Sarah Archut-Zeimpekoglou betreibt mit ihrem Mann Terry Zeimpekoglou das Café Monokel. Foto: Fritsch

Für Menschen mit kleinem Geldbeutel bieten zwei Cafés kostenlose Getränke an – wenn andere vorher dafür bezahlt haben. Wie kommt das soziale Projekt bei den Kunden an?

Echterdingen - Sarah Archut-Zeimpekoglou hat noch keinen Laden gehabt, da wusste sie schon, dass sie in jedem Fall sogenannten aufgeschobenen Kaffee anbieten will, sollte sie jemals Kaffee verkaufen. Nun betreibt sie mit ihrem Mann seit einem guten halben Jahr das Café Monokel an der Hauptstraße. Und fast seit der ersten Stunde steht das große Glas mit dem Aufdruck „Suspended“ auf dem Tresen. Das ist voller Gutscheine: Chai Latte, Hafer Latte, Espresso – jeder Gast darf sich daran bedienen und bekommt das entsprechende Getränk umsonst. Bezahlt haben dafür andere Kunden.

Ein Gast zahlt einen Kaffee und der nächste trinkt ihn – umsonst. Das ist das Prinzip hinter dem aufgeschobenen Kaffee, oder im Englischen „suspended coffee“. So nennt sich auch der Verein hinter der deutschlandweiten Aktion. Nicht nur Kaffee, sondern auch andere Lebensmittel oder Dienstleistungen können bei teilnehmenden Geschäften von einem Kunden bezahlt und von einem anderen in Anspruch genommen werden. Das soll Menschen helfen, die sich selbst nicht so viel leisten können. In Leinfelden-Echterdingen beteiligt sich neben dem Café Monokel auch das Mela Café an dem Projekt „Suspended“.

Ein Cafébetreiber findet einen Obdachlosen hinter seinem Laden

Erst seit ein paar Wochen gibt es im Mela Café den aufgeschobenen Kaffee. Erst seit Inhaber Hüseyin Kahraman einen Obdachlosen hinter seinem Laden gefunden hat. „Er lag in einem Schlafsack auf dem Parkplatz, ich habe ihn reingebeten und ihm einen Kaffee gemacht“, erzählt Kahraman, „das hat er dankend angenommen“. Der Cafébetreiber habe sich daraufhin überlegt, wie man Menschen in dieser Situation helfen kann und ist auf das Projekt „Suspended“ gestoßen. „Im Vordergrund stehen natürlich die Gäste, die sich keinen Kaffee leisten können“, sagt Kahraman, „aber das Angebot gilt bei mir auch für Leute, die gerade einfach kein Geld dabei haben“. Eine Liste darüber, wie viele Kaffees bezahlt und wie viele eingelöst wurden, führe er nicht. „Wenn mal einer mehr benötigt wird, zahle ich das gerne obendrauf“, sagt er. Bisher sei die Balance aber noch ganz gut. Nur an der Bekanntheit des Projekts könne man noch arbeiten, meint er.

Wer spendet Kaffee und wer nimmt die Gutscheine an?

Das sieht auch Sarah Archut-Zeimpekoglou so. Mit dem Gutscheinglas fällt die Aktion im Monokel zwar eher ins Auge der Kunden, aber die Betreiberin überlegt immer noch, wie sie es noch prominenter platzieren könnte. Deshalb trägt sie das Projekt auch aktiv nach außen. So habe sie zum Beispiel einige Gutscheine bei der Diakonie verteilt. „Uns ist der Solidaritätsgedanke dahinter sehr wichtig“, sagt Archut-Zeimpekoglou. „Kaffee hat ja immer auch eine soziale Komponente und wir wollen es jedem ermöglichen, am sozialen Leben teilzuhaben.“ Die Cafébetreiberin beobachtet aber, dass sich viele Gäste gar nicht trauen, die Gutscheine anzunehmen. „Vielleicht ist die Hemmschwelle hier auch größer, weil es bei uns so familiär ist“, meint sie. Dabei gibt es im Café Monokel gar keine Regeln, wer einen aufgeschobenen Kaffee annehmen darf und wer nicht. „Wir hinterfragen das nicht“, sagt Sarah Archut-Zeimpekoglou, „es darf auch jemand im schicken Anzug reinkommen und sich einen Gutschein nehmen“.

Während einige Kunden offenbar Schwierigkeiten haben, den aufgeschobenen Kaffee anzunehmen, sind laut Archut-Zeimpekoglou aber auffällig viele bereit, einen zu bezahlen. „Viele fragen, was es mit dem Projekt auf sich hat und es ist ganz toll von den Gästen, dass sie das Glas immer so gut füllen“, sagt sie.