Von fürstlichem Grün umgeben: Lustwandeln im Schlossgarten von Schwerin. Foto: stadtmarketing Schwerin

Es muss nicht nur die Ostsee sein: In Mecklenburg-Vorpommern locken bunte Gärten und Schlossparks immer mehr Touristen aufs Land.  

Schwerin - Schön schattig ist es am langen Holztisch unter dem Nussbaum. „Sigruns zitronige Schoko-Torte“ und „Annas Rhabarberkuchen vom Blech“ sind im Angebot. „Das sind alte Rezepte aufgepeppt“, kommentiert Beate Schöttke-Penke, die Chefin von „Sonntagsgrün“. Nur fünf Kilometer vom Schweriner See entfernt, hat sich die 51-jährige Mecklenburgerin mit dem Café in ihrem Landhausgarten einen Traum erfüllt. „Irgendwann wird man mit dem Gartenvirus infiziert. Das verliert sich nie mehr, und ich möchte die Leute gerne anstecken“, sagt sie lachend. 1995 zog sie mit ihrer Familie von Schwerin ins 15 Kilometer entfernte Dorf Drispeth.

Sie renovierten ein vernachlässigtes Kleinbauernhaus von 1868, bauten die kaputte Fachwerkscheune originalgetreu wieder auf und legten die weitläufige Obstwiese neu an - mit Teichpool und Staudeninseln. Hier kann die Gartenbuchautorin jeden Sonntagnachmittag von Mai bis Ende September etwas nachgehen, was ihr wirklich Freude macht: „meinen großen Garten temporär mit anderen teilen“. Den Küchengarten betreut ihr Mann, ein Ingenieur. Aus alten Sorten wie Boskop und Kaiser-Wilhelm-Apfel werden Saft und Cidre für die Gäste gemacht. Die Veranstaltungen im „Sonntagsgrün“ zu Gartenthemen sind stets gut gebucht. Alte Sorten spielen auch im Kastanienhof, einem Einzelgehöft inmitten üppiger Kornfelder, eine wichtige Rolle.

Für Hobbygärtner ist der Kastanienhof ein Dorado

Bei Rehna im Nordwesten Mecklenburgs haben Hajo Kahl und Dirk Endrulat die Landlust entdeckt und einen perfekten Gemüsegarten angelegt. Der Ex-Kaufmann aus Bremen ist für Garten und Tiere - darunter hübsche Wollschweine - zuständig, der Ex-Redakteur aus Hamburg verarbeitet die Ernte und bekocht die Gäste. Die fühlen sich in den vier hübschen Zimmern im ersten Stock des niederdeutschen Hallenhauses so wohl, dass der Hof für 2013 schon ausgebucht ist. Für Hobbygärtner ist der Kastanienhof ein Dorado. In Reih und Glied wachsen hier alte Sorten: Pastinaken und Portulak, rote Melde und Wilde Rauke, Teufelsohren- und Forellenschluss-Salat, Artischocken und Saubohnen. Vom Guten Heinrich, dessen Blätter und Rispen schon im Mittelalter verwendet wurden, gibt es fünf Ernten. Der buschige Baumspinat ist mit seinen lila Austrieben ein Hingucker. Und besonders stolz ist Hajo auf seinen Chicorée.

Die vielen Gemüsesorten tragen nicht nur als Lebensmittel zum Unterhalt der Hofbesitzer bei; als Fotomotive sind sie bei Lifestyle-Magazinen gefragt. Und nach dem Genuss der erntefrischen Spezialitäten kann sich der Gast im Blumengarten in den Himmel über Mecklenburg hineinträumen. In Groß Siemen bei Bad Doberan hat ein Hamburger Juristenpaar nicht nur das denkmalgeschützte Gutshaus eindrucksvoll restauriert und Ferienwohnungen ausgebaut, Edda Schütte hat auch ein Rosarium mit historischen Rosen angelegt. Wo heute schmucke Beete Besucher anlocken, war bis 2001 ein Schuttabladeplatz. „Mit dem Bagger mussten wir räumen“, erzählt die Mutter von vier erwachsenen Kindern lachend.

