Gary Paffett (re.) gratuliert Mattias Ekström zum Sieg am Sonntag in Hockenheim Foto: Getty

Mercedes-Pilot Gary Paffett rast in Hockenheim von Platz 23 bis auf Rang drei – und die Motorsport-Freunde freuen sich über ein spektakuläres Rennen. Der neue DTM-Modus kommt an.

Hockenheim - Gary Paffett ist wahrlich nicht dafür bekannt, dass er häufig ausrasten würde. Der 34 Jahre alte Mercedes-Pilot ist vielmehr Brite der alten Schule. Immer höflich, immer freundlich, ein wahrer Sportsmann. Er will auch Vorbild sein, für seine drei Söhne. Am Samstag jedoch war es mit seiner Contenance vorbei. Paffett schimpfte sich in einen Rausch. Verantwortlich dafür war Martin Tomczyk. „Das war einfach ein dummes, dummes Manöver ohne jedes Hirn, dafür gibt es keine Entschuldigung“, ereiferte sich der Mercedes-Mann. Und legte nach: „Martin will ein Profi-Rennfahrer sein, aber was er heute tat, war nicht auf professionellem Niveau.“ Später twitterte der Paffett noch einen entsprechenden Text gegen seinen BMW-Kollegen.

Was war geschehen: Die Saison der Deutschen Tourenwagen-Masters-Serie (DTM) war 20 Minuten alt. In der 15. Runde kam beim Anbremsen der BMW von Martin Tomczyk quer, rutschte in den Mercedes von Paffett und drehte ihn um. Aus für die beiden Ex-Champions. „Ich habe versucht Lucas Auer auszubremsen“, schilderte Tomczyk die Szene, „dann haben die Hinterräder blockiert, ich war nur noch Passagier.“

Nach einer Safety-Car-Phase waren die Bremsen noch nicht richtig warm. Pikant macht die Szene, dass Tomczyk schon mehrfach mit Paffett Kontakt hatte. Der heftigste Zwischenfall datiert aus dem Jahr 2012. Durch den Unfall verlor Paffett damals die Meisterschaft. „Ich werde einfach vom Gary-Magneten angezogen“, versuchte der 33-jährige Bayer es am Abend mit einer scherzhaften Erklärung. Paffett konnte dies nicht beruhigen – er sprach nicht von einem Zweikampf, sondern von einem Angriff.

Es war die Szene des Rennens. Genau nach dem Geschmack des Boulevards. „Erstes Rennen, erster Crash, erster Zoff“, lautete eine der Schlagzeilen. Eigentlich hätte der DTM nichts Besseres passieren können wie dieser Unfall. Der sorgte dafür, dass über die DTM gesprochen wird. Und nichts braucht die Tourenwagenserie mehr. Denn wie auch die Formel 1 leidet die DTM unter Zuschauerschwund. Um die Rennen interessanter und spannender zu machen, wurde das Rennformat für diese Saison geändert. Zwei statt einem Rennen, dreimal der Einsatz des Klapp-Heckflügels (DRS).

Natürlich gab es Überholmanöver, im Vergleich zur Vergangenheit jedoch nicht deutlich mehr. Zumal an der Spitze Monotonie herrschte. Am Samstag konnte Jamie Green einen Start-Ziel-Sieg feiern, am Sonntag zeigte Mattias Ekström spätestens, als es zu regnen begann, wer der Meister der Fahrbeherrschung ist. Souverän fuhr der Schwede seinen 20. DTM-Erfolg heim. Allerdings waren die Tribünen nicht gerade überfüllt – am Samstag und Sonntag fanden lediglich jeweils 10 000 Motorsportfans den Weg nach Hockenheim.

Was Rennen attraktiv macht, demonstrierte Gary Paffett am Sonntag. Nach einem Fehler seines Teams wurde er auf Startplatz 23 strafversetzt – von dort begann er eine furiose Aufholjagd, bis auf Platz drei kam er nach vorn. Die Fahrer waren voll des Lobes für das neue Format, die Zuschauer nicht restlos überzeugt. Natürlich ließen sie sich trotz Dauerregens von Paffetts grandioser Leistung begeistern. Dabei störte sie nicht mehr, dass sie schlecht über Fahrer und Rennprogramm informiert wurden, weil Ausrichter ITR erstmals auf ein Programmheft verzichtet hatte.

Natürlich kreuzten sich bei Paffetts Fahrt an die Spitze auch wieder die Linien des Briten und die von Tomczyk. Der Mercedes-Kommandostand informierte rechtzeitig: „Vor dir ist nur noch dein Freund Tomczyk.“ Als Paffett in der Haarnadel überholte, hielt der respektvoll Abstand. Man muss ja nichts übertreiben.