Der Mundschutz hat noch nicht ausgedient – in den Betrieben geht der Ausstieg manchen Verantwortlichen zu schnell. Foto: dpa/Robert Michael

Die Unternehmen verfahren unterschiedlich. Manche verpflichten Mitarbeiter zum Tragen des Mundschutzes, andere setzen auf Freiwilligkeit.

Müssen Mitarbeiter auch nach dem 3. April eine Maske tragen, wenn das Unternehmen es will? Diese Frage stellt sich derzeit in vielen Firmen, in Marbach und in anderen Orten. Eine Umfrage unserer Zeitung zeigt: Der Umgang mit der neuen Maskenfreiheit in den Betrieben ist so bunt wie das Verhalten der einzelnen Menschen, die sich in der Öffentlichkeit bewegen – mal mit oder ohne Mundschutz.

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Typ I: Absolute Freiwilligkeit

In den Märkten und Tankstellen der Genossenschaft Agroa (ehemalige Labag) in Marbach ist es den Mitarbeitern und Kunden freigestellt, eine Maske zu tragen. „Wir pochen nicht auf unser Hausrecht und wollen Konflikte mit Kunden vermeiden“, sagt das geschäftsführende Vorstandsmitglied Jürgen Häußermann. Ihm persönlich wäre angesichts der nach wie vor hohen Inzidenz lieber, der Gesetzgeber hätte die Maskenpflicht noch einige Wochen lang aufrechterhalten. Einen Mundschutz zu tragen, werde im Unternehmen und den Kunden gegenüber als „wünschenswert“ kommuniziert.

Die Agroa stelle ihren rund 470 Mitarbeitern auch weiterhin kostenlos Masken und Schnelltests zur Verfügung. „Wir hatten in den letzten zwei bis drei Wochen rund 40 Coronafälle – jeder Zehnte war krank“, sagt Häußermann. Eine „Durchseuchung“, wie sie mit der Omikron-Variante geschehe, wirke sich auf manche Mitarbeiter gravierend aus. Es bestürze ihn, dass die Folgen der Krankheit auch Jüngeren anhaltend schwer zu schaffen machten.

Typ II: Maske via Hausrecht angeordnet

Strenger als die Agroa verfährt das Deutsche Literaturarchiv Marbach (DLA). Es verlangt von seinen Mitarbeitern per Hausrecht, auch nach dem Wegfall fast aller gesetzlichen Beschränkungen zum 3. April weiter einen Mundschutz zu tragen. Die Vorschrift gelte in allen öffentlichen Bereichen und überall dort, wo der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden könne - auch im Freien, teilt der DLA-Verwaltungsleiter Steffen Schmidt mit. Das Maskengebot betreffe ebenfalls Gäste der Museen und Veranstaltungen. An den Sitzplätzen im Lesesaal dürfe der Mundschutz hingegen abgenommen werden. „Wir empfehlen jedoch weiter, die Maske zu tragen.“

Aus Gründen des Datenschutzes habe das Deutsche Literaturarchiv darauf verzichtet, den Bestand an Erkrankungen aufgrund der Omikron-Variante an den Instituten zu erfassen, so Schmidt. Jedoch machten sich die weiterhin hohen Infektionszahlen auch im Archiv bemerkbar: „Es gibt in vielen Bereichen Ausfälle.“ Der interne Beschluss des DLA, weiter im öffentlichen Bereich auf die Maske zu bestehen, zeige jedoch, „dass wir die Lage weiterhin sehr genau beobachten“. Weggefallen seien hingegen die 3G-Regeln für Mitarbeitende – so auch die Nachweispflicht zum Impfstatus oder ein aktueller Testnachweis.

Typ III: Freiheit für Kunden, Beschluss der Mitarbeiter pro Maske

Keine Vorgaben macht Markus Schneider, Geschäftsführer der Buchhandlung Taube in Marbach, seinen Mitarbeitern. Das Team habe aber freiwillig entschieden, weiter Masken zu tragen. „Es gab keine abweichende Haltung“, bestätigt Laura Walter, eine der Verkäuferinnen. Aufseiten der Kunden habe sie bisher ein „sehr durchmischtes“ Verhalten bemerkt. „Einige waren froh, dass sie die Masken nicht mehr tragen müssen, andere kamen mit Schutz.“ Wieder andere Kunden erzählten, dass sie sich unsicher fühlten.

Typ IV: Freiheit für Kunden, Vorgabe für Mitarbeiter durch die Geschäftsführung

Den Besuchern ihres Geschäfts lässt Christina Barth-Weigel, Chefin des Modehauses Barth in Beilstein, die Wahl. „Wir stellen uns ganz auf unsere Kunden ein.“ Immer noch mit Maske müssen jedoch die Mitarbeiterinnen zumindest im Verkaufsgespräch in dem 200 Quadratmeter großen Laden agieren. „Wir schützen damit sie, aber auch uns selbst“, sagt Barth-Weigel, die damit auch krankheitsbedingte Ausfälle weniger wahrscheinlich machen möchte. Ihre Angestellten zögen mit, auch weil bei täglich zweimal 3,5 Stunden Arbeitszeit genug Gelegenheit bestehe, die Maske bei anderen Tätigkeiten abzulegen. Drei bis vier Wochen lang solle die Maskenpflicht noch gelten, „bis die Inzidenzen weiter gesunken sind“.

Was sagt das Arbeitsrecht?

Was aber wäre, wenn Mitarbeiter in Unternehmen nicht bereit sind, weiter eine Maske zu tragen? „Zunächst einmal hat jeder Arbeitgeber ein Weisungsrecht“, sagt Thomas Birkmann, Rechtsanwalt in Beilstein. Berufe sich die Unternehmensleitung auf das Hausrecht, könne sie den Mitarbeiter, der seine Arbeitskraft trotzdem weiter anbietet, nach Hause schicken, müsse aber den Lohn dann wohl fortzahlen, so Birkmann in einer ersten Einschätzung.

Anders schätzt die DGB Rechtsschutz in Stuttgart die Rechtslage ein. Berufe sich ein Arbeitgeber auf seine Arbeitsschutzverordnung und sein Hygienekonzept, müsse der Arbeitnehmer dem folgen, um weiter Lohn zu erhalten, sagt Jürgen Leicht, Teamleiter der DGB Rechtsschutz.

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