoll von den mediterranen Völkern der Antike ab. Der griechische Historiker Dionysios von Halikarnassos beschrieb sie als „uraltes, von allen anderen sich unterscheidendes Volk“. Sie selbst nannten sich Rasenna oder Rasna, für die Griechen waren sie die Tyrrhener. Die Römer aber gaben ihnen den Namen, der uns heute geläufig ist: Etrusker.

Neue Forschungen zur Geschichte der Etrusker und der hochkarätige Bestand an Objekten zu ihrer Kultur im Landesmuseum Karlsruhe lieferten die Argumente für die anspruchsvolle Ausstellung im Badischen Landesmuseum Karlsruhe. Die in vieler Hinsicht glänzend gelungene Schau im Karlsruher Schloss – das erste sichtbare Ergebnis einer Kooperationsvereinbarung zwischen den für Kultur zuständigen Ministerien in Rom und Stuttgart – verdankt sich womöglich einer schönen Geste. 2014, im Jahr nach der großen „Mithras“-Ausstellung im Landesmuseum mit zahlreichen Leihgaben aus italienischen Museen, gab das Museum das Fragment eines Kultreliefs, das vor Jahrzehnten unrechtmäßig aus Italien ausgeführt worden war, in den Handel gelangte und vom Landesmuseum in Unkenntnis der Vorgeschichte rechtmäßig erworben wurde, an die legitimen Eigentümer in Italien zurück. War der Vorgang für die Kooperationsvereinbarung auch an sich kein Türöffner, so dürfte er der Zusammenarbeit zumindest doch förderlich gewesen sein.

Nicht allein stammen die allermeisten Leihgaben aus renommierten archäologischen Institutionen in Italien. Auch bei der fachlichen Konzeption und Ausführung waren italienische Museen und Denkmalämter maßgeblich beteiligt. Multimedial entfaltet die Schau ein Panorama der frühesten Hochkultur Italiens in der Epoche vom 9. bis zum 1. Jahrhundert v. Chr. – in einem nachgerade buchstäblichen Sinn, wenn sie den Besucher gleich zu Beginn szenografisch mit wandfüllenden Landschaftsaufnahmen mitten in die mit fruchtbaren Böden vulkanischen Ursprungs und Bodenschätzen reich gesegnete hügelige toskanische Landschaft stellt. Die bildete die natürliche Grundlage für den schon in der Antike legendären Reichtum der Etrusker, die sich aus bäuerlichen Verhältnissen im 9. Jahrhundert, der sogenannten Villanova-Zeit, zu einer sozial ausdifferenzierten städtischen Zivilisation entwickelten.

Stark zu Lande und zur See

Zwischen den früheisenzeitlichen Anfängen und der Zeit der Stadtstaaten lag eine Phase wirtschaftlicher Prosperität, in der sich eine soziale Elite herausbildete. Der einzigartige wirtschaftliche Aufschwung in der sogenannten Fürstenzeit verdankte sich insbesondere der Geschicklichkeit der Etrusker in der Gewinnung von Bodenschätzen und einer wahren Meisterschaft in deren Verarbeitung. In der Metallurgie und im Kunsthandwerk mit Metallen stellten sie selbst die Griechen und Phönizier in den Schatten. Die Ausstellung bietet eine Reihe kunsthandwerklicher Erzeugnisse auf höchstem Niveau, etwa eine frühe Urne aus Bronzeblech mit Deckelhelm aus dem 9. Jahrhundert, das älteste Stück der Schau, und filigran gearbeitete Fibeln, Schmuckstücke oder Zierobjekte aus Gold.

Ausgeführte hochwertige etruskische Bucchero-Keramik sowie Erzeugnisse der Bronze- und Goldschmiedekunst machten die Etrusker reich. Für die weitreichenden Handelsbeziehungen – auch mit Iberern und Kelten – war ihre Geschicklichkeit in der Seefahrt von Nutzen. „Sie sind stark zu Lande, aber ganz stark zur See“, schrieb Livius. Zum schwunghaften Handel mit materiellen Waren gesellte sich der Import geistiger Güter: Von den Griechen übernahmen die Etrusker Bildung und Kultur. Das belegen Theateraufführungen und sportliche Wettkämpfe zu Ehren des Gottes Veltune im etruskischen Bundesheiligtum, dem Fanum Voltumnae.

Prassen im Jenseits

Die Etrusker verehrten zahlreiche Götter und galten als sehr religiös. Aus Blitzen, Vogelflug und tierischen Eingeweiden lasen sie die Zukunft. In der patriarchalischen etruskischen Gesellschaft besaßen Frauen eine geachtete Stellung; als „äußerst trinkfest und sehr schön“ beschrieb sie Athenaios. Bei den Griechen undenkbar, durften sie an Banketten teilnehmen. Ihre üppigen Gastmahle gedachten die Etrusker offenbar auch im Jenseits fortzusetzen, wie hausförmige Grabstätten mit Bankettszenen an den Wänden und Grabbeigaben wie Bratspieße und Küchenutensilien anzudeuten scheinen.

Einst waren die Etrusker die Herren Roms gewesen; mit dem Aufstieg der Ewigen Stadt kehrten sich die Machtverhältnisse allmählich um. Zur Zeitenwende war Etrurien längst in den römischen Herrschaftsbereich eingegliedert. Die Hochachtung der Römer vor dem Nachbarvolk aber hatte sich erhalten, wie verschiedene von den Etruskern übernommene Traditionen dokumentieren – nicht nur ihr Bürgergewand, die Toga, hatten die Römer einst von dem etruskischen Vorbild, der Tebenna, abgeschaut. Bis 17. Juni, Schloss, Karlsruhe, Di bis So 10–18 Uhr.