Tesla-Chef Elon Musk ist zuletzt an seine Grenzen geraten. Foto: AFP

Es ist Elon Musk zu wünschen, dass er die Wende schafft. Denn er tut der deutschen Industrie gut, meint Anne Guhlich.

Stuttgart - Unter Pionieren, die in der Wirtschaft einen technologischen oder kulturellen Wandel erreichen wollen, gilt oft eine Regel: erst wirst du ignoriert, dann belächelt und schließlich bekämpft. Und nur, wer alle Phasen übersteht, kann eine Veränderung erwirken.

So gesehen befindet sich der E-Pionier Elon Musk in der dritten Phase. Die deutschen Autohersteller etwa haben seine Leistungen lange mit ironischer Distanz herunter gespielt. Dann kam der Moment des Erwachens. Die Hersteller investierten viele Milliarden und entwickelten sogenannte Tesla-Jäger: Ab dem kommenden Jahr bringen die deutschen Autobauer ihre Elektrofahrzeuge auf dem Markt, die den Tesla-Modellen bei der Reichweite und dem Automatisierungsgrad den Rang ablaufen sollen.

Musk wird aber nicht nur von außen bekämpft. Er tut sich auch selbst keinen Gefallen, wenn er sich in schwierigen Zeiten, in denen er Ziele verpasst und seine Autos abbrennen, arrogant und beratungsresistent gibt. Klar: Ihm geht es zurzeit darum, nicht mehr als Start-up, sondern als echter Autobauer wahrgenommen zu werden. Doch zum Autobauer wird man nicht, in dem man sich einfach so nennt. Die Schwierigkeiten, die er mit dem Erreichen seiner Produktionsziele hat, zeigen, dass Autos zu bauen eben doch ein bisschen mehr ist, als Bleche zu verbiegen.

Das Wohl und Wehe Teslas hängt von den Investoren ab

Wenn Tesla den Wandel zu einem ernsthaften Autohersteller schaffen will, muss er aber nicht nur die Massenproduktion in den Griff bekommen. Er muss eine professionelle Unternehmenskultur schaffen. Das ist derzeit nicht der Fall. In den vergangenen Jahren sind Musk deswegen mehr als 50 wertvolle Führungskräfte und Leistungsträger davongelaufen. Und er muss Fehler früher erkennen. Auch davon sieht man derzeit wenig. Als jüngst ein Kunde im Selbstfahrmodus einen tödlichen Unfall erlitt, machte Musk den Fahrer dafür verantwortlich, statt die qualitativen Mängel des sogenannten Autopilots zu analysieren. Und schließlich muss er die Sorgen der Investoren ernst nehmen. Auch das ist nicht der Fall. Einen kritischen Analysten würgte er vor Kurzem ab, indem er ihm erklärte, seine Frage sei schlichtweg langweilig.

Das aber kann Musk sich nicht leisten. Das Wohl und Wehe Teslas hängt von der Gunst der Märkte ab. Darum wäre eine Entzauberung seiner Person auch so gefährlich. Wenn die Investoren ihre Geduld verlieren, steht Tesla schnell mit dem Rücken zur Wand. Das sollte nicht passieren. Das liegt auch im Interesse der deutschen Autoindustrie. Musk hat der hiesigen Wirtschaft gut getan. Er hat die etablierten Hersteller provoziert, getrieben und gefordert. Doch nun muss er den Kampf, den er selbst provoziert hat, eben auch bestehen.