Beim Debakel in Dresden zeigt sich, dass der VfB noch immer ein zerbrechliches Gebilde ist. Was im Club zwei Debatten auslöst: die um die Mentalität in der Mannschaft, und die um die Führungsspieler.
Dresden - Hannes Wolf hat gelitten. Schwer gelitten sogar, als er in Dresden am Spielfeldrand stand und erstmals miterleben musste, wie seine Mannschaft innerhalb von wenigen Minuten in sich zusammenbrach. Wie alle Fußballsysteme plötzlich einen Totalausfall meldeten und auch alle eingeleiteten Reparaturmaßnahmen nicht mehr griffen. So blieb dem neuen Trainer des VfB Stuttgart unmittelbar nach dem Abpfiff zunächst nichts als der Anblick seines so hoffnungsvoll nach Sachsen gereisten Teams, das sich nun in ein Häufchen Elend verwandelt hatte.
Gedemütigt und gepeinigt durch das 0:5 versuchten sich die VfB-Spieler nach der Niederlage noch ihren Fans zu nähern. Doch schon nach wenigen Metern gellten ihnen wütende Pfiffe entgegen – und viel lauter noch war der Dynamo-Chor auf der anderen Stadionseite, der den schwäbischen Fußball-Zweitligisten mit Hohngesängen verabschiedete. Mittendrin befand sich noch immer der junge VfB-Coach. Getroffen von den Ereignissen und um die passenden Worte ringend.
„Die sechs Minuten vor der Pause waren brutal“, sagt Wolf. Schlag auf Schlag auf Schlag ging es da, und jedes Gegentor war eine schallende Ohrfeige für den großen Bundesliga-Absteiger, der dem kleinen Drittliga-Aufsteiger nichts entgegenzusetzen hatte. 0:1 Stefan Kutschke (38.), für den sich im Abwehrzentrum niemand zuständig fühlte; 0:2 durch Andreas Lambertz (41.), nachdem Matthias Zimmermann am eigenen Strafraum ein schwerer Fehler unterlaufen war (zugegebenermaßen nach einem riskanten Zuspiel von Torhüter Mitch Langerak); 0:3 Akaki Gogia (44.), nachdem die VfB-Elf noch unter Schockstarre stand.
Wolfs Versuch, diesem Rückstand nach der Pause offensiv zu begegnen, hatte mit seinem Mut und seinem Selbstverständnis zu tun. „Alles andere wären ja nicht wir gewesen“, sagt der Trainer. Doch die zwei weiteren Gegentore durch Gogia (74.) und Pascal Testroet (77.) mündeten nicht nur in einer Enttäuschung besonderer Art, sondern sie entlarvten den VfB als ein Gebilde, das vieles hat, aber eben keine Stabilität.
Wie ein schwäbisches Kartenhaus kam einem der VfB im DDV-Stadion vor, das beim ersten sächsischen Lüftchen jene Statikprobleme offenbarte, die überwunden schienen. Zumindest wurde der 4:0-Erfolg gegen die SpVgg Greuther Fürth vor der Länderspielpause als ein verheißungsvoller Fortschritt gewertet. Doch nun hat Wolf in seiner noch kurzen Amtszeit gleich darauf diesen anderen VfB zu Gesicht bekommen. Eine Ansammlung von Fußballern, die sich ziemlich leicht verunsichern und aus den Latschen kippen lässt.