Hier schlägt das Herz des Romantikers höher – Selbach im Naturpark Saar-Hunsrück. Foto: Saarland Tourismus

Stolze 52 Premium-Wanderwege zählt man in dem kleinen Bundesland im Südwesten.

Eine Dreiviertelwanderstunde nach dem Start vom Hofgut Imsbach verschwindet der Offizierspfad in einem Grimm'schen Märchenwald. Mannshohes Schilf umringt einen dunklen Weiher. Moos polstert auf den Boden gekullerte Buntsandsteinbrocken zu überdimensionalen Kissen auf. Klüfte und Hohlräume im Gestein bieten Mauereidechsen und Mäusen Unterschlupf – vielleicht auch Zwergen und Kobolden, wer weiß. Eine mehrere Hundert Jahre alte Eiche streckt ihren knorrigen Arme nach den Wanderern aus. Im Sankt Wendeler Land, in der Tiefe des Naturparks Saar-Hunsrück, sind solche Baummajestäten keine Seltenheit.

Eine Wegbiegung weiter und mächtige Buchenstämme stützen ein kathedralhohes Laubgewölbe. Aus dem Halbdunkel reckt sich eine Esskastanie zum Licht empor. Die Schritte versinken in tiefem Moos: Für zackiges Wandern ist der Offizierspfad nicht geeignet, denn der Waldboden federt jeden Schritt ab. Gut so. Eher zivil ist auch die Länge des als Rundweg angelegten Offizierspfads. 11,5 Kilometer und 293 Höhenmeter gilt es zu bewältigen, genau das Richtige für den ersten von zwei Wandertagen.

Sanft rollen die Hügel in die Unberührtheit des Naturparks Saar-Hunsrück davon. Vom Ausblickspunkt kurz vor Selbach ist das Sankt Wendeler Land ein bunter Flickenteppich aus Wiesen, Äckern, Wäldern. Aus einer Senke pikst ein Kirchturm in das Himmelsblau, und im Gras liegen eindeutig glückliche Kühe. Der Clou: Für Wanderer steht eine Sinnesbank am Waldrand bereit. Der Rucksack fliegt vom Rücken, und schon schmiegt man sich in die angenehm geformte Holzwelle. Für den Rest sorgen die zauberhafte Aussicht und die himmlische Stille.

Es sind solche Momente völliger Entspannung, die den Offizierspfad zum Premium-Wanderweg adeln. Hinzu kommt eine Streckenführung, der abwechslungsreicher nicht sein könnte. Der Offizierspfad verläuft über Waldboden und Graspfade, durch Bachfurten und Hohlwege, über Felsen und Holzstege, nie jedoch über eintönige Forstwege oder stumpfen Asphalt. Berückende Ausblicke wechseln mit tiefdunklem Wald. Auf die grenzenlose Weite eines Hügelkamms folgt ein lauschiges Bachtal. Regelmäßig laden Holzbänke und Tische, zweimal auch eine Sinnesbank zur Rast ein. Kein Wunder, dass das Deutsche Wanderinstitut der Route das begehrte Siegel Premiumweg verliehen hat. Eine lückenlose, jederzeit mühelos zu findende Ausschilderung ist beim Premiumweg selbstverständlich. Vom Start und weiter entlang der ehemaligen Grenze zwischen dem Saarland und dem Deutschen Reich weist ein napoleonischer Dreispitz den Weg. Der Dreispitz erinnert an die Geschichte des Hofguts Imsbach. Zum Dank für tapfere Dienste überließ Napoleon Anfang des 19. Jahrhunderts das stattliche Anwesen seinem Kavallerieoffizier Louis Lapointe – seit der Französischen Revolution war der ehemals lothringische Besitz französisches Nationalgut. Kniehohe Grenzsteine mit einem großen "D" zur einen und einem großen "S" zur anderen Seite erinnern mitten im Rötelwald zudem daran, dass von 1919 bis 1935 die Grenze zwischen Deutschem Reich und Saarland über die Ländereien des Hofguts verlief. Heute ist das stattliche Anwesen ein bei Wanderern beliebtes Hotel.

Stolze 52 Premium-Wanderwege zählt das Saarland und steht damit - im Verhältnis zur Fläche – in Deutschland an erster Stelle. Zehn Autominuten vom Hofgut Imsbach entfernt beginnt an der frühgotischen Benediktinerabtei von Tholay die Schaumberg Tafeltour, der Premium-Wanderweg für den nächsten Tag. Eine Kochhaube weist den Weg. Die Schaumberg Tafeltour verbindet Wandern und Schlemmen. Der Weg punktet neben landschaftlichen Höhepunkten mit drei Restaurants am Wegesrand, die die kulinarische Kultur des Saarlands hochhalten.

