Voller Einsatz: Timo Werner im EM-Qualifikationsspiel gegen Estland Foto: Getty

Warum für den ehemaligen VfB-Stürmer Timo Werner in der DFB-Elf gerade nur ein Bankplatz bleibt – und es rund um seinen angestrebten Transfer zum FC Bayern Fragezeichen gibt.

Mainz - Wenn ein Stürmer in der Luft hängt, war das noch selten ein gutes Zeichen. Er ist dann irgendwie außen vor, er ist nicht wirklich mittendrin, er ist nicht aktiv am Spiel beteiligt. Und manchmal sogar ein bisschen ohnmächtig, weil er die Dinge nicht beeinflussen kann.

Er kommt dann nicht zum Abschluss.

Beim Nationalspieler Timo Werner (23) ist dieses Phänomen gerade zu beobachten. Er hängt in der Luft, und mehr noch: Er scheint gerade zwischen allen Stühlen zu sitzen. Werner ist: irgendwo im Nirgendwo. Denn seine Zukunft, sie ist komplett offen. Und ein Abschluss, in welcher Form auch immer, ist nicht in Sicht. Dabei ist der Werner ja gerade verdammt anspielbar, er wartet nur darauf, bis ihm der FC Bayern endlich den Steilpass gibt, seinem aktuellen Arbeitgeber RB Leipzig ein angemessenes Angebot macht und er im Sommer im Sauseschritt nach München sprinten kann.

Die Sache aber ist nicht so einfach, wie sie sich vor ein paar Wochen vielleicht noch darstellte. Weshalb sich rund um Werners Zukunft plötzlich viele offene Fragen auftun. Wechsel zum FC Bayern, ja oder nein, und wenn ja, wann? Oder doch: Verbleib bei RB Leipzig, und wenn ja, wie lange? Das sind die frischen Debatteninhalte rund um den ehemaligen Profi des VfB – der auch auf dem Platz schon bessere, da klarere Zeiten erlebt hat.

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Es ist dabei wohl arg übertrieben zu behaupten, dass die Karriere des gebürtigen Cannstatters gerade ins Stocken gerät, dass der Weg nach oben sogar in Gefahr ist – fest steht aber eins: Werners Laufbahn steht an einem entscheidenden Punkt. Und das nicht nur auf Vereinsebene, wo sein Vertrag in Leipzig noch ein Jahr läuft. Sondern auch, was seine Rolle in der Nationalelf angeht – dort also, wo Werner, noch vor einem knappen Jahr das heißeste Zukunftsversprechen, gerade nur noch ein Bank-Angestellter ist. Denn in den vergangenen drei Länderspielen saß er draußen, und nur beim jüngsten, dem 8:0 gegen Estland, kam er rein – und traf prompt. Das Tor zum 7:0 war mal wieder ein echter Werner. Ein Sprint in die Tiefe, ein Lupfer, ein Tor, aufgrund dieser Fähigkeiten interessiert sich ja der große FC Bayern für den Stürmer.

2020 wäre Werner ablösefrei

Aber, wie zu hören ist, eben nicht mehr in der letzten Vehemenz als noch vor ein paar Monaten. Die Dinge haben sich gedreht. Offenbar spielt Werner gerade nur noch die zweite Geige. Hinter einem gewissen Leroy Sané von Manchester City, um den der Rekordmeister ja mit Nachdruck buhlt – aktuell mit mehr Nachdruck als um den Leipziger. Wie zu hören ist, wollen die Bayern Werner nur dann schon jetzt holen, wenn sie Sané, der noch unentschlossen ist, nicht bekommen.

2020 dann wäre Werner ablösefrei, die Bayern könnten theoretisch erst dann zuschlagen – und sich so die Ablöse sparen die sie jetzt in Sané investieren könnten. Dem Wechselwilligen wiederum drohte in Leipzig in diesem Fall ein Bankplatz – denn RB kann nicht mehr lange auf eine Entscheidung warten, der Club sucht bereits nach einem neuen Stürmer.

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Werner also ist gerade so etwas wie ein wandelndes Fragezeichen, was seine Zukunft angeht – dabei schien der Weg noch vor einem knappen Jahr klar vorgezeichnet zu sein. Der Turbostürmer auf der Überholspur, ein Nationalstürmer der Extraklasse, der bestimmt auch schon bald bei einem ganz großen Club unter Vertrag steht, das war die Wahrnehmung vor der WM 2018. Beim desaströsen Auftritt der deutschen Elf in Russland litt Werner dann unter dem langsamen Ballbesitzfußball. Der Mann, der die Räume braucht, hatte einfach keine.

Reus zieht an Werner vorbei

Hinterher dann galt Werner als einer der Fixpunkte des Neuaufbaus. Er gehörte mit Serge Gnabry und Leroy Sané beim ersten echten Umbruchspiel im Herbst in Paris gegen Frankreich zur Startelf. Gnabry und Sané sind nach ihren jüngsten starken Auftritten nicht mehr wegzudenken aus der Angriffsreihe – Werner aber ist aktuell außen vor. Weil ihm ein gewisser Marco Reus in die Quere kam. Der Kapitän von Borussia Dortmund ist nach überragender Saison der Mann der Stunde, er sticht auch in der Nationalelf als Anführer, als dynamischer Vollstrecker und als Vorbereiter heraus – und verdrängte Werner auf die Bank.

Das Problem: Werner bringt wie seine drei Konkurrenten zwar höchstes Tempo mit, ist aber nicht so variabel einsetzbar und im Dribbling nicht so stark. Dennoch: Er kann eine große Waffe sein mit seiner besonderen Mischung aus Geschwindigkeit und Torgefahr, mit seinen einzigartigen Laufwegen in die Tiefe. Der Mann hat nach wie vor das Zeug zum großen Durchbruch im internationalen Spitzenfußball.

Nur der Weg dahin, er scheint gerade ein bisschen zugepflastert zu sein.