Favorit nicht nur bei Brautpaaren

Nach und nach wurden 30 Hektar Land rund ums Haus gekauft, Sichtachsen freigelegt und ein Teich neu angelegt. Riesenbäume wie eine 200 Jahre alte Scharlacheiche und mächtige Blutbuchen kommen wieder zur Geltung. Hoch oben in einer Esche kreischt der Pfau. „Er meldet noch vor dem Hund ankommende Gäste“, sagt die Gutsherrin. Im Orangerie-Café bietet sie hauseigene Kuchen an. Favorit nicht nur bei Brautpaaren, die im Park feiern, ist die köstlich-sahnige Rosentorte. Hochherrschaftlich Kaffee trinken können Besucher auch in Mecklenburgs prächtigster Orangerie von 1857, nämlich jener der Großherzöge in der Landeshauptstadt Schwerin. Das auf einer See-Insel gelegene Märchenschloss im Loire-Stil ist gleich doppelt von fürstlichem Grün umgeben: dem Burg- und dem Schlossgarten. Beide prunken mit uralten Baumriesen. Nach italienischem Vorbild bestimmt Symmetrie das Bild: Skulpturen umrahmen Aussichtsplätze, die fürstlichen Herrschaften lustwandelten in einer kleeblattförmigen Rosenlaube, einer künstlichen Grotte oder ruhten auf der „Liebesinsel“ am Ufer.

Die restaurierte Orangerie ist winters Quartier der mediterranen Kübelpflanzen, sommers Café unter Kolonnaden. Über eine Brücke geht es zum barocken Teil des Schlossgartens, dessen symmetrische, grüne Architektur von 400 Holländischen Linden und zwei Laubengängen aus Hainbuchen strukturiert wird. „Um dem historischen Vorbild zu genügen, dürfen die Linden nur zwölf Meter hoch werden“, sagt Dietmar Braune, Gartenchef in der Staatlichen Schlösser- und Gärtenverwaltung. Braune kann auch ein neues Glanzstück präsentieren: den frisch restaurierten Garten von Schloss Bothmer bei Wismar. Schon der Zugang zu Mecklenburgs größter Barockanlage ist eine Attraktion.

Die um 1730 angelegte Allee aus Linden ist 270 Meter lang und neun Meter breit. Hinter dem noch nicht fertig renovierten Schloss liegt ein sieben Hektar großer Park mit historischem Baumbestand und Nierenteich. Am Uferrand wurden bei der Restaurierung Silbergefäße gefunden, die die Familie Bothmer vor der Flucht 1945 vergraben hatte. Doch was ist silbernes Geschirr gegen das grüne Gold der mecklenburgischen Gärten und Parks?

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Infos zu Mecklenburg-Vorpommern

Anreise
Mit dem Auto zunächst bis Hamburg, von dort über die A 24 bis Ausfahrt Hagenow, dann über die B 321 nach Schwerin.

Unterkunft
Altstadthotel Mercure in Schwerin, liegt nur wenige Fußminuten vom Schloss entfernt, DZ/o. F. ab 81 Euro. Tel. 03 85 / 5 95 50, www.mercure-schwerin.de .

Empfehlenswert ist auch das Gartenhotel Sophienhof in Klütz, nur 5 km vom Ostseestrand entfernt, DZ/m. F. kostet in der Hauptsaison 89 Euro. Tel. 03 88 25 / 26 70 80, www.gartenhotel-sophienhof.de.

Wer im Herrenhaus oder Rittergut übernachten will, findet Adressen beim Netzwerk ParkLand www.plmv.de , zum Beispiel Schloss Lühburg bei Tessin, 12 Ferienwohnungen, 65 bis 120 Euro, www.schloss-luehburg.de

Offene Gärten
Auch jenseits der landesweiten Tage der offenen Gärten ( www.offene-gaerten-mv.de) öffnen Privatleute ihre Gartenpforten, z. B. Sonntagsgrün in Drispeth: Mai-September, Sonntagnachmittag, Führungen nach Vereinbarung 5 Euro. Am 16. August gibt es eine Bilderpräsentation der schönsten offenen Gärten in Mecklenburg-Vorpommern, www.sonntagsgruen.de.

Rosenpark Groß Siemen: Juni-September, Di., Mi., Do., So., Führungen nach Vereinbarung, Eintritt 5 Euro. Lichtklangtag (8. Aug.), Ferienwohnungen, www.gutshaus-gross-siemen.de

Auf dem Kastanienhof in Bülow sind auch Gartenfreunde willkommen, die nicht im Haus wohnen, www.derkastanienhof.com

Der Schweriner Kultur- und Gartensommer lockt mit vielen Veranstaltungen wie Schlossgartennacht (3. Aug.), Mittelalter-Spektakel (23.-25. Aug.) oder A-cappella-Festival (15. Sept.). Pauschalen und Info: Tel. 03 85 / 5 92 52 12, www.schwerin.info

Allgemeine Informationen
Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern, Tel. 03 81 / 40 30 550, www.auf-nach-mv.de.

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