Die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft wurde 1974 in Stuttgart gegründet. Ihren Hauptsitz hat sie in Vaihingen. Der Verein hat inzwischen mehr als 40 000 Mitglieder und ist bundesweit tätig. Ziele sind es, die an Zöliakie erkrankten Menschen im Alltag zu unterstützen und sich in Wirtschaft und Politik Gehör zu verschaffen.
Vaihingen - Mikrovilli, Gluten, Zöliakie – obwohl sie erst acht Jahre alt ist, kennt sich Anna mit diesen Begriffen bereits bestens aus. Anna hat Zöliakie. Das ist eine chronische Erkrankung des Dünndarms. „Wenn man Zöliakie hat, zerstört das Gluten die Mikrovilli im Dünndarm, so dass man das Essen gar nicht mehr ordentlich verdauen kann. Deshalb ist nichts von den winzigen Essensstückchen in meinem Blut angekommen, alles ist einfach durchgerutscht“, erklärt Anna in einer Broschüre der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft (DZG).
„Unser Verein wurde 1974 gegründet – von Eltern an Zöliakie erkrankter Kinder“, sagt Sofia Beisel, die Leiterin des wissenschaftlichen Teams in der Geschäftsstelle und zugleich dem Hauptsitz der DZG an der Kupferstraße. Im Olga-Krankenhaus hatte ein Arzt die Familien zusammengebracht. „Damals war die Krankheit noch nicht sehr bekannt“, erzählt Beisel. Zwar wurde bereits im zweiten Jahrhundert ein ähnliches Krankheitsbild geschildert und 1888 von dem Engländer Samuel Gee klinisch genau beschrieben. Erst 1950 konnte man aber eine wirksame Diät einsetzen, nachdem der holländische Student und spätere Kinderarzt Willem K. Dicke den Effekt von Gluten aus Mehlprodukten beschrieb. „Er hatte beobachtet, dass es Kindern während der Besetzung der Niederlande besser ging, weil sie hauptsächlich Kartoffeln und kein Brot zu essen bekamen“, sagt Beisel. „Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung ging es den Kindern wieder schlechter, woraufhin er darauf schloss, dass das mit der Ernährung zusammenhängen musste.“
Anfangs Zöliakie vor allem bei Kindern diagnostiziert
Anfangs sei Zöliakie meist bei Kindern diagnostiziert worden, so dass man zunächst von einer Kinderkrankheit ausgegangen war, so Beisel weiter. Das habe sich mittlerweile geändert. Immer mehr Erwachsene hätten die Krankheit: „Neueren Untersuchungen zufolge ist jeder 250. Deutsche an Zöliakie erkrankt“, sagt Beisel. Die ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiter der DZG wollen diesen Menschen Hilfestellung geben, wie sie ihren Alltag mit der Krankheit gestalten und sich trotz allem gesund ernähren können. „Es gibt heute fast in jedem Supermarkt glutenfreie Produkte zu kaufen“, sagt Beisel. Und es gibt fast nichts mehr, was es nicht gibt – auch auf Pizza und Brot müssen Betroffene nicht verzichten. Ersatzprodukte für Weizen, Roggen, Gerste, Hafer und Dinkel sind beispielsweise Mais, Hirse, Reis, Soja oder Buchweizen. Anna hat sogar ihr eigenes Käsekuchenrezept. Den Kuchen hat sie einmal zum Probieren in die Schule mitgebracht.
Verein ist bundesweit tätig
„Wir bieten Seminare, Koch- und Backkurse und Freizeiten an, Rezeptsammlungen und eine regelmäßig erscheinende Mitgliederzeitschrift“, sagt Beisel. Hinzu kommen telefonische Beratungen sowie aktuelle Auflistungen glutenfreier Lebensmittel und Medikamente. Neue Mitglieder erhalten Informationsmaterial, Adressen zu Gesprächsgruppen und Kontaktpersonen vor Ort. „Unser Hauptsitz und die Geschäftsstelle sind zwar in Stuttgart“, sagt Beisel. „Wir sind aber bundesweit tätig.“
Die Betroffenen unterstützen ist die eine große Aufgabe des Vereins. Die andere ist es, Kontakt zu Wirtschaft und Politik zu halten, aber vor allem auch zu Medizinern und zur Industrie. So lobt die DZG beispielsweise regelmäßig einen Forschungspreis aus und zertifiziert Hersteller glutenfreier Lebensmittel. „Das Zertifikat zeigt eine durchgestrichene Ähre“, sagt Beisel. Die kennt Anna auch.