In den Diakonieladen kommen manche zum Stöbern, andere zum schnellen Kauf. Foto: Rudel

Der Diakonieladen am Ottilienplatz ist Treffpunkt und Einkaufsort zugleich. Studenten, Flüchtlinge und weniger gut betuchte Menschen kaufen Kleidung und finden Seelentrost. Das scheint auch nötig, denn die Bedürftigkeit steigt.

Esslingen - Den Menschen, die das Geschäft mit der markanten blauen Markise am Esslinger Ottilienplatz betreten, sieht man die Bedürftigkeit nicht an. Seit das alte Haus vor 20 Jahren mit viel Einsatz der Mitarbeiter renoviert wurde, kaufen aber viele dort ein. Sechs Tage die Woche können weniger gut betuchte Menschen für einen kleinen Obolus ihre Garderobe oder ihren Hausrat erweitern.

Ein Schild hinter der Theke weist darauf hin, dass die Preise nicht verhandelbar sind. Obwohl im Diakonieladen jedes Teil nur wenige Euro kostet, muss die Info gut lesbar hier hängen. Viele Leute wollen ganz einfach feilschen. Davon können die Mitarbeiterinnen ein Lied singen. Da hilft es, wenn sie ihren Worten noch etwas Nachdruck verleihen können und auch mal auf das Schild zeigen.

Mit der Bedürftigkeit steigt auch die Zahl der Kunden

Bereits am Vormittag kommt eine Dame mit einer Tasche voll Kleiderspenden in den Laden. Eine Mitarbeiterin nimmt sich der Sachen an. Jedes Teil wird genau angeschaut. Was Flecken und Löcher hat oder gar zu abgetragen ist, das gehört nicht in den Laden.Das dem kritischen Blick der Ehrenamtlichen Stand hält, bekommt ein Preisschild. Eine Bluse darf zwischen 1,50 und drei Euro kosten, der Mantel zwischen acht und 15 Euro, die Socken gibt es für 20 Cent, ein Tafelmesser auch. Damit es möglichst einheitlich ist, gibt eine Liste. Das sorgt für ein wenig Ordnung – auch wenn die meisten der 20 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen sie schon auswendig kennen. Viele arbeiten schon seit Jahren mit.

Wie fast jeden Tag ist auch an diesem Donnerstagmorgen viel los im Geschäft. Ein paar Frauen lassen sich Zeit. Gemütlichbetrachten sie Pulli für Pulli, während ein älterer Herr schnurstracks auf eine Kleiderstange zugeht, einen Anzug in seiner Größe herausnimmt und gleich zur Kasse eilt. „Das macht zehn Euro“, sagt die Frau hinter der Theke freundlich, ein höfliches Danke wird ausgetauscht. Das war’s.

„Täglich kommen um die 50 Menschen zum Einkaufen her“, sagt Reinhard Eberst, der Leiter des Diakonieladens. In der Filiale in die Küferstraße nur wenige Meter entfernt zählt er täglich sogar 100 Kunden. Dort ist auch sein Büro. „In der Küferstraße gibt auch Kinderbekleidung und Möbel“, sagt er. Die Zahl der Kunden sei etwas höher, als noch vor einigen Jahren. „Für uns heißt das im Umkehrschluss, dass es immer mehr Menschen gibt, die sich vieles nicht leisten können“, erklärt Eberst. Neben Sozialhilfeempfängern, Flüchtlingen und Obdachlosen kaufen im Diakonieladen auch Menschen ein, die von Teilzeit- und Leiharbeit leben müssen und deren Geldbeutel noch vor Ende des Monats leer ist.

Vom Kellerladen zur Institution

Dank der vielen Käufer kann sich der Laden selbst tragen. Als man vor 20 Jahren beschloss, ein Geschäft zu eröffnen, war die Angst, die laufenden Kosten nicht decken zu können, groß. Doch die Kleiderausgabe im Keller der Beratungsstelle des Kreisdiakonieverbands in der Berliner Straße zu belassen war auch keine Option. „Man hat dann lange gesucht und wurde am Ottilienplatz 13 fündig. Das Haus war baufällig und feucht“, sagt Eberst. Mit viel Eigenleistung und Unterstützung vom Vermieter habe man dann saniert.

Seitdem ist das Haus eine Institution. Denn viele Menschen kommen nicht nur zum Einkaufen her. „Oftmals sind wir Seelentröster“, sagt Irmtraud Streletzki. In den 20 Jahren, in denen sie fast täglich ehrenamtlich mitarbeitet, hat sie schon viele schwere Schicksale gehört. „Wir haben immer ein offenes Ohr“, fügt sie hinzu. Man solle jeden Tag etwas Gutes tun, findet sie. Doch auch für die Rentnerin ist die Arbeit wichtig, „weil ich täglich daheim rauskomme“. Jeden Morgen decken sie und ihre Kolleginnen den Esstisch, der in der hinteren Ecke des Laden steht. Dann wird Kaffee getrunken und gefrühstückt. „Manchmal kommen auch Obdachlose. Die kriegen dann auch einen Kaffee“, sagt sie.