In Bonn allgegenwärtig: Eine Büste von Ludwig van Beethoven vor seinem Geburtshaus Foto: dpa

Bonns berühmtester Sohn heißt van Beethoven. Außer seinem Geburtshaus würde der Komponist heute aber kaum etwas wiedererkennen.

Bonn - Ach, Ludwig! Findest und findest einfach keine Ruhe. Bist Tag und Nacht in all deiner Lockenpracht und mit deinen zergrübelten Zügen in der Stadt präsent - in Bronze, Granit und Beton. Bunt prangst du auf Häuserwänden und in Kneipenfenstern, und sicher bringt dich bald auch jemand als Nussknacker auf den Markt. Du bist der Star von Bonn, um dich dreht sich vieles - aber nicht alles. Hier wurdest du, Hochverehrter, im Dezember 1770 in der Bonngasse 20 in einer kleinen Kammer unterm Dach geboren. Heute ist dein Haus ein Museum, bestückt mit allerlei Originalem: Haarlocke, Totenmaske, Schreibtisch. Daneben liegen vier Hörrohre. „Nur meine Ohren, die brausen Tag und Nacht“, klagtest du über deine Taubheit. An Terminals steuert der Besucher zum Klang der Musik von „Fidelio“ wirbelnde Spiralen und Sonnen und dirigiert einen bunten Bildertanz im Raum. Mensch, Ludwig - digital, du?

Du bist, versteht sich, ein starker Grund für eine Stippvisite in der Stadt am Rhein - aber längst nicht der einzige. Denn die Bonner waren clever genug, nicht in Selbstmitleid zu ertrinken, als sie 1991 den Titel „Hauptstadt“ an Berlin abgeben mussten. Eineinhalb Milliarden Euro gab’s als Trostpflaster, damit päppelten sie ihre Stadt auf. Zugegeben, manches war dort auch vorher wunderbar - und ist es noch immer: wenn die schönen Jugendstilfassaden an der Poppelsdorfer Allee in der Abendsonne leuchten oder wenn in der Altstadt im Frühling die Kirschen blühen. Das Münster war schon fertig, ehe die Kölner an ihren Dom auch nur zu denken wagten. Und am Rhein und in seinen Auen ging man immer schon gern spazieren oder nahm ein Ausflugsschiff zum Drachenfels oder nach Düsseldorf. Doch dann, in den 1990er Jahren, wollten die Bonner es wirklich wissen.

30 000 Studenten aus aller Welt

Sie bestellten die Deutsche Post und ließen sie ein 162 Meter hohes Verwaltungsgebäude hinsetzen - Deutschlands höchsten Wolkenkratzer außerhalb von Frankfurt am Main. Das verwaiste alte Regierungsviertel füllten sie mit neuem Leben. Es wurde zum UN-Campus umgestaltet. Neben der UNO-Flüchtlingshilfe und dem Klimasekretariat haben zahlreiche internationale Organisationen ihren Sitz hier. Man hört viele Sprachen in den Kneipen der Stadt und trinkt sein Kölsch mit polnischen Ärzten, sudanesischen Mathematikern und Meteorologen aus Kanada. Nicht zu vergessen die 30 000 Studenten aus aller Welt, die es im Alten Schloss immer ganz eilig zu ihren Vorlesungen haben. Vor allem aber stellten sie neue Museen hin - zeitgemäße, geräumige Hallen, eine richtige „Museumsmeile“ wurde daraus. Eines war schon vorher da: das ehrwürdige Museum Alexander Koenig.

1912 gegründet, ist es so etwas wie der Dinosaurier unter den zoologischen Ausstellungsorten. In Dioramen aus den 1930er Jahren grasen Elche und Wisente, Antilopen streifen durch den Sudan, und auf der Bäreninsel drängen sich Lummen und Alke. Daneben aber, du wirst es mit Freuden hören, Ludwig, wird der Kunst mit Herzblut und viel Geld gehuldigt: In der Bundeskunsthalle finden hochkarätige Wechselausstellungen statt. Das Kunstmuseum Bonn zeigt deutsche Kunst nach 1960, und das August- Macke-Haus, versteht sich, August-Macke-Bilder. Um Raumfahrt, Medizin und Naturwissenschaften geht es dagegen im Deutschen Museum: Alle bahnbrechenden Neuerungen, alles, was irgendwann eine kleine technische Revolution darstellte, wird hier erklärt: vom phosphatfreien Waschen über das Polyesterhemd bis zum Airbag.

Der viel besuchte Star aber ist das Museum für die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Du würdest staunen, Ludwig, welch seltsame Wege deine Landsleute nach 1945 genommen haben. Eine lila Latzhose, der Wasserwerfer gegen Studentendemonstrationen 1968 - eine Menge unterschiedlicher Gegenstände steht hier für politische Perioden. Wenn es dich dann reizt, Ludwig, mal selbst zu sehen, von wo aus diese Bundesrepublik 50 Jahre lang dirigiert wurde, überquerst du einfach die Straße. Am Rhein, im alten Regierungsviertel, steht das alles noch herum! Heute sitzen dort junge Diplomaten aus aller Welt, skypen, brainstormen und konferieren - Mensch, Ludwig, hättest du dir das träumen lassen?

Infos zu Bonn

Unterkunft
Jägerhütte, Hausboot oder Flowerpower-Nest - wer schon immer mal auf verrückte Weise campen wollte, findet im Base Camp Bonn, In der Raste 1, auf jeden Fall das Passende. 24 Euro kostet das Bett im 4er-Zugabteil. Die Wohnwagen beginnen bei 62 Euro als DZ, Tel. 02 28 / 93 49 49 55, www.basecampbonn.de

Noch zentraler geht’s nicht. Das Sternhotel, Am Markt 8, hat eine fast 400-jährige Geschichte und allen Komfort der Neuzeit, DZ ab 115 Euro, Tel. 02 28 / 7 26 70, www.sternhotel.de

Essen und Trinken
Im Brauhaus Bönnsch, Sterntorbrücke 4, gibt es alles, worauf das Rheinland stolz ist: Halve Hahn (Brötchen mit Käse), Himmel un Äd (Blutwurst mit Kartoffelbrei) und Rheinischen Sauerbraten, Tel. 02 28 / 65 06 10, www.boennsch.de

Das Anno Tubac, Kölnstr. 47, ist eine Bonner Institution. Auf der Bühne gibt es hin und wieder Comedy, Magie und Chanson. www.anno-tubac.de

Allgemeine Informationen
Bonn Information, Windeckstr. 1, 53111 Bonn, Tel. 02 28 / 77 55 000, www.bonn.de . Das Beethoven-Fest findet vom 6. September bis 3. Oktober statt.

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