Foto: imago images / SKATA/via www.imago-images.de

Oxana Lyniw wird - wenn nichts dazwischen kommt - die erste Dirigentin auf dem Grünen Hügel. Doch der Druck ist enorm.

Bayreuth - Die Dirigentin Oxana Lyniw freut sich auf ihr Debüt bei den Bayreuther Festspielen - und auf Christian Thielemann. „Natürlich ist Bayreuth wie ein erhabener Olymp, und es ist für mich eine sehr große Ehre, dort zu dirigieren“, sagte die 42-Jährige im Interview der Deutschen Presse-Agentur. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass Lyniw im kommenden Jahr die Neuinterpretation von Richard Wagners „Fliegendem Holländer“ dirigieren soll. Sie ist damit die erste Frau überhaupt, die auf dem Grünen Hügel am Dirigentenpult steht.

„Natürlich ist mir auch bewusst, dass man dann als Dirigentin noch mehr im Fokus steht und die Erwartungen sehr hoch sind“, sagte sie. „Vor 100 Jahren wäre das wohl noch undenkbar gewesen, obwohl es auch damals schon erfolgreiche Dirigentinnen gab.“ Nach der Bekanntgabe ihres Engagements in Bayreuth habe sie Nachrichten und Kommentare aus aller Welt bekommen - „selbst aus Japan“. „Dass das Echo nun - was meine Person und dieses Debüt betrifft - so groß sein wird, damit hatte ich aber nicht gerechnet“, sagte Lyniw. „Es ist schon besonders, dass in 2021 es 145 Jahre Bayreuther Festspiele sein werden, mit bis dato 92 Männer-Dirigenten und dann eben auch erstmals einer Frau.“

Lyniw war zuletzt Chefdirigentin der Oper Graz und arbeitet inzwischen freiberuflich. In Bayreuth wird sie voraussichtlich auch mit dem derzeitigen Musikdirektor Christian Thielemann zu tun haben. „Ich schätze ihn sehr als Wagner-Dirigent, und schon in meiner Studienzeit habe ich seine Aufnahmen gehört und bekomme auch viel Inspiration von seinem Buch über sein Leben mit Wagner“, sagte Lyniw. „Jedenfalls freue ich mich, ihn kennenzulernen.“

In ihrer Heimat war Wagner eher umstritten

Vor ihrem Engagement in Graz war Lyniw an der Bayerischen Staatsoper in München Assistentin von Stardirigent Kirill Petrenko. „Es ist interessanterweise fast symbolisch für mich, dass die erste Vorstellung von Kirill Petrenko, die ich gesehen hatte, nachdem ich von ihm die Zusage erhalten hatte, seine musikalische Assistentin an der Bayrischen Staatsoper zu werden, „Die Walküre“ in Bayreuth war“, sagte Lyniw der dpa. „Dies war damals auch überhaupt mein allererster Besuch in Bayreuth.“

In den Jahren danach durfte sie Petrenkos Dirigate des vierteiligen „Ring des Nibelungen“ sogar vom Orchestergraben aus erleben. 2018 kam dann die Einladung aus Bayreuth, selbst dort zu dirigieren.

Richard Wagner ist für die gebürtige Ukrainerin „natürlich ein besonderer Komponist“. In der ehemaligen Sowjetunion habe seine Musik aber „fast einen negativen Stellenwert“ gehabt „und wurde leider kaum gespielt“. „Das Erste, das ich über Wagner während meiner Hochschulzeit gehört hatte, war dass er auch deshalb so selten aufgeführt würde, weil seine Opern so lange und zu kompliziert seien“, sagte Lyniw. „Aber gerade das war für mich auch ein Ansporn, diesen umstrittenen und geheimnisvollen Komponisten kennenzulernen.“

Sie habe sich dann intensiv mit Wagner befasst. „Ich saß dann also tagelang über den Klavierauszügen seiner Opern aus der Bibliothek und hörte alte Aufnahmen auf Vinyl-Schallplatten, die man ausleihen konnte und war total in diese Musik vertieft“, sagte sie. „Ich hätte damals nicht glauben können, dass ich selbst eines Tages eines seiner Stücke am Grünen Hügel dirigieren dürfte.“

Am 25. Juli 2021 soll es soweit sein - wenn Corona keinen Strich durch die Rechnung macht. „Es braucht sicherlich ein ganzheitliches Sicherheits- und Präventivkonzept, wie das ja jetzt im Sommer in Salzburg zum Beispiel sehr gut funktioniert hat“, sagte Lyniw. „Da liegt die Entscheidung aber bei der Festspiel-Leitung und nicht in meiner Hand.“