Die deutsche Nationalmannschaft setzt sich für Menschenrechte ein. Foto: dpa/Tobias Schwarz

Beim 3:0-Sieg gegen Island hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zum Auftakt der WM-Qualifikation eine überzeugende Leistung geboten. Schon vor dem Anpfiff war die DFB-Elf in die Offensive gegangen.

Duisburg - Gegen Ende eines rundum gelungenen Fußballabends nutzte Joachim Löw die Gelegenheit, um auch noch Fakten für die Zukunft zu schaffen. Das Spiel war längst entschieden, der Gegner besiegt – also wechselte der Bundestrainer den 18-jährigen Debütanten Jamal Musiala ein. Womit endgültig feststeht, dass sich das in Stuttgart geborene und vorwiegend in England aufgewachsene Toptalent des FC Bayern mit Pässen beider Ländern in Zukunft nur noch für die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) spielen kann.

 

Musialas Debüt war allerdings nicht viel mehr als ein schöner Nebenaspekt – die Hauptsache war an diesem Donnerstagabend, dass es die deutsche Fußball-Nationalmannschaft wieder einmal geschafft hat, eine überzeugende Leistung zu bieten. Angeführt vom überragenden Münchner Mittelfeldspieler Joshua Kimmich gewann das DFB-Team mit 3:0 (2:0) gegen Island.

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„ Die Mannschaft hatte von Anfang an die richtige Einstellung. Der Sieg war insgesamt souverän, wir haben wenige Chancen zugelassen“, sagte Joachim Löw über den Auftritt seiner Elf, die schon vor dem Auftakt der Qualifikation für die WM 2022 im stark kritisierten Katar ein deutliches Zeichen gesetzt hatte – und zwar für Menschenrechte.

„Wir alle stehen für Menschenrechte ein, egal, wo auf der Welt“

Bei der Aufstellung für die Nationalhymnen trug jeder Spieler ein schwarzes T-Shirt mit einem weißen Buchstaben. Zusammen lautete die Botschaft: „Human Rights“. Die Spieler haben heute noch selbst noch etwas auf Trikots gezeichnet und geschrieben, das sollte ein erstes Zeichen von uns und dem Team sein, dass wir für alle für Menschenrechte einstehen, egal, wo auf der Welt“, sagte Löw .

Die Aktion sei „ziemlich eindeutig gewesen“, ergänzte Torschütze Leon Goretzka: „Wir haben die WM vor uns. Darüber wird in der Mannschaft immer wieder diskutiert. Wir möchten der Gesellschaft klarmachen, dass wir das nicht ignorieren; dass wir ganz klar sagen, was für Bedingungen da herrschen müssen. Ich finde, dass man solche Momente nutzen kann. Wir haben da eine große Reichweite. Die können wir wunderbar nutzen, um ein Zeichen zu setzen für Werte, für die wir stehen wollen.“

Die Bayern-Fraktion um Joshua Kimmich führt die DFB-Elf zum Sieg

Ein Zeichen wollte die DFB-Auswahl aber nicht zuletzt während der 90 Minuten setzen – und tat dies auch. In vielerlei Hinsicht sollte das Duell mit Island einen Neustart markieren: Es war fürs deutsche Team nicht nur der Auftakt des EM-Jahrs und der Beginn der WM-Qualifikation – es war auch Spiel eins nach der 0:6-Schmach im vergangenen November in Spanien und der Ankündigung von Joachim Löw, sein Amt nach der EM niederzulegen. Der Bundestrainer setzte auf einen fünfköpfigen Bayern-Block mit Kapitän Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Leroy Sané und Serge Gnabry – eine Maßnahme, die sehr schnell große Wirkung entfalten sollte.

Die Spielfreude und individuelle Klasse der Münchner Weltklassespieler, die am vergangenen Samstag den VfB Stuttgart (4:0) überrollt hatten, bekamen nun sehr schmerzhaft die Isländer zu spüren. Wie Statisten standen sie daneben, als die Bayern-Stars bei zwei Toren in den ersten sieben Minuten eindrucksvoll demonstrierten, dass für brillant herausgespielte Treffer nicht einmal die Mitwirkung des polnischen Toptorjägers Robert Lewandowski nötig ist. „Wir hatten uns fest vorgenommen, dass man die Leidenschaft auf dem Platz sieht“, sagte Goretzka.

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Zunächst lupfte Kimmich den Ball elegant auf Gnabry, der im Strafraum direkt auf Goretzka ablegte – mit einem satten Linksschuss ins rechte Toreck traf der 26-Jährige zum frühen 1:0 (3.). Dann setzte erneut Kimmich, in Abwesenheit des angeschlagenen Toni Kroos unumstrittener Chef im zentralen Mittelfeld, mit einem Steilpass Sané auf dem linken Flügel in Szene – die Hereingabe des Außenstürmers verwertete Kai Havertz (7.), diesmal also kein Münchner. Der 21-Jährige vom FC Chelsea hatte im deutschen Angriff den Vorzug gegenüber seinem Vereinskollegen Timo Werner erhalten.

Eindrucksvolle Antwort auf die Sorgen der vergangenen Monate

2:0 nach sieben Minuten – es war die eindrucksvolle Antwort auf die Sorgen der vergangenen Monate und die Frage, ob die Rücktrittsankündigung des Bundestrainers negative Auswirkungen haben könnte. Engagiert und spielfreudig, offensivstark und drückend überlegen – wie aus einem Guss trat Löws Elf in der ersten Hälfte auf und hätte noch höher führen.

Etwas mutiger kamen die Skandinavier aus der Kabine, etwas sorgloser agierten zunächst die Deutschen – doch wurden die Verhältnisse umgehend wieder zurechtgerückt: Nach einem Doppelpass zwischen Gnabry und Goretzka landete der Ball bei Ilkay Gündogan, der aus 20 Metern abzog. Flach im linken Eck landete der Schuss des Mittelfeldspielers (57.), der sich auch bei Manchester City seit Wochen in Topform präsentiert.

Schon am Sonntag geht es mit dem Auswärtsspiel in Rumänien

Die Gegenwehr der Gäste blieb auch nach dem 3:0 deutlich größer als in Hälfte ein, ganz so dominant wie vor der Pause waren die Deutschen nicht mehr – doch zeigten sie weiterhin sehenswerte Spielzüge. An den Pfosten prallte der Schuss von Gnabry, der einmal mehr von dem überragenden Kimmich in Szene gesetzt worden war (71.). Also blieb es beim 3:0 – doch bietet sich schon am Sonntag in Rumänien die nächste Gelegenheit, weiteren Schwung für die EM zu holen. „Logischerweise sehe ich weiter Verbesserungsmöglichkeiten in unserem Spiel“, sagte Löw.