Mächtig angefressen: Hertha-Trainer Pal Dardai. Foto:  

Hertha-Trainer Pal Dardai ist nach dem Pokal-Aus gegen den BVB mächtig angefressen – und legt sich mit einem Sky-Reporter an. Wir haben den Dialog im Wortlaut.

Berlin/Stuttgart - Pal Dardai ist eine ehrliche Haut. Der Trainer von Hertha BSC ist der geblieben, der er schon als Spieler war: ein authentischer Kämpfer, der gerne mal austeilt – auch verbal. Nach dem Halbfinal-Aus im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund (0:3) platzte Dardai vor laufenden TV-Kameras der Kragen. Der Ungar fühlte sich vom Reporter des Bezahlsenders Sky unfair behandelt. Der folgende Dialog ist schon jetzt ein kleines Stück Fernsehgeschichte – und erinnert auch an ein bisschen an die legendäre Mist-Käse-Scheißdreck-Rede von Ex-Bundestrainer Rudi Völler aus dem Jahr 2003 nach einem 0:0 gegen Island. Damals auf der Insel hieß der Moderator Waldemar Hartmann. Nun, bei Pal Dardai im Berliner Olympiastadion, war der Mann am Mikro Thomas Wagner. Bühne frei!

Pal Dardai: Ich habe nie Hoffnung gehabt. Wir haben hart gearbeitet, wir haben eine Chance gehabt heute, aber keine Hoffnung. Hoffnung ist ein komisches Wort. Wir haben es Dortmund in der ersten Halbzeit sehr schwer gemacht, keine Räume zugelassen. Dann haben sie zwei riesen Torchancen, und eine haben sie gemacht. Kurz vor Schluss der ersten Halbzeit hat Jens Hegeler mit einer riesen Torchance das 1:1 verpasst. Wenn wir das 1:1 machen, entwickelt sich etwas. In der zweiten Hälfte wollten wir mehr Druck ausüben. Zum Schluss muss man sagen, dass Dortmund zu schwer für uns war. Wir müssen öfter bei so einer Kulisse gegen solche Mannschaften spielen, weil die Jungs dadurch lernen. Man hat gespürt, dass bei diesem Lerneffekt noch etwas fehlt.

Reporter: Dennoch sind Sie reingegangen gegen diese starke Dortmunder Mannschaft, um geordnet zu stehen, aber es hat zu Beginn ein bisschen der Mut gefehlt. Der Mut nach vorne zu spielen, Akzente zu setzen, als Heimmannschaft vor dieser Kulisse ...

Dardai: Wie sollen wir das machen? Das müssen Sie mir erklären, dann mache ich sehr gerne mit.

Reporter: Ja gut, wenn man Zweikämpfe gewinnt und ein bisschen höher steht, wenn man Freistöße bekommt, dann geht vielleicht auch mal einer rein.

Dardai: Haben Sie nur die Freistöße gesehen, oder dass wir uns den Ball erkämpft haben? Wir sind nur hinterhergelaufen, nicht in die Zweikämpfe gekommen. Das war das Problem. Nach 20 Minuten kriegen wir ein unnötiges Tor - das war keine Überzahl -, und zum Schluss der ersten Hälfte wäre sogar fast das 1:1 gefallen. Dann wäre alles wunderbar gewesen. In der zweiten Halbzeit hatten wir genug Torchancen für so einen Verein, für so ein Spiel. Das war genug für Hertha BSC. Nur die Euphorie spricht für Hertha BSC und unsere Verhältnisse. Da können Sie mir alles erzählen, aber wenn wir in der ersten Halbzeit auf Konter gesetzt hätten, wäre das so geendet wie für Liverpool (Liverpool lag gegen den BVB im Europa-League-Spiel gegen den BVB nach neun Minuten mit 0:2 zurück, d. Red.). Wir haben ein Limit, das Schnelligkeit heißt. Wir haben gut gekämpft, wir haben alles gegeben, nur hat in der ersten Halbzeit das nötige Glück gefehlt. In der zweiten Halbzeit war jede Konterbewegung eine hundertprozentige Torchance, Rune Jarstein hat überragend gehalten und uns am Leben gehalten. Also sorry, es gibt ein Limit. Wir haben alles gegeben und müssen jetzt nicht alles kaputt reden.

Reporter: Wir haben ja auch gar nichts kaputt geredet. Ihre Mannschaft hat ja auch alles gegeben ...

