Auch außerhalb der Fan Zone war’s beim Spiel Deutschland gegen Spanien voll – bis zur Treppe des Kleinen Schlossplatzes hinauf. Foto: ubo

Gute Gastgeber denken nicht nur an sich – sie freuen sich mit ihren Gästen. In Stuttgart lagen sich Spanier und Deutsche in den Armen. Die Party geht weiter! Die Zwischenbilanz der Veranstalter fällt äußerst positiv aus.

So sehen gute Verlierer aus! Erst herrschte Totenstille auf dem Schlossplatz, als der Traum vom EM-Titel platzte. Die Deutschen müssen den Spaniern den Vortritt im Halbfinale lassen, das hat vielen sehr weh getan. Doch rasch, das konnte man spüren, haben sich die meisten in der bis spät in die Nacht brummenden City gefangen, stolz auf das, was ihre Mannschaft geleistet hat. Wenn schon verlieren, dann wenigstens so.

 

Man sah, wie sich Deutsche und Spanier in den Armen lagen. Denn bei einer EM geht es um viel mehr als um Fußball. Ein solch großes Turnier reißt aus schlechter Laune, aus Angst um Krisen und Kriegen heraus. Trainer Julian Nagelsmann hat nach der Niederlage genau die richtigen Worte gefunden. Er habe den Eindruck, sagte er, „dass sich in der deutschen Gesellschaft in den vergangenen Jahren schleichend ein Pessimismus eingenistet hat“, obwohl es dem Land doch überwiegend gut gehe. Fußball könne mithelfen, dass sich was dreht.

Im Stadion beim Viertelfinale: Bundeskanzler Olaf Scholz und der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez. Foto: dpa/Federico Gambarini

Dass die Begeisterungsfähigkeit und die Lebenslust über die Europameisterschaft hinaus anhält, dazu trägt allein schon der Typ mit dem Saxofon bei. Auf dem Schlossplatz wollte André Schnura nicht auf der Bühne spielen, sondern mittendrin im Publikum (Ordner bahnten ihm den Weg und bauten ein Podest auf). Obendrein brachte er einen Überraschungsgast mit – den Geiger David Garrett. Die Masse tobte. Das war ein Gänsehautmoment!

„Wir sollten gute Gastgeber sein“

Die EM-Spiele in der Stuttgart Arena sind vorbei – doch die Party geht weiter. „Wir sollten gute Gastgeber sein“, findet DJ Alegra Cole, „beim Feiern mit allen Nationen, die noch drin sind, nicht nachlassen.“ Am spielfreien Montag, 8. Juli um 17 Uhr will sie bei einer After-Work-Party aus der Fanzone eine Chillout-Zone machen. Das Besondere dabei: Alle 15 Gastronomiebetriebe der Fan Zone Schlossplatz bieten für den Abend besondere Getränke-Specials in Lounge-Atmosphäre an.

Saxofonist André Schnura (rechts), ein Star der Heim-EM, brachte am Freitag auf dem Schlossplatz den Geiger David Garrett (links) als Überraschungsgast mit. Foto: ubo

Die Veranstalter haben am Samstag eine Zwischenbilanz nach drei Wochen gezogen. „Wir haben in.Stuttgart packende Spiele mit vielen internationalen Fans und Gästen aus ganz Europa mit einer faszinierenden Stimmung erlebt“, sagt Gesamt-Projektleiter Thomas Pollak für die Host City Stuttgart. Bei fünf Spielen der Uefa Euro in Stuttgart sei das Stadion ausverkauft gewesen. In den vier Fanzones habe man bereits etwa 700.000 Fans gezählt. Pollak: „Wir sind zum jetzigen Zeitpunkt sehr zufrieden, denn unsere Planungen und Konzepte für den öffentlichen Nahverkehr, das Verkehrsmanagement und die Sicherheit, haben sich an den Spieltagen auch im Hinblick auf die Fan Walks als absolut zuverlässig erwiesen.“

„Konsequente Fantrennung hat sich bewährt“

Der Tod eines Polizisten trübt die Zwischenbilanz von Polizeipräsident Markus Eisenbraun. „Durch die überwiegend sehr friedliche und zugleich ausgelassene Stimmung in der Stadt blicken meine Kolleginnen und Kollegen auf erfolgreiche Einsatztage zurück“. sagt er. Das Einsatzkonzept mit „konsequenter Fantrennung und einem niederschwelligen Einschreiten gegen potenzielle Gewalttäter“ habe gegriffen. Gerade die Auseinandersetzung auf dem Schlossplatz am 26. Juni und die Festnahme des mit einem Messer bewaffneten Tatverdächtigen habe gezeigt, „dass wir hier gut aufgestellt waren und die einzelnen Rädchen ineinandergegriffen haben“. Besonders betroffen macht Eisenbraun den „Tod unseres überaus geschätzten Kollegen Thomas Hohn nach dem tragischen Verkehrsunfall am 24. Juni“.

Der Leiter der Branddirektion Dr. Georg Belge ergänzt: „Für die über 1.000 zusätzlichen Einsatzkräfte von Feuerwehr und Katastrophenschutz gab es glücklicherweise nur kleinere Einsätze abzuarbeiten. Unsere Einsatzkräfte berichten von vielen schönen Momenten mit den lokalen und internationalen Fußballfans.“

Traurig nach der Niederlage Foto: Zophia Ewska/Zophia Ewska

Der Leiter der Integrierten Verkehrsleitzentrale, Ralf Thomas, erklärt: „Über 50.000 Fans von der Stadt ins Stadion zu bringen, ist eine gewaltige Herausforderung, vor allem, wenn die Massen zur Rush-Hour im Feierabendverkehr marschieren. Um ihre Sicherheit zu gewährleisten, haben wir Hauptverkehrsrouten geräumt und die Verkehrsteilnehmer umfassend informiert.“ Dadurch habe es an Spieltagen 15 Prozent weniger Autoverkehr gegeben. Seine Zwischenbilanz lautet: „Verzögerungen auf den Straßen, ja. Chaos, nein. Wir wissen um die Belastung der Bürgerinnen und Bürgern. Wir danken für ihre Umsicht und Geduld. So eine Herausforderung lässt sich nur gemeinsam meistern.“

Nur etliche Gastronomen sind nicht so begeistert

Für die Stadt äußert sich Daniela Klein, Leiterin des Amts für Sport und Bewegung: „Mit Begeisterung verfolgen wir die Spiele der Schweizer ‚Nati‘. Wir hoffen, dem Team mit besten Trainingsbedingungen im Stadion auf der Waldau den Weg ins Finale zu bereiten.“ Der Rasen im Team Base Camp unter dem Fernsehturm entsprach zu Trainingsbeginn nicht den Erwartungen der Schweizer. „Es ist uns unter großem personellem Einsatze gelungen, den Rasen im Stadion in nur drei Tagen auszutauschen“, erklärt Klein.

In die große Begeisterung können die Gastronomen in den Fanzones jedoch nicht einstimmen. Mit Ausnahme der Deutschlandspiele sei der Umsatz weit hinter den Erwartungen geblieben, weil außerhalb wichtiger Spiele meist zu wenige Menschen gekommen seien, um schwarze Zahlen zu schreiben. Die Standgebühren seien einfach zu hoch. Für die kommende Woche sind Gespräche mit in.Stuttgart geplant, um eine Lösung zu suchen. Nach den Vorstellungen der Gastronomen könnte die so aussehen, dass man Gebühren nachlässt.