Himbeeren links, Brombeeren rechts. Ein Reh springt im Spagat durchs Gebüsch. Zu Füßen des Schaumbergs kommt das Sankt Wendeler Land ausgesprochen lieblich daher. Das soll sich ändern. 486 Höhenmeter sieht die 11,2 Kilometer lange Rundstrecke um den Hausberg des Saarlands vor. Ein Großteil muss beim Aufstieg durch die dicht bewaldete Nordflanke zum 569 Meter hohen Gipfel bewältigt werden. Nur keine Bange. Langgezogene Wegkehren und Rastplätze im passenden Augenblick verwandeln die Anstrengung in pures Vergnügen. Dazu entschädigt der Rundumblick vom Gipfel über das wellige Saar-Nahe-Bergland und ins benachbarte Frankreich. Hühner gackern vor der Blasiuskapelle über den Weg. Ein Hahn macht sich wichtig. Hinter der Kapelle leuchtet ein Bauerngarten mit dick geplusterten Dahlien. Vorm Heiland am Kreuz neben dem Eingang steht ein bunter Blumenstrauß. Noch bunter wird es drinnen. Golden, seeblau und ochsenblutrot prangen die kunstvoll geschnitzten Altäre, die um 1750 entstanden sind. Damals pilgerten die Gläubigen am Blasiustag (3. Februar) über den Mauritiusweg zur Barockkapelle. Die Schaumberg Tafeltour folgt dem alten Pilgerweg ein Stück weit. Immer wieder stehen bemooste Kreuze im Wald.

Der Hoschbach gurgelt in der Tiefe einer dusteren Waldschlucht. Es geht bergauf, bergab, am Hasenberg vorbei, durch lichte Streuobstwiesen, in ein sumpfiges Wäldchen und wieder bergan. Unverhofft taucht ein siebeneckiges Bauwerk auf einer Wiesenkuppe auf. Die "Kapelle zu den sieben Schmerzen unserer Lieben Frau von Afrika" wurde vor einem halben Jahrhundert von ehemaligen Kriegsgefangenen zum Dank für die glückliche Heimkehr aus Marokko errichtet. Die Kapelle erinnert zugleich daran, dass es um die deutsch-französische Freundschaft schon einmal schlechter bestellt war. Um so engagierter wird heute besonders im Grenzland Saarland die Nähe zwischen Deutschen und Franzosen gepflegt: Der imposante Turm, der den Schaumberg weithin sichtbar krönt, ist eine Erinnerungsstätte für die deutsch-französische Freundschaft.

Der Blick schweift von der Südflanke des Schaumbergs in die Ferne, fixiert eine Schafherde, tastet die Dächer im scheinbar zum Greifen nahen Theley ab. Dann verschluckt der pumperlgesunde Mischwald erneut die Schaumberg Tafeltour.

Saarland

Anreise
Ab Stuttgart ist man mit der Bahn in dreieinhalb Stunden in Trier, von Landau dauert es drei Stunden. www.bahn.de

Premiumwandern
Das Qualitätslabel Premium-Wanderweg bürgt für naturbelassene, lückenlos ausgeschilderte Wanderwege über Waldböden, Erde und Gras. Zum abwechslungsreichen Parcours gehören Aussichtspunkte, Stille und Rastplätze, www.premium-wandern.de.

Wander-Pauschalarrangements
Der Offizierspfad und die Schaumberger Tafeltour, die beiden Premium-Wanderwege im Sankt Wendeler Land, sind als Wander-Arrangement des Hotel-Restaurants Hofgut Imsbach in Tholey-Theley buchbar. Zwei Übernachtungen mit Frühstücksbüfett, zwei Drei-Gänge-Abendessen, Lunchpaket, Kartenmaterial, Kräuterfußbad und kostenloser Nutzung von Sauna und Fitnessbereich kosten 160 Euro pro Person im DZ oder EZ, www.hofgut-imsbach.de.

Im Saarland werden 30 weitere Wander-Pauschalarrangements angeboten. Zwei Beispiele: Wandern auf den besten Wegen (Schluchtenpfad, 10,5 km, Deutscher Wanderweg des Jahres 2006, Felsenweg, 13,6 km, Deutscher Wanderweg des Jahres 2005, Oppig-Grät-Weg 9,9 km) inklusive zwei Übernachtungen/Frühstück im Seehotel Losheim, Zwei-Gänge-Abendschmaus-Menü am ersten, Drei-Gänge-Verwöhnmenü am zweiten Abend, Karte, freier Eintritt in Sauna und Strandbad, 125 Euro pro Person/DZ.

Saar-Hunsrück-Steig (180 km von der Saarschleife bis Trier, www.saar-hunsrueck-steig.de): neuntägige Wanderung inklusive 8 Übernachtungen/Frühstück, Karte, Wanderpin 357 Euro pro Person im DZ, Gepäcktransport auf Wunsch, für 2 bis 4 Personen pauschal 144 Euro, für 5 bis 8 Personen 271 Euro.

Auskunft
Tourismus Zentrale Saarland, www.tourismus.saarland.de

Karten
Topografische Karten 1:50000 der saarländischen Regionen, hier "Landkreis St. Wendel". Mit Darstellung regionaler und überregionaler Wanderwege auf der Rückseite. UTM-Gitter zur Orientierung mit GPS. Preis 6,50 Euro.