Dardai: Sie haben gerade gesagt, dass meine Mannschaft nur verteidigt hat. Natürlich musst du verteidigen. Wenn Sie eine bessere Idee haben, nehme ich sehr gerne Unterricht von Ihnen. Kommen sie zur Hertha, sehen Sie sich unsere Werte an und finden Sie eine bessere Lösung. In der zweiten Halbzeit haben wir die „bessere Lösung“ gewählt, und wie viele Torschüsse hatte Dortmund da? Also, ein bisschen mehr Respekt…

Reporter: Moment Herr Dardai, das kann ich so nicht stehen lassen.

Dardai: Die Jungs haben gut gekämpft, und dann kommen Diskussionen auf, dass wir zu defensiv gespielt haben. Sorry, wir waren offensiv genug, die besten offensiven Spieler waren auf dem Platz, also bitteschön bessere Fragen stellen, sonst brauchen wir nicht zu diskutieren. Oder Sie kommen zu mir, geben mir Unterricht, wie ich gegen Dortmund verteidigen soll. Ich bin ein offener Mensch, da mache ich sehr gerne mit. Sie haben meine Mannschaft rundgeredet, dass sie zu defensiv, nicht mutig genug gespielt hätte. Sorry, solche Fragen brauche ich nicht. Bitte stellen Sie andere Fragen, und ich werde darauf antworten.

Reporter: Okay, Sie haben gerade erzählt, wie viele Chancen Borussia Dortmund in der zweiten Hälfte hatte. Sie haben zwei Tore geschossen und hatten noch drei Hundertprozentige. Was ist da denn schief gelaufen?

Dardai: Das habe ich gerade erklärt, haben Sie nicht zugehört? Es war schwierig zu verteidigen für unsere Verhältnisse. Es ist eine junge Mannschaft, die unter Druck steht und die lernen muss. Sie müssen sich immer wieder solchen Situationen stellen, um besser zu werden. Wenn wir es schaffen in der Bundesliga oben zu bleiben, haben wir nächstes Jahr in der Europa League öfters solche Spiele, dann werden sie sich weiterentwickeln. In der zweiten Hälfte muss man mehr Räume geben, mehr nach vorne spielen, was Sie sich gerade gewünscht haben, und dann kommt Dortmund eben zu Torchancen…

Reporter: In der zweiten Halbzeit haben Sie ja 0:1 zurück gelegen, da mussten Sie ja was tun.

Dardai: Ja, das habe ich ja gemacht!

Dardai: Gut, aber wenn Sie sagen, dass das Material von Dortmund besser als das von Hertha ist ...

Dardai: Schnelligkeit! Material ist für Spieler ein komisches Wort.

Reporter: Okay, dann sagen wir, wenn Schnelligkeit und das Vermögen von Dortmund besser ist, wie kann man denn dann so ein Spiel gewinnen?

Dardai: Genau so wie in der ersten Halbzeit: Kompakt verteidigen, gut umschalten, aber man muss sich auch entlasten mit Freistößen und Ballbesitz. Die ersten 20 Minuten waren viel zu schnell für uns. Wir mussten diese 20 Minuten überleben, und wenn du das überlebst, hast du wieder Luft, dann kannst du durchkommen. Während der Endphase der ersten Halbzeit haben wir richtig gut mitgemacht, und die Torchance war da. Sie haben zwei verschiedene Fragen gestellt, und langsam verstehe ich Sie nicht mehr! Ich habe erklärt, dass wir in der zweiten Halbzeit Räume gelassen haben und wir dadurch Probleme bekommen haben. Bitte haben Sie mehr Respekt, meine Jungs haben gut gearbeitet, das war organsiert, wir sind ans Limit gegangen! Das kann man in den Werten sehen, jeder Spieler ist viel gelaufen. Sorry, wenn Sie das anders sehen, dann haben wir ein Problem!

Reporter: Okay, dann haben wir beide ein Problem und beenden das Ganze an dieser Stelle. Ich habe den Respekt vor Ihrer Mannschaft nie verloren, aber ich bin trotzdem der Meinung, Sie hätten vielleicht ein bisschen höher verteidigen können.

Dardai: Meine Spieler sind kein Material!

Reporter: „Spieler-Material“ ist ein gängiges Wort, tut mir leid. Dann beenden wir es, vielen Dank.