Rutschvergnügen wird es 2020 im Mineralfreibad nicht geben. Das Bad wird stattdessen nun winterfest gemacht. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Der Zweckverband hat am Dienstagabend entschieden, dass es keine Badesaison 2020 geben wird. Die Partnerkommunen waren sich in dieser Entscheidung jedoch nicht einig. Eventuell könnte das Freibad aber noch eine Zukunft als Parkanlage haben.

Oberstenfeld/Beilstein - Wenn es ein Schlagwort gibt, das während den Diskussionen zur Öffnung des Mineralfreibads am häufigsten gefallen ist, dann war das „Mut“. Uneinig waren sich die Räte von Beilstein und Oberstenfeld aber darin, was nun genau die mutige Entscheidung ist. Und diese Uneinigkeit blieb bis zuletzt, als in der Zweckverbandssitzung schließlich keine einzige Stimme mehr gültig war: Der Antrag zur Öffnung des Bades war mit diesem Abstimmungsergebnis abgelehnt. Eine Diskussion über mögliche Varianten der Öffnung mit Corona-Vorschriften und drei Preismodellen (wir berichteten) war dadurch nicht mehr notwendig.

Seinen Anfang hatte die emotionale Diskussion bereits um 18 Uhr, als in den Gemeinderäten der Nachbarkommunen parallel diskutiert wurde. „Die Debatte war sachlich und gut“, so der Beilsteiner Bürgermeister Patrick Holl. Dabei war die Stimmung schnell in Richtung Öffnung geschlagen. „Ein Argument war, dass die Schließung auch hohe Kosten verursacht, ohne dass jemand profitiert“, so Holl. Der Abmangel liegt hier bei gut 700 000 Euro. Auch die Tatsache, dass es bereits viele Einschränkungen gibt und der Wunsch nach etwas Abwechslung groß ist, fiel ins Gewicht: „Und ein Wetterrisiko haben wir ja auch jedes Jahr.“ Die Bürgerliste hatte bereits im Vorfeld per Pressemitteilung erklärt, mit Blick auf die Finanzlage nicht für die Öffnung des Bades zu votieren: „Dazu kommt die Verunsicherung, die treue Badbesucher davon abhalten wird, ins Bad zu gehen. Nicht viele werden für einen kurzen Aufenthalt den Aufwand der Onlinebuchung und höhere Kosten tragen.“ Das überzeugte die Miträte jedoch nicht, die sich schließlich mit 15 zu 4 Stimmen für die Öffnung aussprachen.

Die Ernüchterung trat schließlich beim Eintreffen im Oberstenfelder Bürgerhaus rasch ein. Hier hatte das Gremium sich nämlich für die Schließung entschieden, wenn auch mit einem knappen Ergebnis von 10 zu 9 Stimmen. Eine Enttäuschung für Bürgermeister Markus Kleemann, der stark für die Öffnung plädiert hatte: „Es geht um mehr als die Kosten. Das Freibad ist unser Freizeitparadies, das von allen Generationen genutzt wird.“ Zumal ein tragfähiges Konzept erarbeitet sei. Dabei fand er in den Reihen der Ratsmitglieder auch Unterstützung. „Viele Familien ohne Gärten und Urlaubspläne warten schon sehnsüchtig“, betonte Ursula Keppler (CDU). Diesen Bürgern sollte zumindest etwas Abwechslung geboten werden, schloss sich auch Rolf Lutz (SPD) an: „Es geht auch um mehr als bloße Freizeit, das Freibad dient ja auch dem Sport und der Gesundheit.“

Christina Nesper-Joza (CDU) gab auch zu bedenken, dass es in einigen Wochen weitere Lockerungen geben könnte, „und dann haben wir die Chance vertan“. Schließlich habe es auch zuerst geheißen, dass die Schulen nicht vor den Ferien öffnen, gab Ulrike Kemmer (SPD), die zugleich Leiterin der Lichtenbergschule ist, ein konkretes Beispiel: „Und jetzt fällt bald die Abstandsregelung für Kinder.“

