In den Siebzigern war der Diakonissenbunker in Stuttgart-West Treffpunkt von Musikern und Partygästen. Jetzt deutet sich an, dass er als Treffpunkt wiederbelebt wird. Am 17. März kann man ihn eine Nacht lang besichtigen. Foto: Xander Schmid

Nur wenige kennen den Diakonissenbunker in Stuttgart-West von innen. Bei der Langen Nacht der Museen kann man einen Blick in Manfred Rommels Amtssitz für den Krisenfall werfen. Auch die Pläne für eine Nutzung als Kulturbühne gedeihen.

Stuttgart - Bei der Langen Nacht der Museen bilden sich die längsten Besucherschlangen regelmäßig vor dem Eingang zum Marktplatzbunker. Wem Wartezeiten von bis zu einer Stunde zu lang sind, der kann bei der diesjährigen Museumsnacht am Samstag, 17. März, einen zweiten unterirdischen Schutzraum besuchen – der zudem besonders selten öffentlich zugänglich ist: der Diakonissenbunker unter dem Verkehrsübungsplatz in Stuttgart-West.

Er hat im Krieg mehr als 1200 Menschen Schutz geboten, war dann für wenige Jahre ebenfalls ein Hotel und wurde in den 70er Jahren von Bands zum Proben und Feiern genutzt. Kurz vor dem Ende des Kalten Kriegs ließ der damalige Oberbürgermeister Manfred Rommel einen Teil des Bunkers modernisieren. Der Diakonissenbunker hätte im Kriegsfall als Not-Amtssitz für eine Rumpfverwaltung gedient, die von hier aus die Evakuierung Stuttgarts geleitet hätte.

Diese Geschichte faszinierte auch die Programmmacher der Museumsnacht – die ohnehin auf der Suche nach einem zweiten Bunker waren, der an dem Abend geöffnet wird. Bei der Begehung sei man vom guten Zustand des Bunkers erstaunt gewesen, berichtet Diana Madeheim vom PV Projekt Verlag, der die Museumsnacht veranstaltet. Die Möblierung war zwar längst entfernt worden. Der für den OB gedachte Schreibtisch steht mittlerweile im Tiefbunker am Feuerbacher Bahnhof. Zu sehen gibt es dennoch einiges: die schweren Metalltüren am Eingang etwa, oder die fluoreszierenden Leuchtstreifen an der Wand, die auch bei Dunkelheit den Weg zum Ausgang weisen. Sie sollen mit Schwarzlicht inszeniert werden, sagt Diana Madeheim.

Wenn man in der Museumsnacht von der Falkertstraße aus in die Unterwelt steigt, erzeugen der alte Teppichboden sowie die kleinen, standardisierten Bunkerzellen ohnehin eine besondere Atmosphäre. Studenten der Kunstakademie greifen diese Zellenstruktur auf und installieren für die Museumsnacht eine Sonderausstellung im Diakonissenbunker. Dass die neue Örtlichkeit gezeigt werden kann, entschied sich übrigens „kurz bevor wir das Programmheft in Druck gegeben haben“, sagt Diana Madeheim. Auch für die Stadtverwaltung ist die Öffnung eines der von ihr verwalteten Bunker eine nicht ganz alltägliche Angelegenheit.

Kulturbunker-Pläne gedeihen

Gut möglich, dass die Museumsnacht indirekt auch zu einer Art Testlauf für eine viel weitergehende Nutzung des Diakonissenbunkers wird. Im Dezember 2017 hatte Klaus-Peter Graßnick, der mit seiner Band Müll einst unter dem Diakonissenplatz geprobt und aufnahm hat, seine Idee eines Kulturbunkers im Liegenschaftsamt vorgestellt, das die Bunker verwaltet.

Mittlerweile hat der pensionierte Lehrer ein detailliertes Nutzungskonzept vorgelegt. Graßnick will den Teil des Bunkers nutzen, der entlang der Rosenbergstraße verläuft. Er wäre im Krisenfall als Notlazarett genutzt worden und wurde ebenfalls Mitte der 80er Jahre ertüchtigt. Betreten könnte man den neuen „Kulturbunker“ über die bestehende Treppe auf Höhe der Diakonissenanstalt an der Rosenbergstraße. Über einen langgezogenen Flur will der Lehrer drei Räume erschließen lassen: ein knapp 70 Quadratmeter großen Veranstaltungsraum sowie zwei kleinere Räume für Ausstellungen, etwa zur Geschichte des Diakonissenbunkers und der benachbarten Jugendverkehrsschule. Hinzu kämen bereits bestehende WC-Anlagen sowie ein Lager.

Wie der Bunker genutzt werden soll

Möglich wären Veranstaltungen mit bis zu 200 Besuchern. In Graßnicks Konzept ist die Rede von Konzerten sowie Veranstaltungen von Vereinen, Bürgerinitiativen oder der benachbarten Schulen. Als Träger soll ein noch zu gründender Verein fungieren, der gegenüber der Stadt als Vertragspartner auftritt.

Der Plan sieht vor, einige Trennwände zu entfernen, außerdem müssten die Elektrik und die Lüftung erneuert, der Brandschutz geklärt sowie die Toiletten modernisiert werden. Wie viel das kosten wird, kann Graßnick noch nicht sagen. „Wichtig ist zunächst, dass wir von der Stadt die Genehmigung für die Umbauten und die geplante Nutzung bekommen“, sagt er.

Eine Sprecherin der Stadt sagt, das Nutzungskonzept werde derzeit von den Fachämtern geprüft. Wie lange das dauert, sei derzeit noch unklar. Der CDU-Stadtrat Philipp Hill brachte für die Finanzierung die mit dem Doppelhaushalt 2018/19 eingestellten Mittel für Maßnahmen in den Stadtbezirken ins Gespräch. Ex-Lehrer Graßnick hofft zudem auf Sponsoren.

Genaueres zu dem Konzept können Besucher am 17. März erfahren: Da wird Graßnick vor Ort seine Kulturbunker-Idee vorstellen. Außerdem tritt er am Dienstag, 20. März, im Bezirksbeirat auf. Sitzungsbeginn im Bürgerzentrum West ist um 18.30 Uhr.