Innenminister Horst Seehofer (CSU) hat Griechenland nach dem Brand in Moria Hilfe angeboten. Foto: AFP

Nach dem Brand in Moria bietet die Bundesregierung Griechenland Hilfe an. Über die Aufnahme von Flüchtlingen gibt es jedoch Streit in der Koalition.

Berlin - Zügig und unkompliziert will die Bundesregierung Griechenland nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria helfen. Ein entsprechendes Angebot machte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in einem Telefonat mit dem griechischen Migrationsminister Notis Mitarakis. Ob dazu auch die Aufnahme eines Teils der bis zu 13 000 nun obdachlos gewordenen Menschen gehört, blieb zunächst offen. Wie die deutsche Unterstützung konkret aussehen solle, werde nun gemeinsam mit den griechischen Behörden besprochen, teilte ein Sprecher Seehofers am Mittwoch mit. „Wir haben Griechenland in der Vergangenheit an vielen Stellen geholfen. Und wir werden das selbstverständlich auch jetzt tun.“

Seehofer blockiert Länderinitiativen

Die Bundesregierung hatte sich schon vor dem verheerenden Brand in Moria dazu bereit erklärt, im Rahmen eines europäischen Sonderprogramms gut 900 Menschen aus den überfüllten griechischen Flüchtlingslagern aufzunehmen. Davon ist etwa die Hälfte der Menschen bereits in Deutschland angekommen. Die Bereitschaft zahlreicher Kommunen sowie der Bundesländer Berlin und Thüringen, zusätzliche Flüchtlinge aus den Lagern in Griechenland zu beherbergen, lehnte Seehofer bislang jedoch ab. Der Innenminister pocht in der Frage auf die Zuständigkeit des Bundes und argumentierte stets, anstatt solcher Einzelinitiativen müsse es eine europäische Lösung geben. Beim Koalitionspartner SPD stieß der Unionsminister damit auf Kritik.

Esken wirft Innenminister „Blockadehaltung“ vor

Am Tag nach der Zerstörung des bekanntesten griechischen Flüchtlingslagers riefen prominente Sozialdemokraten den Innenminister zum Umdenken auf. „Moria muss evakuiert und die Frauen, Männer und Kinder auf dem griechischen Festland und in anderen europäischen Ländern in Sicherheit gebracht werden“, sagte etwa SPD-Chefin Saskia Esken. Dazu müsse der Bundesinnenminister seine „Blockadehaltung“ beenden. „Es ist absolut unverständlich, wieso diese humanitäre Hilfe verweigert wird.“

Seehofer lehnt Aufnahmeprogramme einzelner Bundesländer jedoch weiterhin ab, wie sein Sprecher betonte. Zwar bat Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Mittwoch an, 1000 Flüchtlinge aus Moria in seinem Land aufzunehmen. Die Union will aber verhindern, dass Deutschland nun die Hauptlast der Hilfe trägt, ohne dass nach Jahren des Streits in der EU endlich eine Reform der europäischen Asylpolitik beschlossen wird. „Deutschland ist im europäischen Rahmen zur Hilfe bereit“, sagte Unionsfraktionsvize Thorsten Frei unserer Zeitung. Aber: „Ein nationaler Alleingang ist nicht angezeigt.“ Langfristig sei das Problem nur durch eine europäische Lösung in den Griff zu bekommen. „Die EU-Kommission ist hier aufgefordert, rasch einen Vorschlag auf den Tisch zu legen, damit wir noch unter deutscher Ratspräsidentschaft die Dinge vorantreiben können“, fordert der Schwarzwälder Frei.

„Das ist ein grandioses Versagen der EU-Kommission“

In dem Ärger über die EU-Kommission sind Union und SPD wieder vereint. Behördenchefin Ursula von der Leyen (CDU) hatte vergangenes Jahr angekündigt, einen Vorschlag für eine Reform des europäischen Asylsystems zu machen. Noch liegt das Konzept jedoch nicht vor. „Es rächt sich jetzt, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das Thema verschleppt hat“, sagte die innenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Ute Vogt, unserer Zeitung. „Wir warten bis heute auf eine Initiative. Das ist ein grandioses Versagen der EU-Kommission“, kritisierte die Stuttgarter Abgeordnete.