Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gewinnt durch ein 1:0 gegen Chile erstmals den Confed-Cup. Ein Titel, der zwar längst nicht die Strahlkraft hat wie eine EM oder WM, der aber in diesem Fall umso bemerkenswerter ist.
St. Petersburg - Am Sonntagmorgen vor dem Endspiel hat Oliver Bierhoff im Gespräch mit Journalisten einen einprägsamen Satz formuliert. „Wenn man den Adler auf der Brust trägt“, befand der Teammanager der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, „werden zusätzliche Energien freigesetzt.“ Den Beweis dieser These sollten die Spieler am Abend noch einmal nachreichen. Und sie taten es. Im Finale in St. Petersburg schlugen sie den leichten, aber schon ein wenig überalterten Favoriten Chile 1:0 (1:0) und gewannen damit zum ersten Mal den Confederations Cup. Ein Titel, der zwar längst nicht die Strahlkraft hat wie eine EM oder WM, der aber umso bemerkenswerter ist, weil dieser Coup mit einer als B-Team verkleideten A-Mannschaft geschafft wurde.
„Da wir so noch nie zusammengespielt haben, ist der Titel umso höher zu bewerten“, befand Kapitän Julian Draxler. „Wir haben mit unserem Perspektivteam mehr erreicht als erwartet“, sagte Bundestrainer Joachim Löw, „wir haben um jeden Zentimeter gekämpft. Ich bin unglaublich stolz auf die Mannschaft.“ Löw warnte aber auch: „Der Confed Cup sagt jedoch nichts über die künftige WM aus.“ Da will einer seinen Flugschülern Bodenhaftung vermitteln, derweil Bierhoff lobte: „Das hier war nicht nur eine Einzelprüfung für 21 Spieler. Ich gebe zu, dass wir Verantwortliche im Vorfeld des Confed-Cups nicht hurra geschrien haben, aber im Nachhinein war es eine super Erfahrung.“
Joshua Kimmich: „Es war nicht alles super“
Damit war nicht nur die Stadtrundfahrt am Vortag des Finals im strömenden Regen gemeint, sondern das Erlebnis Russland insgesamt. Mit dem von umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen begleiteten Endspiel vor ausverkauftem Haus an einem milden, trockenen Abend in der beeindruckenden Arena als sportlichen Höhepunkt.
„Es war nicht alles super“, analysierte Joshua Kimmich, aber kämpferisch und vom Zusammenhalt her war es erste Sahne.“ Anfangs wurde die deutsche Mannschaft von extrem aggressiven Chilenen aber hin- und hergespielt. Die Südamerikaner waren schneller im Kopf und auf den Beinen, und den deutschen Fans dürfte Angst und Bange um ihre Mannschaft geworden sein. Immer wieder verlor das DFB-Team früh den Ball, oft spielte es nur zurück. Aber Chile machte nichts aus seinen Chancen.
Dagegen demonstrierten die Deutschen, die vor dem Wechsel nur auf eine Ballbesitzquote von 37 Prozent kamen, erhöhte Effizienz. Sie lauerten auf ihre Chance, und siehe da: Allen voran Marcelo Diaz verlor immer mal wieder die Konzentration am Ball. In der 20. Minute, gerade hatte es vor dem deutschen Tor mal wieder heftige Unruhe in Person von Arturo Vidal und Alexis Sanchez gegeben, preschte Topscorer Timo Werner dazwischen, Diaz grätschte vergebens, ehe Lars Stindl die perfekte Vorarbeit zur Führung ins Tor schob. Danach zeigte sich Chile beeindruckt. Der Ball lief nicht mehr wie selbstverständlich durch die Reihen, immer wieder gelang es den Deutschen, Bälle zu klauen und sich mit dem Diebstahl am Fuß in Höchstgeschwindigkeit auf und davon zu machen. Und tatsächlich hätten dann der bärenstarke Julian Draxler, der anschließend zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde, und zweimal Leon Goretzka noch vor der Pause sogar noch einen höheren Vorsprung herausschießen können. Das wäre des Guten allerdings doch zu viel gewesen.
Der Referee verlor seine Linie, das Spiel ebenfalls
Nach dem Wechsel zeigten deutsche Ersatzspieler zunächst einmal überflüssiges Kasperletheater, indem sie in Person von Ersatzkeeper Kevin Trapp den Ball nicht hergeben mochten. Entsprechend sauer reagierten die Chilenen, es kam zu unansehnlichen Scharmützeln sogar zwischen den Münchner Teamkollegen Joshua Kimmich und Vidal, ehe Gonzalo Jara nach einer Ellbogenattacke gegen Werner trotz Videobeweises nur Gelb sah. „In der zweiten Halbzeit wurde kaum mehr Fußball gespielt“, erkannte Werner.
Die Angriffe der Chilenen wurden immer wütender, das Gemotze und Genörgel immer lauter. Der Referee verlor seine Linie, das Spiel ebenfalls. Aber ter Stegen, der „Man of the match“, behielt die Übersicht – am Ende, nach der nächsten und übernächsten klamottenhaften Rudelbildung, jubelten mal wieder die Deutschen mit einem Goldpokal in den Händen.