Der VfB Stuttgart spielt am Mittwochabend gegen Freiburg. Foto: Pressefoto Baumann

SC Freiburg – da war doch was: Im April gewann der VfB Stuttgart 2:1 und erfüllte sich den Traum vom Pokalfinale. Jetzt kommt es zur Neuauflage im Breisgau – und wieder dient Berlin als Motivation. Trainer Schneider beschwört sein Team und stichelt gegen Kollege Streich

Stuttgart - Christian Streich spielt die Bedeutung der Begegnung herunter. Für den Trainer des SC Freiburg ist das Derby an diesem Mittwoch (20.30 Uhr/Sky) nur „ein Pokalspiel gegen den VfB“. Mehr nicht? Mehr nicht. „Einer gewinnt, einer verliert“, sagt Streich lapidar. Auch die SC-Fans gehen die Partie gelassen an: Am Montag waren noch 3000 Karten übrig.

Euphorie fühlt sich anders an. Aber da gibt es ja zum Glück noch den VfB.

Im Clubheim auf dem Cannstatter Wasen sitzt Streichs VfB-Kollege Thomas Schneider und lächelt freundlich. So kennt man den Trainer: sachlich, bescheiden, eher zurückhaltend. Dabei kann er ganz anders. In Sekundenschnelle setzt Schneider sein zweites Gesicht auf. Das Stichwort heißt Derby, die Zugabe lautet Pokal. Beides zusammen, unter Flutlicht, ergibt die Mischung, die Fußballerherzen auf Trab und die Gemüter in Wallung bringt. „Derby, das macht doch den ganzen Reiz aus“, sagt Schneider und schmunzelt: „Das ist die besondere Motivation. Wenn es hoch hergeht, wenn die Wogen hochschwappen und Aggressivität im Spiel ist, ohne dass Grenzen überschritten werden – das macht Spaß.“

Weil Vorfreude bekanntlich die schönste Freude ist, läuft der VfB heiß fürs Duell der Emotionen. Allen voran Thomas Schneider, der Christian Streich über den Schellenkönig lobt – für dessen Arbeit als Trainer. Als Spieler ist er ihm nur einmal begegnet: Saison 1991/92, ebenfalls DFB-Pokal, Achtelfinale. Streich spielte damals für den Freiburger FC, der VfB rückte mit Größen wie Eike Immel, Guido Buchwald, Maurizio Gaudino und Fritz Walter an. Und mit dem 18 Jahre alten Verteidiger Thomas Schneider, der es mit Streich zu tun bekam. „Er hat mit Haken und Ösen gespielt, er war ein ziemlich unfairer Spieler“, erinnert sich Schneider, „so habe ich es empfunden, aber ich war ja noch jung.“ Streich, darauf angesprochen, weicht aus: „Ich kann mich nicht daran erinnern.“ Was womöglich mit dem Ergebnis zu tun hat: Der VfB gewann 6:1.

Schneider: „Es wäre sicher eine Überraschung, wenn wir ausscheiden würden“

1996/97, auf dem Weg ins Pokalendspiel, hat Schneider im Viertelfinale mit dem VfB gegen den SC gewonnen, 5:3 nach Elfmeterschießen. „Ich habe gute Erinnerungen an Freiburg“, sagt er. Die will er sich nicht nehmen lassen, auch nicht an diesem Mittwoch. Der VfB ist gewarnt. Die großen Pokal-Überraschungen, sagt Schneider, werden seltener. Weil die Favoriten die vermeintlichen Außenseiter immer ernster nehmen. Was denn beim Duell an diesem Mittwoch eine Überraschung wäre? Schneider überlegt nicht lange: „Es wäre sicher eine Überraschung, wenn wir ausscheiden würden.“

Es ist die Kampfansage an Streich und den SC. Der VfB will sich nicht verstecken, er stellt sich, er nimmt die Favoritenrolle an – und den Gegner ernst. „Die Freiburger stehen kompakt, mit ihrem Mittelfeldpressing verdichten sie die Räume und schalten schnell um“, sagt Schneider, „wir werden Geduld aufbringen müssen.“ Bloß nicht hektisch werden, nicht den Faden und die Nerven verlieren! Denn am Ende winkt eine fürstliche Belohnung: die Aussicht auf das Finale in Berlin. Neue, zusätzliche Emotionen, die Schneider vor dem Zweitrundenduell gezielt einsetzt.

Personell wird es Änderungen geben

Sie haben es selbst erlebt. Am 1. Juni stand der VfB im Finale gegen Bayern München. Gut, sie haben nicht gewonnen – und doch war es ein überragendes Erlebnis. „Wir alle haben noch im Hinterkopf, wie schön das war“, sagt Vedad Ibisevic, „da wollen wir diese Saison wieder hin, das soll uns zusätzlich motivieren.“ Die Botschaft ist angekommen. Das Trainerteam hat die schönsten Szenen auf Video zusammengestellt. „Das nehmen wir in die Vorbereitung auf das Spiel mit rein. Wir wollen die Spieler an die vielen positiven Emotionen in Berlin erinnern“, sagt Thomas Schneider, der personell die eine oder andere Änderung vornehmen wird. Die neuen Spieler wie Thorsten Kirschbaum, der den verletzten Sven Ulreich im Tor ersetzt, dürften sich mühelos davon anstecken lassen.

Und der SC Freiburg? Die stärksten Spieler der vergangenen Saison sind weg, der Kader ist runderneuert und hat Mühe, sich zu finden. Seit sieben Pflichtspielen ist die Mannschaft ohne Sieg. Gegen den VfB hofft sie auf die Wende. „Die beste Therapie wäre, wenn wir gewinnen“, sagt Admir Mehmedi. Wenn da nicht sein spezielles Problem wäre: „Immer, wenn ich treffe, gewinnen wir nicht.“ Deshalb hat der Stürmer einen kuriosen Entschluss gefasst: „Gegen Stuttgart treffe ich einfach mal nicht.“ Beim VfB halten sie das übrigens für die Idee des Jahres.