„Wir sollten jetzt mutig sein für die Bürger“, wandte sich Markus Kleemann an das Gremium. Ein Appell, der sich schnell ins Gegenteil wandelte. „Mut ist es auch, mal ‚Nein’ zu sagen“, so Anette Kori (FW) hierzu. Die Kalkulation mit 95  Prozent Auslastung sei hoch, das Defizit falle also wohl noch höher aus, als in der Vorlage beschrieben. Die bewege sich bei Öffnung im Bereich von 760 000 bis 970 000 Euro. Und dadurch, dass Attraktionen wie das Kinderbecken nicht öffnen können, „nimmt auch die Attraktivität ab und der Frust steigt“, pflichtete Fraktionskollege Andreas Fender bei. Vor allem wenn etwa ein Online-Ticket gebucht war und dann wegen Gewitter nach kurzer Zeit schon der Badespaß beendet wird. Zudem fielen auch Zusatzkosten für mehr Personal und den erhöhten Reinigungsbedarf an. Oliver Beck (CDU) fasste das kurz zusammen: „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.“

Dieses „Ende mit Schrecken“ ereilte dann schließlich im Zweckverband einige Räte. Doch vor der Abstimmung kam es noch zu massiver Kritik. Zum einen hatte Bürgermeister Markus Kleemann noch während der Diskussion das Ergebnis aus Beilstein verkündet und um Einheit mit den Nachbarn gebeten: „Was wäre das für ein Bild, wenn wir Kontra entscheiden.“ Das sorgte für Missmut in Beilstein, die das Abstimmungsergebnis auf diese Weise beeinflusst sahen, wie auch direkt in Oberstenfeld, was der Rat Gert Friedrich (CDU) abmahnte: „Wir sind nicht in China und müssen nicht wie Beilstein abstimmen.“ Eine Situation, die Hanns-Otto Oechsle (SPD) als „traurig“ ansah: „Ich bin 34 Jahre im Zweckverband und wir haben bisher alles gemeinsam geschafft.“

Weiterer Frust kam dadurch auf, dass das Abstimmungsergebnis durch die Mehrheit von Oberstenfeld im Verband feststand. „Der kleinere Partner zieht so immer den Kürzeren“, mahnte Oechsle (SPD). Er regte an, einmal zu prüfen, ob für den Verband keine andere Möglichkeit als die Mandatierung in Frage käme und enthielt sich. „Die Gemeinde macht viel, aber keine Gesetze“, so Kleemann. Auch Oliver Kämpf (Bürgerliste) schloss sich dem an, „denn eigentlich gibt es schon mehr Pro-Stimmen im Gesamten“. Er stimmte nicht im Block mit Beilstein.

Für die Abstimmung am Dienstagabend galten aber die bekannten Regeln. Durch Uneinheitlichkeit sorgten beide Kommunen schließlich dafür, dass alle Stimmen ungültig sind. Für die beiden Bürgermeister Holl und Kleemann ist die Geschichte damit aber noch nicht erledigt, so Holl: „Die Aufarbeitung der Situation wird notwendig sein.“ Und auch für das Freibad könnte es weitergehen. Der Beilsteiner Stefan Kleinbach (FWV) regte nämlich an, das Bad als Park zu öffnen: „Die Grünflächen sind ja trotzdem auch schön.“ Das soll nun gegebenenfalls geprüft werden.

Was ist eine Mandatierung?

Das Mineralfreibad Oberes Bottwartal wird mittels eines Zweckverbands der Kommunen Beilstein (8 Sitze) und Oberstenfeld (10 Sitze) organisiert. Die Räte im Gremium werden im Vorfeld durch den Gesamtgemeinderat mit einer Mandatierung versehen, die vorgibt, wie in der Verbandsversammlung  abgestimmt werden soll. Es ist rechtlich verankert, dass die einzelnen Verbandsmitglieder je einheitlich abstimmen müssen, damit ihre Stimmen auch gültig sind. Hält sich nun ein Rat nicht an die Mandatierung seiner Ratskollegen, gelten alle Stimmen seiner Kommune als ungültig. Das ist auch bei der Enthaltung eines Mitglieds so.  Tritt abschließend eine Stimmengleichheit auf – was auch der Fall ist, wenn wie in der Frage nach der Freibadöffnung sämtliche   Stimmen ungültig sind – gilt der Antrag, über den zu entscheiden war, als abgelehnt. 

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