Die Landeshauptstadt hat ein Problem: Sie muss erstmals Strafzinsen zahlen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Ein volles Konto kann auch eine Belastung sein: Erstmals erhält die Landeshauptstadt für eine Geldanlage nicht nur keine Zinsen mehr, sie muss sogar Geld bezahlen.

Stuttgart - Die Landeshauptstadt muss erstmals auf ihre Geldanlagen Zinsen an Banken bezahlen. Auf Anfrage unserer Zeitung wurden 20 000 Euro bestätigt, die bei einem Negativzinssatz von 0,05 Prozent auf zwei Festgeldanlagen (40 Millionen Euro) mit einjähriger Laufzeit bezahlt werden müssen, und zwar seit dem 16. September 2019. Diese neue Entwicklung hat das Finanzreferat am Mittwoch dem Gemeinderat mitgeteilt. Weitere neue Geldanlagen konnten durch „die tägliche Liquiditätssteuerung vermieden werden“, so Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU). Die Namen der Banken, die nun gegenüber der Kommune Negativzinsen erheben, nannte er nicht.

Düsterer Ausblick

Die Geldmarktzinsen in Europa sind für Banken schon seit Jahren negativ, sie wurden von der Europäischen Zentralbank am 12. September um zehn Basispunkte auf minus 0,5 Prozent gesenkt. Diese Senkung habe bei den beiden Festgeldanlagen zum erstmaligen Negativzins geführt. Fuhrmann gibt in der Sache keinen beruhigenden Ausblick. Es werde „nicht mehr möglich sein, bei einer sicheren und derzeit für die Stadt zulässigen Geldanlage in allen Fällen eine Negativverzinsung zu vermeiden“.

Die Stadt hat für vom Gemeinderat in Vorjahren beschlossene, aber noch nicht umgesetzte Investitionsprojekte bis Ende 2019 voraussichtlich 800 Millionen Euro angelegt und außerdem Rücklagen gebildet, die in diesem Jahr wegen des guten Jahresabschlusses 2018 die Milliardengrenze überschritten haben. Um weitere Negativzinsen zu vermeiden, soll ein Teil des Geldes als städtisches Darlehen an Eigenbetriebe und zum Beispiel die Stadtwerke Stuttgart gegeben werden, die im Gegenzug Bankkredite vermeiden können. Für diese Darlehen an Eigenbetriebe erhält die Kommune bis zu vier Prozent Zins. Im Doppelhaushalt 2020/2021 sind daher drei Millionen Euro an Zinseinnahmen aus Kreditvergaben eingeplant.