Die Ware – hier Korsagen und Halskorsagen – wird auf Weinkisten gezeigt. Foto: Leif Piechowski

Billige Sexshops gibt es an jeder Straßenecke, nach Erotikläden muss man schon länger suchen. Aber die Boutique Erotique Frau Blum, in der in lichten Räumen ausgesuchte Produkte verkauft werden, die ist neu - und bisher einmalig in Stuttgart.

Billige Sexshops gibt es an jeder Straßenecke, nach Erotikläden muss man schon länger suchen. Aber die Boutique Erotique Frau Blum, in der in lichten Räumen ausgesuchte Produkte verkauft werden, die ist neu – und bisher einmalig in Stuttgart.

Stuttgart - Auf dem selbstgezimmerten Tresen in dem kleinen Laden mit dem Namen Frau Blum im Stuttgarter Westen steht eine Etagere, die sich fast schon unter ihrer Last beugt. Denn auf ihr türmt sich einladend und liebevoll drapiert jede Menge Obst und Gemüse: Gurken, Bananen, Mais, Möhren und Auberginen. Was zum Anbeißen aussieht, ist aber in Wahrheit zum Einführen gedacht: Die Früchtchen haben es in sich – allerdings sind sie keine Vitaminbomben, sondern Sexstängel. Genauer gesagt Dildos.

Mascha Hülsewig lächelt und wedelt mit einer Möhre, die sich geschmeidig hin-und herbiegt. „Diese Dildos kommen aus einer kleinen Manufaktur aus Dresden, eine Frau hat sie entworfen – inzwischen ist ihre gesamte Familie in das Geschäft involviert“, sagt die 47-Jährige. Zusammen mit Alexandra Steinmann (46) ist sie extra nach Dresden gefahren, um sich die kleine Firma anzuschauen. „Die Dame nimmt Abdrücke in Gips, gießt diese in Silikon und malt dann die Dildos mit Airbrush ein“, sagt Hülsewig.

Zu wissen, woher die Produkte kommen, die sie in ihrer Boutique Erotique anbieten, sei ihnen sehr wichtig, sagen die beiden Frauen. „Es ist auch eine Grundvoraussetzung, sie alle ausprobiert zu haben – nur so kann man eine Vorauswahl treffen, um den Kunden dann Vernünftiges anbieten zu können“, sagt Alexandra Steinmann. Besonders viel Wert lege man auf Design, Bio, Öko und Fairtrade. „Man mag gar nicht glauben, wie viele Hersteller von Sexspielzeug mit Giftstoffen arbeiten – anders als bei Kinderspielzeug gibt es da keine Kontrollen. Wir kennen alle Hersteller persönlich und verkaufen solche Produkte nicht“, sagt Steinmann.

Doch warum verkaufen die beiden Frauen ausgerechnet erotische Accessoires und Sex- und eben kein Kinderspielzeug? „Die Idee hatte Alex’ Mann. Wir saßen im Garten und sonnen so über die Zukunft nach. Dann kamen wir nicht mehr von dem Gedanken los“, sagt Hülsewig. Vor eineinhalb Jahren entschieden die Frauen, die sich aus der Schulzeit kennen, das Projekt zu realisieren. Alexandra Steinmann, die über 20 Jahre lang in der Tourismusbranche tätig war, kündigte auf Januar dieses Jahres ihren Job. Mascha Hülsewig, die seit Jahrzehnten Pressesprecherin des Friedrichbau Varietés ist, wird dort fortan nur noch halbtags arbeiten.

Ein mutiger Schritt. „Ja, aber die Zeit ist reif dafür“, sagt Steinmann. „Der Markt entwickelt sich gerade in eine andere Richtung: Sex und Erotik kommen raus aus der Schmuddelecke“, sagt Hülsewig.

Steinmann und Hülsewig wollen dazu beitragen, dass das Thema salonfähig wird. Bei der Gestaltung des Ladens legen sie viel Wert darauf, dass dieser hell und freundlich ist. Hier muss sich niemand möglichst schnell und unauffällig an einem schweren Vorhang vorbeikämpfen, der normalerweise vor den Eingängen zu Erotikläden hängt. Im Gegenteil. „Schon heute stecken die Nachbarn neugierig ihre Köpfe rein und fragen, was das hier wird“, sagt Hülsewig. „Einer vermutete kürzlich, dies sei ein Schmuckladen.“ Womit er gar nicht so verkehrt lag. Denn die Dildos etwa, die es in allen Formen, Farben und Größen gibt, sind wie kleine Skulpturen in Weinkisten ausgestellt und werden von kleinen LED-Strahlern angeleuchtet.

Aber auch die andere Produkte werden alle liebevoll präsentiert, all die Badetees, Gleitmittel, Phallus-Fesseln, Soft-Tampons, Wärmflaschen in Herzform, Korsagen, Halskorsagen, Düfte, Kosmetik, die Schokolade zum Abschlecken, Filme, Bücher, Wäsche und Strümpfe. „Wir haben schöne Sachen rausgesucht, darunter auch sehr viel Sinnliches“, sagt Steinmann.

Hülsewig nimmt einen Cupcake auf die Hand. Er ist aus Kunststoff und kann vibrieren. „Ich werde immer wieder gefragt, wie man den einführt“, sagt sie. „Aber das ist ein Auflegevibrator.“ Ihren Kunden dabei zu helfen, herauszufinden, was ihnen Spaß macht, dass ist den beiden Frauen wichtig. Deshalb haben sie eine gemütliche Ecke eingerichtet, in der man Kaffee trinken und sich in aller Ruhe unterhalten kann. Beide rechnen damit, dass mehr Frauen als Männer zu ihren Kunden zählen werden, willkommen aber sind alle. „Wir wollen, dass der Laden auch ein Ort für Begegnungen wird“, sagt Steinmann. Deshalb werden auch immer wieder kulturelle Veranstaltungen dort stattfinden, etwa Burleske-Striptease-Kurse, Lesungen oder Fotoshootings.

Zudem gibt es den Frau-Blum-Blog im Internet. Dort finden sich Einträge rund um das Thema Erotik. Unter anderem darüber, dass „Sellerie dr Mo scharf macht!“ Womit wir wieder beim Gemüse wären . . .

Die Boutique Erotique Frau Blum, Reuchlinstraße 11, ist vom 3. März an geöffnet. Öffnungszeiten: montags bis freitags 10 bis 19 Uhr, samstags 10 bis 16 Uhr. www.fraublum.de