Großer Bahnhof beim offiziellen Abschied von Diakon Peter Seidl und seiner Traudl am Sonntag in Schmiden. Foto: Ingrid Sachsenmaier

Im Ruhestand soll es für den 63-jährigen Pensionär mehr Zeit für die fünf Enkeltöchter geben. Auch ein Umzug steht an: Ende August zieht das Ehepaar Seidl zurück nach Nürtingen.

Schmiden - D

ie Aufmerksamkeit der Katholiken in Schmiden galt am Sonntag ausschließlich ihrem scheidenden Diakon. Nach 23 Jahren verabschiedet sich Peter Seidl in den Ruhestand. Der Tag begann in der Dreifaltigkeitskirche mit der Eucharistiefeier, die aus Anlass der Verabschiedung des 63-Jährigen vom Kirchen- und einem Projektchor mit der Saarbrücker Messe mitgestaltet wurde. Im Anschluss wurde im Maximilian-Kolbe-Haus gemeinsam Kirchweih gefeiert – und „Tschüss“ gesagt zum Ehepaar Seidl.

23 Jahre haben die beiden in Schmiden gewirkt, nun geht es zurück nach Nürtingen

23 Jahre haben die beiden in Schmiden gewirkt. Nun geht es zurück nach Nürtingen, von wo sie 1993 mit den Söhnen Tobias und Benjamin ins Schmidener Pfarrhaus zogen. Für Peter Seidl war es die erste Stelle als Diakon, Ehefrau Traudl unterrichtet bis heute als Religionslehrerin in der Anne-Frank- und der Albert-Schweitzer-Schule. Dass bei der Verabschiedung die Plätze fast nicht ausreichend, zeigt, wie verwurzelt das Paar in dem Fellbacher Stadtteil war.

Dabei war der Weg ins pastorale Amt für den mit vier Geschwistern aufgewachsenen Peter Seidl nicht vorgezeichnet. Der gebürtige Esslinger erlernte den Mechaniker-beruf, die Meisterprüfung nutzte er, um an eine Schule für geistig Behinderte zu unterrichten. Das Leben hatte aber noch anderes mit dem Katholiken vor: Im Nebenraum einer Metzgerei gründeten er uns seine Frau an ihrem damaligen Wohnort in Oberensingen einen Bibelgesprächskreis, der christliche Glaube lieferte den Impuls, Theologie im Fernkurs zu studieren.

Als Diakon verfolgte er vor allem die Ideen des Franziskus von Assisi

„Ich wollte mehr über Gott erfahren“, sagt Peter Seidl über die Entscheidung, die sich für ihn als richtig erwiesen hat. Als Diakon verfolgte er vor allem die Ideen des Franziskus von Assisi. Das hölzerne, weich geschwungene Tau des Franziskus hat Peter Seidl fast immer um den Hals hängen. Sieben Mal war er mit Jugendlichen der Schmidener Dreifaltigkeitskirche als Abschluss der Firmvorbereitungen in Assisi. Just am Freitag erreichte ihn eine Postkarte von dort. Eltern eines früheren Firmlings hatten den Ort in Italien aufgesucht – und an Peter Seidl gedacht.

Die bewusste Hinwendung zu den Menschen war für ihn als Diakon wichtig, der Anfang in Schmiden allerdings nicht einfach. „Sie sind nicht geeignet als Diakon“, habe ihm der frühere Pfarrer Hoch gesagt. Seidl ließ sich nicht einschüchtern und erlebte Jahre später eine „fantastische Zeit“ mit Pfarrer Podzorski und Gemeindereferentin Hermine Bauer. „Sie nannten uns das Dream-Team“, erzählt er mit funkelnden Augen. Mittlerweile sind die Zeiten wieder andere, Peter Seidl packt deshalb nach 48 Jahren im Arbeitsleben die Gelegenheit beim Schopf und geht in den Ruhestand. Spätestens Ende August zieht das Ehepaar zurück nach Nürtingen, wo eine Eigentumswohnung auf sie wartet. Seidl will „ein Sabatjahr einlegen, mehr Zeit für die fünf Enkeltöchter haben und den Tag langsamer angehen lassen“. Die Begeisterung für die franziskanische Gemeinschaft wird ihn begleiten und sicher auch neue Perspektiven aufzeigen. „Vielleicht in der Asylarbeit oder beim Nabu“, überlegt er.

„Was willst Du, dass ich Dir tue“, ist ein Leitsatz von Peter Seidl

„Was willst Du, dass ich Dir tue“, ist ein Leitsatz von Peter Seidl, der nichts hält von der Priesterzentriertheit, sondern die „Botschaft der Mensch gewordenen Liebe“ ohne Hierarchien weitergeben möchte. Er wird vieles vermissen, was er als Diakon mitgetragen hat. Das „Beheimatet-Sein bei den Menschen“, sie in der Trauer zu begleiten, auf die Eheschließung vorzubereiten, im Kindergarten auf sie eingehen und in der Jugendarbeit nach vorne schauen.

Die Stelle des Diakons in Schmiden ist ausgeschrieben, aber es gibt noch keine Bewerbung. „Es ist nicht jedermanns Sache, ins Pfarrhaus zu ziehen,“ weiß Peter Seidl. „Eine Privatsphäre gibt es nicht wirklich.“ Er und seine Frau kamen damit zurecht. Am 31. Juli ist der letzte Arbeitstag, bis Ende August feiert Seidl seinen Resturlaub ab.

Es wird noch zwei offizielle Momente des Abschieds geben

Davor wird es noch zwei offizielle Momente des Abschieds geben – am 3. Juli beim ökumenischen Gottesdienst im Zelt des Musikvereins Oeffingen, am 24. Juli bei Gottesdienst und Stehempfang in Christus König in Oeffingen. In den nächsten Wochen will Seidl sich bei Weggefährten verabschieden. „Es werden Tränen fließen und viel Herzblut dabei sein“, ist er sicher.