Der Weg schlängelt sich durch den Reichenbach-Tobel, eine im schattig-kühlen Wald liegende Schlucht. Das macht auch kleinen Wanderern Spaß. Foto: Leif Piechowski

Geeignete Touren für Kinder zu finden, ist nicht immer leicht. Doch im Allgäu gibt es viele Möglichkeiten. Auf die richtige Mischung kommt es an.

Oberstdorf - Für Kinder ist schon der erste Weg des Urlaubs ein Erlebnis. Unterwegs trifft man auf Kühe mit riesigen Glocken um den Hals, auf grasende Pferde und allerhand Tafeln mit interessanten Erklärungen zu Flora und Fauna. Es geht vom Parkplatz der Söllereckbahn oberhalb von Oberstdorf zur Unterkunft für dieses Familien-Wanderwochenende: dem idyllisch mitten im Wald gelegenen Naturfreundehaus Freibergsee. Sobald das Auto abgestellt ist, wird mitsamt Gepäck marschiert - und das gilt auch für die Kinder in der Gruppe. Etwa eine halbe Stunde dauert der Marsch bis dorthin, zunächst leicht bergauf an der Bergbahn vorbei, dann gemütlich durch den Wald. Mit Kindern zum Wandern zu gehen, ist ein nicht immer einfaches Unterfangen. Bei der Touren-Auswahl gilt es allerhand zu bedenken.

Die Strecke sollte nicht zu lang sein und nicht zu sehr in der Sonne liegen, sie sollte nicht gefährlich sein und möglichst nicht auf Asphalt verlaufen, sie sollte abwechslungsreich und spannend sein. Und sie sollte genügend Möglichkeiten zur Rast oder zur Einkehr bieten. Zugegeben: Das sind wirklich nicht wenige Gründe, die so manche Eltern davon abhalten, überhaupt erst an eine Wandertour mit den Sprösslingen zu denken. Doch eines ist gewiss: Ein Blick auf die Wanderkarte, eine gute Vorbereitung und vor allem der Austausch mit Einheimischen helfen ungemein und können allen Beteiligten zu einem wunderbaren Wochenende mit vielen Erlebnissen verhelfen.

Der Ausblick auf die Berge ringsum ist gigantisch

Gleich am nächsten Morgen geht’s los mit dem Linienbus Richtung Kleinwalsertal ins vier Ortschaften weiter gelegene Riezlern, das bereits zu Österreich gehört. Von dort führt ein völlig ungefährlicher Wanderweg oben am Berg entlang über Almen und an urigen Hütten vorbei. Der Ausblick auf die Berge ringsum ist gigantisch: hinten das Fellhorn, vorn der Gatterkopf, links der Hohe Ifen, rechts das Söllereck. Für die Aussicht haben die Kinder zwar in dem Moment eher weniger übrig, doch immerhin sorgen wackelige und mit einer Schnur am Holzpfosten befestigte Tore mit der Aufschrift „Bitte Gatter schließen, Vieh bricht aus!“ bei so manchem Stadtkind dann doch für kurzes Erstaunen.

Nach zwei kurzweiligen Stunden zeigt sich auch schon das Berghaus am Söller am Horizont: Mittagsrast! Eine dampfende Suppe, echte Allgäuer Käsespätzle oder ein Vesperbrettl und zum Nachtisch ein Apfelstrudel: Das ist genau das, was man als Wanderer braucht. Weiter geht’s über den knapp vier Kilometer langen und stetig durch den Wald absteigenden Naturerlebnisweg mit vielen interessanten Stationen. Hier können nicht nur Kinder Wissenswertes über die Natur erfahren und etwa mit einem Ofenrohr ins Gebirge schauen oder das Baumstammtelefon ausprobieren. Eine kleine Zwischenrast auf der Alm Hochleite sorgt für die nötige Motivation für den weiteren Abstieg bis zum Naturfreundehaus, und wer Badezeug im Rucksack hat, ist gut beraten, schließlich liegt der Freibergsee nur wenige Minuten vom Haus entfernt. Auch am nächsten Morgen geht es wieder mit dem Linienbus ab dem Parkplatz los; diesmal in die andere Richtung, nämlich nach Oberstdorf, und nach dem Umstieg am Busbahnhof in die Linie 9745 bis nach Reichenbach. Das Gute an Touristenorten wie Oberstdorf ist, dass die Busfahrer eingestellt sind auf nach dem Weg fragende Wandersleute und mit stoischer Ruhe auf schnatternde Gruppen reagieren. Und so wird man noch persönlich auf die Haltestelle hingewiesen, an der man aussteigen muss.

Von Reichenbach aus geht es zunächst steil ansteigend den Berg hinauf, und manches sachte Kinderquengeln ist bereits zu hören. Doch was nach nur wenigen Minuten folgt, ist nicht nur für Kinder ganz wunderbar und entschädigt für den knackigen Anstieg: Der Weg schlängelt sich durch den Reichenbach-Tobel, eine im schattig-kühlen Wald liegende Schlucht, in der tosendes Wasser vom Berg herabschießt und sich schäumend in kleinen und großen Becken sammelt, bevor es sich weiter auf seinen unaufhaltsamen Weg nach unten macht. Es rauscht, es gurgelt, es zischt, es vibriert unter den Wanderschuhen - und es ist genau das, was Kinder brauchen und lieben: eine Mischung aus Abenteuer, Ungewohntem, Aufregendem, Spannendem, Sportlichem.

