Alte Freunde: Günter Eckert, Martin Reißing, Hans Walk, Wolfram Duppel, Hans-Dietrich Veigel und Rüdiger Nunhardt Foto: Tilman Baur

Im Jahr 1968 haben sie ihre Examina an der damaligen FH Druck in Stuttgart abgelegt. Doch nach Revolution stand den sechs Herren, die sich seither immer wieder treffen, nie der Sinn.

S-West - Viele Abiturklassen oder Uni-Jahrgänge verlieren sich schon innerhalb weniger Jahre aus den Augen. Umso erstaunlicher ist es, wenn selbst nach einem halben Jahrhundert noch Kontakt besteht. Genau das ist bei den Absolventen der Stuttgarter Fachhochschule für Druck und Medien (der heutigen Hochschule der Medien) der Fall, die ihren Abschluss im Jahr 1968 gemacht haben.

1993 kam das erste Treffen in Aschaffenburg zustande, es folgten weitere im Elsass, auf Norderney, in Wien, in Luzern und im Juni dieses Jahres das Jubiläumstreffen im ehemaligen Studienort Stuttgart.

Unverbrüchlicher Zusammenhalt

Die Charaktere der Gruppe seien unterschiedlich, dennoch habe man sich menschlich stets nahegestanden, so der 77-jährige Martin Reißing. „Der Zusammenhalt über die Jahre war unverbrüchlich.“ Vor dem ersten Treffen habe man viel herumtelefoniert, um die Mitstreiter von einst ausfindig zu machen.

„Die meisten, denen wir vom Jubiläumstreffen erzählt haben, konnten gar nicht fassen, dass man nach so langer Zeit nochmal zusammenkommt und etwas unternimmt“, sagt der 76-jährige Hans Walk. Zum Treffen im Juni seien teils auch Kommilitonen gekommen, die man seit 50 Jahren nicht mehr gesehen habe.

Trotz der markanten Abschluss-Jahreszahl 1968 hatte diese Achtundsechziger-Gruppe anderes im Sinn als Umsturz und Revolution. „Wir waren Praktiker, wollten so schnell wie möglich ein Brotstudium absolvieren“, so Martin Reißing. Viele Studenten sollten später einmal den Betrieb des Vaters übernehmen, der Abschluss war da nur ein Zwischenschritt.

„Alles war durchorganisiert während des Studiums. Ich musste heiraten, um eine Wohnung zu beziehen, und nach dem Studium kam das Kind“, erzählt der 78-jährige Günter Eckert. Nach der Vorlesung hätten nicht wenige Studenten noch in der Fabrik stundenlang am Setzkasten gearbeitet, um die Semestergebühren aufzubringen. Zeit für Müßiggang oder Politik blieb nicht viel.

Schon damals starker Wandel

Bereits während des Studiums war das Buchdrucker-Gewerbe einem starken Wandel ausgesetzt. „Einige von uns haben als Schriftsetzer angefangen, wir haben noch mit Winkelhaken und Setzkasten gearbeitet“, so Hans Walk. Das änderte sich schnell. „Der Fortschritt in der grafischen Industrie war enorm, das ging von null auf 150“, erinnert sich der 75-jährige Hans-Dietrich Veigel.

Die Entwicklung zwischen 1960 und 1980 habe alles bisher Dagewesene in den Schatten gestellt, erzählt Martin Reißing. Vieles, was früher gedruckt wurde, sei heute ins Digitale gewandert. Heute führe der Berufsstand ein Nischendasein. „An der HdM sind noch 15 Prozent der Studenten im Bereich Druck und Verpackung tätig“, so Hans Walk.

Die beruflichen Werdegänge der einstigen Stuttgarter Kommilitonen könnten nicht unterschiedlicher sein: während manche dem Fach treu blieben und Verlage übernahmen, Betriebsleiter wurden oder sich zum Beispiel auf das Drucken von Adventskalendern spezialisierten, fanden andere ihre Berufung als Künstler, Heilpraktiker oder Berater beim Arbeitsamt.

Doch auch im Ruhestand verfolgen die Herren die Entwicklung ihrer Branche. Und die Tradition der Treffen soll weitergehen, auch wenn die Teilnehmer weniger werden. In zwei Jahren steht das nächste Treffen im Schwarzwald an – 52 Jahre nach dem Abschluss.