Bekenntnis zur Mundart: Liedermacherin Elena Seeger Foto: Markus Hohnstein

Dialekt, da war doch was ? Das baden-württembergische Staatsministerium nimmt den durch Corona abgerissenen Faden wieder auf – in Form von Nachbarschaftsgesprächen.

Stuttgart - Was ist eigentlich aus der Dialektoffensive des Ministerpräsidenten geworden? „Unsere Landesregierung hat sich vorgenommen, sich intensiver um die Dialekte zu kümmern“, hatte der bekennende Mundartfreund Winfried Kretschmann im Frühjahr 2019 erklärt. Politik könne Dialekt nicht verordnen, jedoch dabei behilflich sein, dass die Leute so reden, „wie sie können und wollen und wie ihnen der Schnabel gewachsen ist“.

Vorausgegangen war eine Dialekttagung im Neuen Schloss mit mehreren Hundert Mundartsprechern aus dem ganzen Land mit dem Ziel, dem Dialekt und den Dialektsprechern die Wertschätzung entgegenzubringen, die viele von ihnen angesichts der Dominanz der Schriftsprache vermissen.

Dialekt soll keine Eintagsmugge sein

Das Ganze sollte keine Eintagsfliege oder -mugge sein, wie der Schwabe sagt, sondern ein längerfristiges Projekt. Im Januar 2020 folgte der Auftakt zu einem Runden Tisch unter Beteiligung von Mundartexperten und des Kultusministeriums, dem eine besonders wichtige Rolle bei der Dialektförderung zukommen sollte. Die Runde, die sich mehrmals traf, sollte nach den Vorstellungen Kretschmanns „verbindliche Handlungsanweisungen für das politische und zivilgesellschaftliche Vorgehen zur Dialektförderung verabschieden“. Im Juli 2020, so war es geplant, sollte dann das Landeskabinett darüber beschließen, wie die Mundarten im Land gezielt gestärkt werden könnten. Doch dann kam Corona und damit vieles zum Erliegen. Auch das Thema Dialekt.

Das Stami lässt „schwätze, babble, reede“

Jetzt – nach fast einem Jahr Pause – hat die Regierungszentrale den Faden wiederaufgenommen. Gemeinsam mit der Allianz für Beteiligung, einem vom Staatsministerium geförderten Netzwerk, das sich für die Stärkung von Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung engagiert, wurde das Format „Nachbarschaftsgespräch Dialekt“ entwickelt. Die Idee: Menschen, die über das Thema Mundart je nach regionaler Zugehörigkeit „schwätze, babble oder reede“ wollen, können sich eineinhalb Stunden lang virtuell zusammenschalten und austauschen. Den Auftakt machte jetzt die schwäbische Runde, eine fränkische und alemannische sollen folgen. Vorgeschaltet war ein Fragebogen, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufgefordert waren, von ihrer Beziehung zum Dialekt zu erzählen. Und zu erzählen gibt es da allerhand, wie bei der Premiere des „Nachbarschaftsgesprächs“ deutlich wurde. Bestimmendes Gesprächsthema war der Dialekt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der nach verbreiteter Meinung jenseits klamaukhafter Formate wie „Hannes und der Bürgermeister“ so gut wie nicht wahrzunehmen ist. „Und wenn, dann in gschwollener Form“, wie eine Teilnehmerin beklagte. „Ond gschwolla kenned mir ed leida!“

Botschafterin des Dialekts: Liedermacherin Elena Seeger

„Im SWR-Fernsehen sollte die Mundart in ihrem ganzen Reichtum vorkommen“, forderte Wolfgang Wulz, Vorsitzender des Vereins schwäbische mund.art, in dem sich viele Mundartkünstlerinnen und -künstler zusammengeschlossen haben. Zu ihnen gehört auch die junge Liedermacherin Elena Seeger, die jüngst erst mit dem renommierten Sebastian-Blau-Preis ausgezeichnet worden ist. Sie übernahm den künstlerischen Part des „Nachbarschaftsgesprächs“ und begeisterte mit ihren Liedern die virtuelle Schwabenrunde.

Hubert Klausmann war von ihrem unverstellten, authentischen Vortrag so angetan, dass er sie am liebsten als „Botschafterin des schwäbischen Dialekts“ sehen würde. In diese Richtung denkt auch Daniel Hager-Mann vom Staatsministerium: „Wir brauchen junge, positive Sprachvorbilder, um Kinder und Jugendliche für den Dialekt zu motivieren.“ In Richtung Kultusministerium kündigte er an: „Wir werden uns gute Sachen überlegen.“ Merke: Das Staatsministerium bleibt am Thema Mundart dran.