Nicht nur die Ergebnisse in dieser Champions-League-Woche zeigen, dass der deutsche Fußball kurz davor ist, international den Anschluss zu verpassen, meint Thomas Haid.

Stuttgart - Die gute Nachricht vorweg: Der FC Bayern hat am Mittwoch in der Champions League bei Atlético Madrid nur mit 0:1 verloren. Leicht hätte der deutsche Rekordmeister an diesem Abend unter die Räder kommen können, so unterlegen war die Mannschaft ihrem Gegner in Sachen moderner Fußball, speziell was das Tempo und die Taktik betrifft. Im Vergleich zu Atlético wirkten die Bayern in manchen Phasen wie ein Altherrenteam. Dass der Torwart Manuel Neuer hinterher dennoch von einer guten Leistung seiner Elf gesprochen hat, zeigt entweder, wie niedrig die Ansprüche inzwischen offenbar sind oder wie wenig Selbstkritik bei den Protagonisten angesagt ist.

Dabei passt der Münchner Auftritt wiederum ins Bild, das die Bundesliga, die sich selbst gerne als beste Spielklasse der Welt feiert, auf internationaler Ebene zunehmend abgibt. So gab es in dieser Champions-League-Woche keinen einzigen Erfolg – weder von den Bayern noch von Borussia Mönchengladbach (1:2 gegen Barcelona) noch von Borussia Dortmund (2:2 gegen Real Madrid). Die Mannschaften scheiterten aber nicht nur an der spanischen Übermacht, weil Bayer Leverkusen in Monaco auch nicht über ein 1:1 hinausgekommen ist.

Noch bedenklicher ist seit längerer Zeit die Entwicklung in der Europa League, die ja eigentlich eine deutsche Domäne sein müsste, wenn die von den Clubs immer wieder in den Raum gestellte These stimmen würde, wonach die Bundesliga ihresgleichen sucht, was die Qualität insgesamt und im Durchschnitt der Mannschaften betrifft. Aber der letzte deutsche Sieger war der FC Schalke – im Jahr 1997, als die Europa League noch Uefa-Pokal hieß. Der letzte deutsche Finalist war 2009 der SV Werder Bremen. Und abgerundet wird diese Bilanz dann beispielsweise dadurch, dass Hertha BSC vor wenigen Wochen schon in der Qualifikation zur Europa League gescheitert ist – an dem dänischen Fußball-Zwerg Bröndby IF. In der Bundesliga gehört Hertha BSC übrigens zur Spitzengruppe. Früher waren die Gewichte anders verteilt. Da beherrschten die deutschen Clubs diesen Wettbewerb.

Aktuell schlagen sich die Defizite der Vereine dagegen auch in der Nationalmannschaft nieder, die bei der EM im Sommer im Halbfinale gegen Frankreich ausgeschieden ist – auch das eine Folge der Spielanlage, da der Gegner deutlich mehr Geschwindigkeit in seinen Offensivaktionen zu bieten hatte. In dieser Beziehung hat die Bundesliga den Anschluss verpasst. Es wird wohl dauern, ehe der Rückstand aufgeholt ist. Erste Schritte in diese Richtung wären vielleicht Einsicht und Selbstkritik.