Vor der Kamera können sie sich nicht mehr als Teenager ausgeben: v. li. Oliver Rohrbeck (spricht Justus Jonas), Jens Wawrczeck (Peter) und Andreas Fröhlich (Bob), die Sprecher der Hörspielreihe „Die drei Fragezeichen“ Foto: dpa/Jan Steinhaus

Kein anderes Ohrenabenteuer reicht in Sachen Beliebtheit an „Die drei ???“ heran. Die Serie um drei Junior-Detektive aus Rocky Beach läuft seit 40 Jahren. Ihre Sprecher sind heute bereits Mitte 50. Die Figuren hingegen altern nicht. Kann man für immer 17 sein?

Hamburg - Die Orgelmusik in Moll dröhnt immer lauter und bedrohlicher eine Trauermelodie. In den Stimmen von Peter und Bob wächst die Panik, sie sitzen wohl in der Falle. „Da hinten! Es ist blau.“ - „D-d-das blaue Phantom!“ - „Mir wird kalt, Bob. Was ist das? Da kommt jemand, Bob.“ Viele Tausend Hörspielfans in Deutschland können solche Dialoge aus „Die drei ???“ auswendig nachbeten. Oft hört man die Abenteuer zum Einschlafen. Das ist wohl einer der Gründe dafür, dass es sich hier um die erfolgreichste Hörspielreihe der Welt handelt. Am Samstag, den 12. Oktober 2019, ist es 40 Jahre her, dass die erste Folge „Der Super-Papagei“ erschien.

Seitdem haben Millionen Kinder den Abenteuern der Teenager Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews gelauscht. Viele von ihnen sind den Junior-Detektiven aus Rocky Beach auch im Erwachsenenalter treu geblieben. Was die Reihe besonders macht: Die Sprecher des Trios sind seit 1979 dieselben.

Stimmtraining gleicht das Altern aus

„Natürlich: Wenn man die ersten Folgen hört, klingen wir wirklich inzwischen wie unsere Väter“, sagte Jens Wawrczeck (er spielt Peter Shaw) kürzlich anlässlich der Premiere von „Feuriges Auge“, der 200. Folge. „Aber wir haben diese wirklich sehr unterschiedlichen Stimmen. Und die haben sich dann eigentlich in diesem Verhältnis nicht verändert. Darum funktioniert die Dynamik immer noch.“

Andreas Fröhlich (Bob Andrews) ergänzt: „Bei den „Drei ???“ wird eigentlich mittlerweile gar nicht mehr genannt, wie alt sie in Wirklichkeit sind. Aber wir gehen davon aus, dass sie so um die 19, 20 Jahre alt sind.“ Ihre Sprecher sind inzwischen Mitte 50. Stimmtraining machte ihren Alterungsprozess zu großen Teilen wett.

Der funkige Jazz verschwand

Schlauberger Justus, Angsthase Peter und Bücherwurm Bob: Was haben die Ermittler mit Visitenkarte und Chauffeur nicht alles erlebt? Eine flüsternde Mumie. Ein jaulendes Bergmonster. Einen grünen Geist. Einen Ameisenmenschen. Und das sind bloß Beispiele aus den ersten 40 Folgen, die bis heute als Klassiker-Kanon gelten - auch weil man sie mit etwas Glück in alten Auflagen mit legendärer Musik findet. Der funkige Jazz von Carsten Bohn verschwand nach einem Rechtsstreit.

Alle drei Sprecher haben auch außerhalb Rocky Beach Karriere gemacht. Kinozuschauer kennen die markante Synchronstimme von Oliver Rohrbeck (Justus Jonas) unter anderem aus der Komödie „Bohemian Rhapsody“ (als Mike Myers) und der Trickfilmreihe „Ich – Einfach unverbesserlich“ (Gru). Andreas Fröhlich ist die deutsche Stimme der US-Weltstars Edward Norton und John Cusack. Er sprach aber auch das Wesen „Gollum“ in Peter Jacksons Filmepos „Herr der Ringe“. Wawrczeck ist in vielen Hörspielen zu hören, etwa als Fuchs in „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry. Dennoch bleiben sie alle drei der Reihe treu, die für so manchen Hörer eine Brücke in die heile Welt der 1970er ist.

Nachschubprobleme bei Kassetten

Weil so viele Fans sich auch ein Stück Nostalgie wünschen, kommen „Die drei Fragezeichen“ noch im Jahr 2019 parallel auf Audiokassette heraus. „Alleine bei jeder Neuheit verkaufen wir nach wie vor zwischen 8000 und 10 000 MC. Das ist der Wahnsinn, weil es sonst eigentlich gar keine Produkte mehr als MC gibt“, erläuterte jüngst Sony-Music-Manager Arndt Seelig. Die Firma vertreibt die in Hamburg produzierte Reihe eigentlich über Download, Stream, CD und Vinyl. Ans nötige MC-Bandmaterial zu kommen, war für Sony zeitweise ein Problem.

Immer wieder werden die drei darauf angesprochen, wie lange sie denn noch Teenager sprechen wollen. „Irgendwann ist natürlich definitiv Schluss“, sagt Fröhlich. „Und wir müssen vorher Schluss machen. Wir müssen vorher sagen: Jetzt ist der Punkt gekommen, wo es albern wird.“ Aber das sei eben der Vorteil am Hörspiel: „Graue Haare kann man nicht hören.“ Man habe „keinen Plan, wann es so weit sein wird“.

Live-Hörspiele ziehen Massen

Wawrczeck lacht herzlich: „Man sollte in einer ewigen Spannung leben, es könnte die letzte Folge sein.“ Und wenn der Tag kommt? „Wenn jetzt einer von uns sagen würde „Es ist Schluss!“, wären wir uns - glaube ich - blind einig, dass für uns drei das nicht mehr in Frage kommt“, so Oliver Rohrbeck. Es werde keinen geben, der nachrückt, alle würden dann zugleich aussteigen. „Dann muss natürlich das Label überlegen, ob sie das völlig neu starten. Aber das ist ja nicht unsere Sache.“

Doch auf ein Ende deutet bisher nichts hin. Bis heute sind rund 50 Millionen Tonträger abgesetzt. Die Verkaufszahlen glänzen weiterhin. Zu Live-Hörspielen kommen bis zu 20 000 Zuschauer zusammen.

Rohrbeck selbst kennt seine Abenteuer als Justus übrigens beileibe nicht so gut wie Hardcore-Fans, bei denen sie als Einschlafhilfe laufen. Die Crew nehme Szenen kreuz und quer auf. Er komme selten dazu, das Ergebnis zu hören. „Viele wollen ja immer einschlafen mit den „Drei ???“ und die hören erst beim fünften Anlauf vielleicht mal eine Folge zu Ende. Dann hören sie die aber noch mal und noch mal. Sie hören dann die Folge vielleicht 20 Mal im Laufe ihres Lebens. Die kennen den Inhalt viel besser als ich.“