Justus, Peter und Bob am Strand von Rocky Beach Foto: Kosmos/Walter

Seit 52 Jahren ermitteln sie, und sind nicht gealtert. Doch nun dürfen die drei ??? erwachsen werden. In dem Comic „Rocky Beach“ sehen wir Justus, Peter und Bob als gestandene Männer. Gezeichnet vom Leben – und von der Stuttgarterin Hanna Wenzel.

Stuttgart - Der propere Genius Justus Jonas, der sportliche Angsthase Peter Shaw und der schüchterne Bücherwurm Bob Andrews haben den Jungbrunnen gefunden. Seit Jahrzehnten schwanken sie zwischen Kindheit und Pubertät. Ein Bildnis durfte man sich von den drei ??? auch nicht machen. Das wollte der Stuttgarter Kosmos-Verlag nicht. Auf den Buchdeckeln und Kassettenhüllen waren die Detektive nie zu sehen. Erst vor wenigen Jahren gestattete man Christopher Tauber den Tabubruch, der Zeichner durfte dem Trio in der Graphic Novel „Die Drei ??? und der dreiäugige Totenkopf“ ein Gesicht verleihen. Und nun folgt der nächste Tabubruch. Justus, Peter und Bob sind erwachsen.

Rocky Beach liegt in Stuttgart

Das ist gewagt. Ließ man sie doch schon mal altern, plötzlich wollten sie das Rätsel Frau lösen, statt sich dem Krimirätsel hinzugeben. In den USA war das den Fans zu blöd, die Serie wurde 1987 eingestellt. In Deutschland lernte man daraus, man ließ das Trio wieder jünger werden, seitdem können sie zwar Auto fahren, haben mit Mädels aber wenig am Hut. Auch der Versuch, Peter, Justus und Bob nach Europa zu schicken und in Rom oder auf der Schwäbischen Alb ermitteln zu lassen, scheiterte. Die Leser fremdelten. Das Trio gehört nach Rocky Beach, auf den Schrottplatz von Justus’ Onkel Titus. Der ist zwar in Kalifornien und bürgt so für das rechte Maß an Exotik, ist aber eigentlich Stuttgarter Hoheitsgebiet. Hat doch der hiesige Kosmos Verlag die drei ??? erst zu einer Weltmarke gemacht. Geschrieben werden die Bücher von deutschen Autoren. Und dann in Finnisch, Spanisch, Chinesisch, Polnisch und viele andere Sprachen übersetzt. 200 Bände sind erschienen, 24 Millionen Bücher wurden in Deutschland verkauft, mit eingerechnet die Nachahmer: die drei ??? Kids, und die drei !!!, junge Damen mit Spürnasen. Die ersten Hörspiele wurden 1979 veröffentlicht, haben sich seitdem millionenfach verkauft.

Das Konzept stammt von Christopher Tauber

Nun gibt es erstmals ein Buch, dass sich gezielt an Erwachsene richtet. Allerdings ohne offizielles Logo. Gilt es doch als „Interpretation“. Tauber hatte ein Konzept entworfen, gezielt die Stuttgarter Illustratorin Hanna Wenzel angesprochen, weil ihm ihre Tuschezeichnungen stilgerecht schienen für eine düsterere, anspruchsvolle, atmosphärische Geschichte. Rocky Beach ist hier nicht mehr der Ort unbeschwerter Sommer und Detektivspielereien; der Schrottplatz ist geschlossen, Peter und Bob sind schon lange abgehauen aus der Kleinstadt, nur Justus ist noch da, ziellos und einsam. Als sie der Zufall wieder zusammenführt in Rocky Beach stolpern sie in einen neuen Fall, der in ihrer gemeinsamen Vergangenheit wurzelt.

Respekt vor dem Mythos

Hanna Wenzel kannte die Drei ???, klar, wer nicht, aber es war nicht ihre Leib-und Magenlektüre. Nun sollte sie sich an den Mythos wagen: „Da hat sich ja im Laufe der Jahre ein eigenes Universum entwickelt. Ich hatte natürlich Respekt vor dieser Herausforderung.“ Tauber schickte ihr seine zehn Lieblingsfolgen, die sie dann beim Zeichnen hörte. Und so Justus, Peter und Bob ein erwachsenes Leben schenkte. Sie eintauchen lässt in eine düstere schwarz-weiße Welt voller Erinnerungen.

In eine Welt, die Regisseur Alfred Hitchcock gefallen hätte. Der Mann liebte Mysterien. Er ließ Blondinen von Vögeln zerhacken, in der Dusche meucheln und von Türmen werfen. Einen beträchtlichen Teil seines Schaffens verwendete Sir Alfred Hitchcock darauf nachzudenken, wie er seine Schauspielerinnen vom Leben zum Tode befördern könnte. Da war er penibel. Seine Hauptdarstellerin in „Die Vögel“, Tippi Hedren, ließ er tagelang von echten Vögeln malträtieren. Seinen Film „Psycho“ musste er schneiden und verstümmeln, zu grauslich und sexy erschien er den Zensoren. Erstaunlich, dass so ein Mann Krimis für Jugendliche schrieb, die ohne Mord und Totschlag auskommen. Nun, machte er auch nicht. Er gab nur seinen guten Namen dafür.

Alfred Hitchcock gab seinen Namen

Robert Arthur hat’s erfunden. Der amerikanische Autor schrieb Krimis und Drehbücher, auch für die TV-Serie „Alfred Hitchcocks presents“. Als er die Idee für eine Krimiserie mit drei jugendlichen Ermittlern hatte, fragte er seinen Kumpel Hitchcock, ob der nicht mit seinem guten Namen für Qualität bürge. Hitchcock wollte, und so erschien 1964 der erste Titel. „Alfred Hitchcock And The Three Investigators: The Secret Of The Terror Castle“. Vier Jahre später gab der Stuttgarter Kosmos-Verlag dieses Buch unter dem Titel: „Die drei ??? und das Gespensterschloß“ heraus. Und setzte damit ein dickes Ausrufezeichen!

Hitchcock war in Stuttgart

Die Älteren erinnern sich noch daran, dass Peter, Justus und Bob immer mit Hitchcock zu tun hatten. Stets leitete er die Fälle ein, und hin und wieder tauchte sein Konterfei auf, mit erhobenem Zeigefinger signalisierte er: Achtung, jetzt kommt ein Hinweis vom Experten. Und stets endeten die Bücher mit „einem Besuch bei Alfred Hitchcock“. Da erklärten die Jungs noch einmal den Fall und ihre Gedankengänge und stellten sich der Manöverkritik des Altmeisters der Spannung. Selbstverständlich war all das nicht geschrieben von Hitchcock, sondern nur unter seinem Namen. Doch offensichtlich lagen ihm die drei ??? so am Herzen wie sonst nur seine blonden Hauptdarstellerinnen. 1971 folgte er im Alter von 72 Jahren einer Einladung des Kosmos-Verlags nach Stuttgart, er signierte Bücher und ließ sich in einem Sarg fotografieren. Mit einem Band der drei ??? in der Hand. Er wusste, Rocky Beach liegt in Stuttgart.

„Rocky Beach“ von Christopher Tauber und Hanna Wenzel erschienen im Kosmos Verlag. 199 Seiten. Schwarz-Weiß. ISBN 978-3-440-16562-1. 25 Euro.