Vesperteller mit eigenem Käse

Und eines wird auch den Erwachsenen schnell klar: Ein kleines bisschen Kondition oder zumindest Ehrgeiz und Freude am Laufen muss man hier schon haben, denn der Weg führt über Stufen, Wege und Felsabschnitte teilweise steil bergan. Doch schon nach insgesamt etwa eineinhalb Stunden sieht man das lohnende Ziel vor sich: die Untere Richteralpe, zu der der Weg rechts abzweigt. Hier stehen das Ursprüngliche und das Einfache im Vordergrund, die Stube ist urig, die Terrasse mit schlichten Bänken bestückt. Vesperteller mit eigenem Käse gibt es hier und Buttermilch, Apfelstrudel und Griebenschmalzbrot. „Wir haben hier heroben leider keinen Herd, daher kann ich nur kalte Speisen anbieten“, entschuldigt sich die Wirtin Michaela Holderried.

Doch das ist der Wandergruppe egal, denn was hier oben zählt, sind der Ausblick, die Ruhe und vor allem der Spielplatz in direkter Nähe zur Terrasse, der direkt von den Kindern geentert wird und der die Erwachsenen entspannt ein kühles Helles trinken lässt. Kurz vor Ende des eineinhalbstündigen, leicht abfallenden Wallraffwegs bis direkt nach Oberstdorf gibt es schließlich noch ein Aha-Erlebnis: Ziemlich unvermittelt taucht plötzlich die Skiflugschanze „Erdinger Arena“ hinter den Bäumen auf. Wer jetzt noch Zeit und Lust hat, kann mit dem Aufzug bis ganz nach oben fahren und sich dort wie ein echter Skispringer fühlen. Für alle anderen gilt: ab auf den Spielplatz des Naturfreundehauses oder auf die dortige Terrasse mit herrlichem Ausblick auf die Bergwelt.

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Infos zum Allgäu

Anreise
Mit dem Auto auf der B 19 bis kurz vor Oberstdorf. Im Kreisverkehr Richtung Kleinwalsertal. Als Gast des Naturfreundehauses kostenloses Parken auf dem Parkplatz der Söllereckbahn Nord bzw. Süd. Mit dem Zug bis zum Bahnhof Oberstdorf. Von dort mit dem Bus in Richtung Baad/Kleinwalsertal bis zur Haltestelle „Söllereckbahn“. Vom Parkplatz aus geht es zu Fuß etwa eine halbe Stunde bis zur Unterkunft Naturfreundehaus Freibergsee.

Unterkunft
Naturfreundehaus Freibergsee (auch für Nichtmitglieder), www.naturfreundehaus-freibergsee.de , DZ mit Etagendusche inkl. Frühstück ab 30 Euro, mit HP ab 32 Euro (jeweils pro Person). Perfekt für Familien, da das Haus mitten im Wald liegt und über ein gut ausgestattetes Spielezimmer inkl. Tischtennisplatte sowie einen großen Spielplatz verfügt. Bei schönem Wetter wird auf der Terrasse gegrillt.

Zimmer in Oberstdorf gibt es über die Tourismus Oberstdorf, Telefon 0 83 22 / 70 00, www.oberstdorf.de .

Essen und Trinken
Einkehrmöglichkeiten auf den beschriebenen Touren Berghaus am Söller: Telefon 0 83 22 / 33 41, www.berghaus-am-soeller.de ,

Gasthof Hochleite: Telefon 0 83 22 / 33 90, www.hochleite.de (Dienstag Ruhetag),

Untere Richteralpe: Telefon 0 83 22 / 60 64 31, www.gaisalpe.de (Montag Ruhetag)

Weitere Touren
Zu Fuß ab dem Parkplatz Söllereckbahn in etwa einer Stunde bis zum Parkplatz an der Breitachklamm. Die tosende Klamm ist die tiefste Felsenschlucht Mitteleuropas und zählt zu den schönsten Geotopen Bayerns. Nicht nur für Kinder ein tolles Erlebnis. Breitachklamm, Telefon 0 83 22 / 9 65 70, www.breitachklamm.com , Öffnungszeiten täglich von 9 Uhr bis 18 Uhr (letzter Einlass 17 Uhr)

. Zurück mit dem Bus bis zum Ausgangspunkt. Mit dem Auto bis nach Bolsterlang, dann mit der Hörnerbahn ( www.hoernerbahn.de ) bis zur Bergstation. Von dort aus geht es in etwa eineinhalb Stunden zur urigen Alm-Hütte Alpe Bolgen mit hauseigenem Käse und selbstgebackenem Kuchen (Telefon 01 51 / 51 32 51 56, www.fischen.de/alpe-bolgen ) und weiter in etwa zwei Stunden zurück zur Hörnerbahn-Talstation. Direkt neben der Station gibt es noch eine Einkehrmöglichkeit in der Talhütte (Telefon 01 51 / 15 21 54 43, www.talhuette-bolsterlang.de ) mit fantastischem Kaiserschmarrn.