Wie verhalte ich mich bei einer Lawine richtig? Ein besonderes Seminar schafft Abhilfe.
Es ist ein sonniger Sonntag. Im Weinheimer Schlossgarten schieben Familienväter Kinderwagen durch den Park, daneben zünden ein paar Verrückte in bunten Skiklamotten einen Lawinen-Airbag. Es knallt. Holger, der Leiter des Lawinenseminars, zieht an einem weißen Griff am Schultergurt seines Rucksacks.Hinter ihm blasen sich zwei orangefarbene Stoffsäcke auf. Ein Lawinenairbag ist ein Rucksack, an dessen Seiten sich zwei 1,5 Meter lange Luftsäcke entfalten. So wird der Wintersportler nicht unter den Schneemassen verschüttet, sondern bleibt im besten Fall an der Oberfläche.
Dadurch steigen die Chancen, eine Lawine zu überleben oder zumindest gefunden zu werden.
Rund 20 ambitionierte Wintersportler haben sich früh um halb acht vor dem Weinheimer Schloss getroffen. Sie wollen sich auf ein Naturereignis vorbereiten, das sie nie am eigenen Leib erleben wollen – den Abgang einer Lawine. „Ein solches Seminar sollte eigentlich Pflicht für alle sein, die sich im Winter außerhalb gesicherter Pisten bewegen“, sagt Holger. Das sind Tourengeher, Schneeschuhwanderer und Variantenfahrer, neudeutsch Freerider. „Warum für ein solches Seminar einen teuren Skitag verschwenden? Den Umgang mit den Suchgeräten kann man auch auf der grünen Wiese lernen.“
Holger hat im Schlosspark Sender versteckt, die von den Peilgeräten der Teilnehmer erfasst werden. Von Piepsern und Pfeilen auf den Displays geleitet, schwärmen sie aus. Die Geräte, so groß wie Handys, nennen sich LVS, Lawinenverschüttetensuchgeräte.
„Jeder Tourengeher oder Freerider sollte so ein Teil am Leib tragen“, sagt Holger, „nicht im Rucksack und nicht in der Jackentasche, sondern in einem Halfter unter der Kleidung. „Die Kraft einer Lawine ist so gewaltig, da kann es einem schon mal die Klamotten ausziehen“, mahnt er. Holger hat diesen Horror selbst erlebt. In den 1990er Jahren wurde er in Zermatt von einer Lawine mitgerissen. „Ich hatte das Glück, nicht verschüttet zu werden“, erinnert er sich.
Die LVS-Geräte senden ein Signal, Frequenz 457 Kilohertz. Werden sie auf Suchen geschaltet, empfangen sie genau dieses Signal und führen die Retter zu den Kameraden, die unter dem Schnee begraben liegen. „Stand der Technik sind digitale Geräte mit drei Antennen“, erklärt der Experte. Ein modernes LVS-Gerät kostet rund 300 Euro.