Fast zwei Millionen Menschen in Deutschland sind einer Studie zufolge abhängig von bestimmten Medikamenten wie zum Beispiel Schmerzmitteln (Symbolbild). Foto: dpa

Schätzungsweise 23 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter chronischen Schmerzen und müssen Medikamente nehmen. Die Gefahr, von den Arzneien abhängig zu werden, ist groß. Eine Studie zufolge sind allein bei Schmerzmitteln 1,6 Millionen Menschen betroffen.

Berlin/Stuttgart - Fast zwei Millionen Menschen in Deutschland sind nach neuen Studiendaten abhängig von bestimmten Medikamenten. Allein bei Schmerzmitteln seien 1,6 Millionen Menschen betroffen, heißt es in einer Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine FDP-Anfrage.

Von Schlaf- und Beruhigungsmitteln sind demnach 361 000 Menschen abhängig, wie aus hochgerechneten Zahlen des noch unveröffentlichten Epidemiologischen Suchtsurveys (Epidemiological Survey of Substance Abuse, abgekürzt ESA) des IFT Instituts für Therapieforschung in München für 2018 hervorgeht.

23 Millionen chronische Schmerzpatienten in Deutschland

Nach Angaben der Deutschen Schmerzgesellschaft leiden in Deutschland schätzungsweise 23 Millionen Menschen unter chronischen Schmerzen. „Sie berichten über so häufige und anhaltende Schmerzen über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten, dass sie nach der Definition der Internationalen Schmerzgesellschaft zur Gruppe der Patienten mit chronischen Schmerzen gehören“, erklärt der Neurologe Thomas R. Tölle, der Geschäftsführender Oberarzt des Zentrums für Interdisziplinäre Schmerztherapie am Klinikum rechts der Isar in München ist.

Die Zahl chronischer, nicht tumorbedingter Schmerzen mit starker Beeinträchtigung und assoziierten psychischen Beeinträchtigungen, also einer Schmerzkrankheit, liegt Tölle zufolge bei 2,2 Millionen Menschen.

Unterschiedliche Abhängigkeiten bei Frauen und Männern

Jüngere Frauen zwischen 18 und 20 Jahren sind laut ESA-Studie auffällig häufiger von diesen beiden Medikamentengruppen abhängig als Männer. Mit zunehmendem Alter wird eine Abhängigkeit bei Männern dann eher häufiger, bei Frauen seltener. Präzise Auswertungen zu Geschlecht und Alter seien wegen geringer Fallzahlen aber nicht möglich.

Der Epidemiologischen Suchtsurvey ist eine seit 1980 wiederholte Befragung der Bevölkerung in Deutschland zu Gebrauch und Missbrauch psychoaktiver Substanzen.

Medikamentensucht verursacht Folgekosten von 14 Milliarden Euro

Der FDP-Fachpolitiker für Sucht- und Drogenpolitik, Wieland Schinnenburg, forderte die Bundesregierung auf, endlich eine klare Strategie gegen den Missbrauch legaler und illegaler Medikamente zu entwickeln. Die volkswirtschaftlichen Folgekosten von Medikamentensucht würden insgesamt auf 14 Milliarden Euro geschätzt, berichtet das Ministerium in der Antwort.

Am häufigsten verordnete Arzneimittel in Deutschland

Der jährlich erscheinende Arzneiverordnungs-Report Wissenschaftlichen Institutes der AOK (Wido) listet auf, welche Medikamente durch die gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden. Demnach nehmen rund 40 Prozent der Frauen und 29 Prozent aller Männer täglich in Deutschland mindestens ein Arzneimittel ein. Durchschnittlich werden jährlich 730 Millionen Rezepte ausgestellt.

In unserer Bildergalerie zeigen wir die zehn am häufigsten verschriebenen Medikamente in Deutschland.